Einige Arbeitnehmer:innen wünschen sich kürzere Arbeitszeiten und eine bessere Work-Life-Balance. Die Vier-Tage-Woche könnte dabei die Lösung sein. Wie sich die Produktivität innerhalb des Unternehmens durch ein solches Arbeitsmodell ändert, zeigt eine großangelegte britische Studie.
Die Vier-Tage-Woche soll Arbeitnehmer:innen Entlastung und eine bessere Vereinbarkeit zwischen Berufs- und Privatleben ermöglichen. Eine Studie in Großbritannien mit 73 Unternehmen und insgesamt 3.300 Beschäftigten gibt Aufschluss darüber, inwieweit sich die Unternehmensproduktivität durch eine Vier-Tage-Woche bei verringerter Arbeitszeit und gleichbleibendem Lohn verändert. Die Initiative 4 Day Week Global hat nun über die Halbzeitbilanz berichtet. Das Ergebnis: die beteiligten Unternehmen verzeichneten keine Produktivitätseinbußen; teilweise sogar eine deutliche Steigerung.
An dem bisher weltweit größten Pilotprojekt nehmen Unternehmen in den Monaten Juni bis November teil. Sie stammen aus unterschiedlichen Branchen wie Werbung, Versicherungen, Finanzen, Gesundheitswesen, Handel und der Gastronomie. Wissenschaftlich betreut wird die Studie von Expert:innen der Cambridge University, des Boston College und der Oxford University sowie der Denkfabrik Autonomy.
Die Ergebnisse der Umfrage
Die Umfrage zur Halbzeit, an der 41 von 73 Unternehmen teilnahmen, kommt zu folgenden Ergebnissen:
- 88 Prozent der Befragten geben an, dass eine Vier-Tage-Woche in dieser Phase des Versuchs für das Unternehmen „gut“ funktioniere.
- 46 Prozent der Teilnehmerunternehmen sagen, dass die Unternehmensproduktivität „ungefähr gleichgeblieben“ ist.
- 34 Prozent der Beteiligten beobachten eine „leichte“ Verbesserung der Produktivität.
- 15 Prozent berichten, dass sich die Produktivität sogar „erheblich“ verbessert hat.
Der Übergang zu einer Vier-Tage-Woche sei der Umfrage zufolge in der Mehrheit der Unternehmen reibungslos verlaufen. Das Arbeitsmodell auch nach dem Experiment fortzuführen ziehen 86 der Befragten in Betracht.
Vier-Tage-Wochen in anderen Ländern
Auch in anderen Ländern starteten ähnliche Versuche wie in Großbritannien. In Österreich kündigte Lidl an, dass Büromitarbeiter:innen ihre Regelarbeitszeit von 38,5 Stunden in einer Vier-Tage-Woche erbringen können. Die Arbeitszeit bleibt dabei aber gleich, verteilt sich nur um.
In Belgien einigte sich dieses Jahr die Regierung darauf, dass Vollzeit-Angestellte am Tag länger arbeiten dürfen, um die nötigen Stunden in vier Tagen leisten zu können und einen Tag die Woche frei zu haben.
In Island führten Forscher:innen eine Studie mit zwei Feldversuchen in den Jahren 2015 und 2017 durch. Auch diese Studie zeigt bei Beschäftigten eine Verbesserung ihrer Work-Life-Balance und eine gleichbleibende Produktivität und Leistung der Angestellten.
Kritik an der Viertagewoche
Auch wenn Studien Erfolge verzeichnen, gibt es Kritik gegenüber dem Modell der Vier-Tage-Woche. Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) sagte laut Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): „Die Vier-Tage-Woche kann nicht alle bestehenden Probleme lösen.“ Er sei demnach zwar offen für solche Modelle, dennoch sei es seiner Meinung nach eine Illusion in einer Vier-Tage-Woche das gleiche Geld zu verdienen wie in einer Arbeitswoche mit fünf Tagen. „Vielleicht arbeitet man produktiver, aber man schafft dennoch weniger als in einer Fünftagewoche“, zitiert ihn das RND.
Der Meinung ist auch Arbeitsforscher Werner Eichhorst. Er halte laut RND es für erfolgsversprechender, wenn Arbeitnehmer:innen mit Unternehmen individuelle Möglichkeiten aushandeln würden, wie beispielsweise flexible Arbeitszeiten, mobiles Arbeiten oder ein Zuschuss für Immobilien.
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