Eigentlich wollte die Bundesregierung die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften bundesweit möglich machen. Berichten zufolge könnte jetzt aber nur eine Legalisierung „light“ kommen. Offenbar sind die europarechtlichen Hürden zu hoch.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat neue Vorschläge für die geplante Cannabis-Legalisierung angekündigt. Man sei bei dem Gesetz auf einem guten Weg und werde überarbeitete Vorschläge „in Kürze“ vorstellen, sagte der SPD-Politiker am Freitag in Berlin. Einzelheiten nannte er nicht. Vor einigen Wochen hatte der Gesundheitsminister bereits gesagt, dass das ursprüngliche Eckpunktepapier, das er im Herbst vorgelegt hatte, „mittlerweile etwas verändert“ worden sei. Die Vorlage eines Gesetzentwurfs hatte er eigentlich bis Ende März angepeilt. Ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums sagte am Freitag, es handele sich um ein hochkomplexes Verfahren. Ein Termin könne nicht genannt werden.
Wie Zeit Online berichtet, plant der Gesundheitsminister eine Legalisierung „light“. Demnach soll Lauterbach davon absehen, die Legalisierung vollständig von der EU genehmigen zu lassen. Ein aktualisiertes Eckpunktepapier zeige, dass Lauterbach nun eine Doppelstrategie fährt, wie es heißt: So soll nur ein Teil der geplanten Änderungen der Kommission vorleget werden, der andere Teil soll nur nach deutschem Recht umgesetzt werden.
Cannabis-Legalisierung: Restriktiver als die bisherigen Ampel-Pläne?
Es gibt Befürchtungen, dass die Pläne sowohl gegen EU-Recht als auch gegen internationales Recht verstoßen könnten. Wegen dieser Hürden rechnet die SPD-Spitze einem Spiegel-Bericht zufolge nicht mehr mit der baldigen umfassenden Legalisierung von Cannabis. Der Bericht beruft sich auf einen Beschluss des Parteivorstands, demzufolge eine umfassende Legalisierung aus europarechtlichen Gründen „offensichtlich kurzfristig nicht umsetzbar“ sei. Aus SPD-Sicht geht es demnach daher nun um „praktikable(n) Schritte(n) hin zur Legalisierung“, wie wissenschaftliche Modellprojekte.
Auch Zeit Online berichtet von Modellprojekten. Demnach will Lauterbach in einem ersten Schritt Cannabis in einzeln zertifizierten Länden in bestimmten Modellregionen erhältlich machen. In Frage kämen Großstädte wie etwa Köln, München, Hamburg oder Berlin. Möglich seien aber auch Läden im ländlichen Raum, um die Auswirkungen des legalen Verkaufs unter verschiedenen Bedingungen prüfen zu können. Dieser Plan soll laut Zeit Online der EU-Kommission unterbreitet werden. Von einer Befristung der Modellphase auf vier Jahre ist die Rede.
Der andere Teil des Plans, der nicht zur EU-Abstimmung kommen soll, umfasst dem Bericht zufolge den Eigenbedarf. Heißt: Wer Cannabis für den Eigenbedarf besitzt oder anbaut, soll künftig straffrei bleiben. Eine Obergrenze von 20 bis 30 Gramm sei im Gespräch.
Lauterbach äußerte sich dazu am Freitag nicht direkt. Er wiederholte, das Ziel der Reform sei nicht, den Cannabis-Konsum in Deutschland auszudehnen, sondern den Konsum, der schon da sei, zu kontrollieren und den Schwarzmarkt und die Kriminalität zu bekämpfen. Es gehe um besseren Kinder- und Jugendschutz. „Daran arbeiten wir, und dafür werden wir einen umfassenden Vorschlag vorlegen.“
Kritik seitens der Union
Im Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP vereinbart, die kontrollierte Abgabe der Droge an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften möglich zu machen. Im Eckpunktepapier hatte Lauterbach erste konkrete Vorschläge dazu gemacht. Cannabis und der Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) sollen demnach künftig rechtlich nicht mehr als Betäubungsmittel eingestuft werden. Erwerb und Besitz von bis zu 30 Gramm „Genusscannabis“ sollen straffrei, privater Eigenanbau in begrenztem Umfang erlaubt und ein Verkauf an Erwachsene in „lizenzierten Fachgeschäften“ und möglicherweise auch Apotheken ermöglicht werden.
Aus Sicht der Union sind die bisher bekannten Pläne insgesamt das Gegenteil von Jugendschutz. „Die geplante Legalisierung von Cannabis suggeriert eine neue Form von Freiheit, von Unbedenklichkeit, die gefährlich ist“, sagte die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Andrea Lindholz (CSU). Sie kritisierte: „Niemand spricht darüber, welches Ausmaß der Cannabis-Konsum jetzt schon angenommen hat und welche Gesundheitsschäden anhaltender Cannabis-Konsum gerade bei jungen Menschen anrichten kann.“ Deutschland drohe zum „Drogenumschlagplatz Nummer Eins in Europa zu werden“.
Mit Material der dpa
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