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Der gestrige Tag hat eindrücklich gezeigt, warum du am 9.6. wählen gehen solltest

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Foto: CC0 / Pixabay / ulleo

Am 24.4. hat das EU-Parlament eine Reihe an wichtigen Maßnahmen auf den Weg gebracht und gezeigt, wie viel Einfluss die EU auf Klimaschutz und Menschenrechte haben kann. Zu jedem Beschluss gibt es Kritik – umso mehr Grund, die zukünftige Politik Europas mitzubestimmen.

Am 9.6. ist Europawahl. EU-Bürger:innen können an dem Tag die Abgeordneten des Europäischen Parlaments wählen. Diese Volksvertreter:innen werden dann während ihrer Amtszeit gemeinsam mit den Vertreter:innen der Regierungen der EU-Mitgliedstaaten neue Gesetze gestalten und beschließen. Die Gesetze betreffen zahlreiche Bereiche des Lebens in der Europäischen Union und gelten EU-weit.

Damit ist die EU-Gesetzgebung besonders einflussreich – etwa im Vergleich zu nationalen Parlamenten, deren Gesetze nur in den jeweiligen Ländern gelten. Wie viel Einfluss das EU-Parlament hat, zeigt etwa der gestrige Tag. Am 24.4.2024 wurden mehrere wichtigen Maßnahmen beschlossen, die die Weichen für mehr Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit in der EU stellen sollen. Keine davon ist unumstritten – ein weiterer Grund, wieso es Sinn macht, sich an der Europawahl im Juni zu beteiligen.

EU-Lieferkettengesetz gebilligt

Eines der wichtigsten Gesetze, das gestern im EU-Parlament in Straßburg verhandelt wurde, war das EU-Lieferkettengesetz. Nach langem Ringen gibt es einen mehrheitsfähigen Kompromiss für eine abgeschwächte Version des ursprünglichen Entwurfs. Deutschland unterstützt das Vorhaben zwar nicht, muss es aber trotzdem umsetzen. Bevor das Gesetz in Kraft tritt, müssen die EU-Staaten dem Gesetz noch zustimmen. Sie haben danach gut zwei Jahre Zeit, die neuen Regeln in nationales Recht umzusetzen.

Das EU-Lieferkettengesetz soll bewirken, dass Unternehmen Menschenrechte und Umweltstandards entlang ihrer Produktionskette durchsetzen müssen. Wenn Konzerne von Praktiken wie Kinder- und Zwangsarbeit profitieren, sollen sie zur Rechenschaft gezogen werden können. Außerdem müssen die Firmen in Berichten darlegen, wie sich ihr Geschäftsmodell mit dem Ziel vereinbaren lässt, die Erderwärmung auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Im aktuell geltenden Lieferkettengesetz der Bundesrepublik ist ausgeschlossen, dass Unternehmen für Sorgfaltspflichtverletzungen haftbar sind.

NGOs wie Greenpeace sehen das Gesetz als „wichtiges Signal“, kritisieren aber auch Lücken. Beispielsweise würden kleine Unternehmen und Risikobranchen von den Regelungen ausgenommen. Zu solchen Branchen zählt auch die Textilindustrie, welche „immense Klima- und Umweltschäden in den Produktionsländern“ verursache.

Weitere Informationen: FAQ: Was bedeutet das europäische Lieferkettengesetz?

EU-Parlament stimmt für neue Verpackungsregeln

Außerdem wurde am Mittwoch ein Verbot von bestimmten Einweg-Verpackungen in Straßburg beschlossen. Dieses betrifft etwa dünne Plastiktüten in Supermärkten, Einweg-Milchdöschen und kleine Shampooflaschen. Neben diesen kleineren Änderungen wurden auch größere Maßnahmen beschlossen. Etwa sollen ab 2030 sämtliche Verpackungen recyclebar sein – mit Ausnahmen für bestimmte Produkte. Die EU-Verpackungsverordnung soll den Verpackungsmüll in der Staatengemeinschaft bis 2040 schrittweise um mindestens 15 Prozent senken. Nach der Abstimmung im Plenum des Europaparlaments müssen auch noch die EU-Staaten die neuen Vorschriften bestätigen.

Der Verband kommunaler Unternehmen lobte das Gesetz dafür, dass es Wiederverwendung und Recycling fördere. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisierte unter anderem, dass nur wenige Verpackungen tatsächlich verboten würden.

Weitere Informationen: EU-Parlament stimmt für Verpackungsregeln: Welche Produkte betroffen sind

Schärfere Grenzwerte für Luftverschmutzung

Außerdem hat das EU-Parlament am 24.4. grünes Licht für schärfere Grenzwerte gegen Luftverschmutzung gegeben. Die Abgeordneten stimmten am Mittwoch in Straßburg für neue Obergrenzen unter anderem für Feinstaub, Stickstoffdioxid (NO2) und Schwefeldioxid (SO2). Künftig sollen Bürger:innen unter anderem eine Entschädigung bekommen können, wenn sie wegen nicht eingehaltener Grenzwerte krank werden. Auch hier steht die Zustimmung der EU-Staaten noch aus, sie gilt aber als Formsache.

Schlechte Luft bleibt nach Einschätzung der EU-Umweltagentur EEA das größte von Umweltbedingungen ausgehende Gesundheitsrisiko. Nach jüngsten Zahlen gab es im Jahr 2021 rund 253 000 Todesfälle in der EU, die im Zusammenhang mit Feinstaubwerten über den empfohlenen Grenzen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) standen.

Vorschrift zu Gewalt gegen Frauen

Des Weiteren beschloss das EU-Parlament die ersten EU-Vorschriften zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und von häuslicher Gewalt. Die neue Richtlinie stellt etwa Genitalverstümmelung, Zwangsheirat oder bestimmte Formen von Cybergewalt EU-weit unter Strafe, wie aus einer Pressemitteilung des Parlaments hervorgeht. Zu letzterem zählt etwa die Verbreitung intimer Bilder, wenn Betroffene dies nicht wünschen. Allerdings enthält die Vorschrift keine einheitlichen Standards für den Straftatbestand Vergewaltigung, obwohl die Kommission und das Parlament dies vorgeschlagen hatten. Einige Länder, darunter Deutschland und Frankreich, hatten eine einheitliche Regelung abgelehnt.  

Utopia meint: Mit einem Kreuz die Zukunft Europas mitbestimmen

Am Mittwoch hat das EU-Parlament außergewöhnlich viele wichtige Entscheidungen getroffen. Die Regelungen und Gesetze liefern teils wichtige Grundlagen für mehr Nachhaltigkeit, die über bestehende Gesetze in Deutschland hinausgehen. Doch keiner der Beschlüsse ist frei von Kritik – denn sie sind das Ergebnis von Verhandlungen unterschiedlicher Akteur:innen mit verschiedenen Interessen. Genau deshalb ist die Teilnahme an der Europawahl im Juni so wichtig. Welche Parteien die EU-Bürger:innen unterstützen, wird bestimmen, wie die Mehrheiten im neuen EU-Parlament ausfallen. Und somit auch, wie Gesetze verhandelt werden und welche Beschlüsse eine Mehrheit erhalten. Es gibt viele weitere Gründe, wählen zu gehen. Hier ein Überblick.

Doch welche Partei unterstützt man am besten? Wer sich einen schnellen Überblick verschaffen will, kann etwa Online-Tools wie den Wahl-O-Maten der Bundeszentrale für politische Bildung nutzen. Er wird ab dem 7. Mai unter wahl-o-mat.de aufrufbar sein. Ein Ranking einer EU-weiten Koalition aus Umweltschutzverbänden liefert außerdem einen Überblick, welche deutschen Parteien sich in der Vergangenheit auf EU-Ebene besonders für Umweltschutz eingesetzt haben – Utopia berichtete.

Weitere Quellen: Greenpeace, EU-Parlament

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