Im TV-Talk bei „Hart aber fair“ diskutierten die Gäste unter anderem über den Alkoholkonsum in Deutschland. Journalistin Nathalie Stüben stellte dabei klar, dass dieser nicht verharmlost werden sollte – und widersprach Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).
In der dritten Folge der ARD-Talkshow „Hart aber Fair“ im Jahr 2023 mit Louis Klamroth diskutierten Vertreter:innen aus Politik, Kultur, Medien und Medizin über das Verhältnis der Deutschen zu legalen und illegalen Drogen. Allen voran Alkohol und Cannabis.
Über das Thema „Saufen normal, Kiffen bald legal: Ist Deutschland auf dem falschen Trip?“ haben folgende Gäste gesprochen:
- Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD)
- Rapper und Songwriter Curly
- Kinder- und Jugendpsychotherapeutin Sabine Ahrens-Eipper
- Markus Blume, Bayerischer Staatsminister für Wissenschaft und Kunst (CSU)
- Nathalie Stüben, Journalistin und Buchautorin.
Alkohol in Deutschland: Durchschnittlich 11 Bierkisten, 28 Flaschen Wein, 4 Flaschen Sekt und 5 Flaschen Schnaps
Direkt zu Beginn der Sendung überraschte Klamroth seine Gäste mit einer Sammlung an Alkoholika im Studio. Daraufhin erklärte er, es handle sich um 11 Bierkisten, 28 Flaschen Wein, 4 Flaschen Sekt und 5 Flaschen Schnaps: Die Menge, die eine Person pro Jahr im Durchschnitt zu sich nehme. Besonders im Vereinswesen, wie in Fuß- und Handballvereinen gehöre übermäßiger Alkoholkonsum auch unter Jugendlichen zur Regel, fügte Lauterbach hinzu, der selbst hin und wieder ein bis zwei Gläser Rotwein trinke. Rapper Curly pflichtete den Schilderungen des SPD-Politikers bei: Auch im Musikverein trinke man gerne mal das ein oder andere Bier.
„Mittlerweile ist die Evidenz klar: Alkohol schadet ab dem ersten Tropfen“
Vor allem die Journalistin Nathalie Stüben prangerte in der Sendung die Verharmlosung des Alkoholkonsums an. „Ich glaube es ist auch fatal, Alkoholabhängigkeit immer an den Trinkmengen festzumachen“, sagte Stüben, die unter anderem in Youtube-Videos und Podcasts auch über ihre persönliche Erfahrung mit der Alkoholabhängigkeit spricht.
Man könne nicht behaupten, dass ein Glas Rotwein am Abend gesund sei, sagte sie in Richtung Lauterbach, der das in der Vergangenheit behauptet habe. „Mittlerweile ist die Evidenz klar: Alkohol schadet ab dem ersten Tropfen“, so Stüben. Etwa steigt das Krebsrisiko. Deshalb fordert sie, die Einführung von Warnhinweisen auf alkoholischen Getränken, ähnlich wie auf Zigaretten-Packungen.
Zudem plädiert Stüben für eine intensivere Aufklärung, beginnend in den ersten Schuljahren. Dem Ruf nach Veränderung stimmte Lauterbach zu und schilderte ein geplantes Präventionsgesetz, das zum Beispiel Werbung strenger regeln soll. Auf Nachfrage von Stüben wollte er nicht ins Detail gehen: „Wir arbeiten derzeit an zehn Gesetzen gleichzeitig, sodass wir nicht alles gleichzeitig machen können, aber wir haben erst heute nochmal darüber gesprochen“.
In einem Punkt waren sich Stüben und Lauterbach einig. Auf die Frage des Moderators, ob Stüben sich als Alkoholikerin bezeichne, erklärte sie, dass sie sich an dem Begriff störe. Sie bevorzuge „alkoholabhängig“. Der 38-Jährigen sei es wichtig, Worte zu verwenden, die ihrer Abstinenz einen positiven Beiklang verleihen – auch wenn sie fünf von sechs Kriterien für Alkoholismus erfüllte.
„Menschen die mit dem Rauchen aufgehört haben, sagen ja auch nicht: ‚Hallo ich bin Nathalie und ich bin Raucherin’“, so Stüben. Lauterbach lobte diese Einstellung. Wenn man etwas überwunden hätte, könne man sich auch davon unabhängig machen, so der Gesundheitsminister.
„Wir führen das Cannabis nicht ein, sie bekommen es nicht in den Griff“
In der Sendung wurde ebenfalls über die geplante Cannabis-Legalisierung gesprochen. CSU-Politiker Markus Blume bezeichnete es als widersprüchlich, dass die Bereitschaft zur Legalisierung von Cannabis im Gesundheitsministerium bestehe, während man beim Alkohol auf Prävention poche. „Wenn ich mal ihr Sendungsmotto hier nehme, dann muss man ganz deutlich sagen: Saufen kann ganz sicherlich keine Legitimation fürs Kiffen sein“. Lauterbach konterte, dass gemäß dieser Argumentation niemand in Deutschland Cannabis konsumieren würde, bis man es legalisiere. Dabei steige der Cannabis-Konsum deutschlandweit stetig an, obwohl es nach wie vor illegal ist. „Wir führen nicht das Cannabis ein, sie bekommen es nicht in den Griff“, so Lauterbach, wofür er Applaus im Studio erntete.
Cannabis-Legalisierung: Erste Details zu Eigenbedarf, Mindestalter, Verkauf
- Bis 2024 will die Ampel-Koalition Cannabis für den Freizeitkonsum in Deutschland in begrenztem Umfang legalisieren. Bislang gibt es nur für schwer kranke Menschen die Möglichkeit, sich medizinisches Cannabis auf Rezept verschreiben zu lassen.
- Die Besitzgrenze von 20 Gramm Cannabis ab dem Alter von 18 Jahren solle unabhängig von der Herkunft des Cannabis-Produktes und des THC-Gehalts gelten. Grundsätzlich solle Cannabis rechtlich nicht mehr als Betäubungsmittel eingestuft werden.
- Die Menge des berauschenden Wirkstoffs THC im legalisierten Cannabis soll maximal 15 Prozent betragen.
- Um „cannabisbedingte Gehirnschädigungen“ zu verhindern, dürfen allerdings an Jugendliche zwischen 18 und 21 Jahren nur Produkte mit einem THC-Gehalt von höchstens 10 Prozent verkauft werden.
- Die Standorte von Cannabis-Geschäften sollen reguliert werden: So solle es Mindestabstände zu Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen geben.
- Außerdem ist ein generelles Werbeverbot geplant
- Um den Schwarzmarkt durch ein breiteres Angebot einzudämmen, wird der Verkauf con Cannabis in Apotheken erwogen
Hinweis: Die BZgA bietet ein Info-Telefon zur Suchtvorbeugung an. Es ist Mo – Do von 10 bis 22 Uhr und Fr – So von 10 bis 18 Uhr zu erreichen unter: 0221 892031. Weitere Informationen gibt es hier.
Mit Material der dpa
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