Utopia Image

„Weckruf für Deutschland“: Claudia Goldin erhält Wirtschaftsnobelpreis

Claudia Goldin Wirtschaftsnobelpreis
Foto: Claudia Breciani/TT News Agency/AP/dpa

Der Nobelpreis in der Kategorie Wirtschaftswissenschaften geht erneut in die USA – und mit Claudia Goldin gewinnt zum dritten Mal eine Frau.

Für ihre Forschung zur Rolle von Frauen auf dem Arbeitsmarkt wird die US-Ökonomin Claudia Goldin in diesem Jahr mit dem Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften ausgezeichnet. Das gab die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften am Montag in Stockholm bekannt. Die 77-Jährige erhält die prestigeträchtige Auszeichnung dafür, das Verständnis verbessert zu haben, welche Rolle Frauen im Arbeitsmarkt spielen, wie der Generalsekretär der Akademie, Hans Ellegren, bei der Preisbekanntgabe sagte. Goldin ist damit erst die dritte Frau, die den Wirtschaftsnobelpreis erhält.

„Ein Weckruf für Wirtschaft und Gesellschaft in Deutschland“

Der deutsche Ökonom Marcel Fratzscher hat den diesjährigen Wirtschaftsnobelpreis für die US-Forscherin Claudia Goldin als Weckruf für Deutschland in Sachen Chancengleichheit bezeichnet. Die Wahl von Goldin als Wirtschaftsnobelpreisträgerin sei „exzellent und auch überraschend„, sagte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) am Montag der Deutschen Presse-Agentur. „Claudia Goldin hat mit ihrer Forschung viele Leerstellen gefüllt, insbesondere in der Forschung zur Ungleichheit zwischen Männern und Frauen.“

„Dieser Preis für Claudia Goldin sollte ein Weckruf für Wirtschaft und Gesellschaft in Deutschland für mehr Chancengleichheit sein“, mahnte Fratzscher. In kaum einem vergleichbaren Land sei die Lohnlücke zwischen Mann und Frau mit im Schnitt 18 Prozent so groß wie in Deutschland. Aber auch andere Unterschiede seien hierzulande ungewöhnlich groß: „Bei den Arbeitsstunden, den Karrierechancen, der sozialen Absicherung und bei der für Pflege und Familie aufgebrachten Zeit klaffen in Deutschland große Lücken zwischen Männern und Frauen, die nur langsam kleiner werden.“

Die Gleichstellung von Mann und Frau sei heute das größte nicht ausgeschöpfte wirtschaftliche Potenzial für Deutschland, monierte Fratzscher.

Kein „klassischer“ Nobelpreis

Im vergangenen Jahr waren der frühere US-Notenbankchef Ben Bernanke und die ebenfalls amerikanischen Ökonomen Douglas Diamond und Philip Dybvig mit dem Wirtschaftsnobelpreis ausgezeichnet worden. Sie wurden damit für ihre Erforschung von Banken und Finanzkrisen geehrt.

Die Verkündung der Preisträger:innen in der Kategorie Wirtschaftswissenschaften stellt traditionell den Abschluss der alljährlichen Nobelpreis-Bekanntgaben dar. Der Wirtschaftsnobelpreis ist dabei der einzige der Nobelpreise, der nicht auf das Testament von Dynamit-Erfinder und Preisstifter Alfred Nobel (1833-1896) zurückgeht. Er wird seit Ende der 1960er Jahre von der schwedischen Reichsbank gestiftet und zählt somit streng genommen nicht zu den klassischen Nobelpreisen. Trotzdem wird er gemeinsam mit den weiteren Auszeichnungen an Nobels Todestag, dem 10. Dezember, feierlich überreicht.

Bereits in der vergangenen Woche waren die Nobelpreisträger:innen in den Kategorien Medizin, Physik, Chemie, Literatur und Frieden gekürt worden. In den ersten drei Kategorien gingen die Preise diesmal an insgesamt acht Forschende, in Literatur an den norwegischen Autor Jon Fosse. Am Freitag wurde der Friedensnobelpreis der inhaftierten iranischen Frauenrechtsaktivistin Narges Mohammadi zugesprochen.

Alle Nobelpreise sind in diesem Jahr mit elf Millionen schwedischen Kronen (rund 950.000 Euro) pro Preiskategorie dotiert, das ist eine Million mehr als in den Vorjahren.

Claudia Goldin ist erst die dritte Preisträgerin

Mehr als 90 Menschen haben den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften seit der ersten Auszeichnung 1969 erhalten – darunter waren mit Elinor Ostrom (2009) und Esther Duflo (2019) bislang erst zwei Frauen. Einziger deutscher Wirtschaftsnobelpreisträger ist bislang der Bonner Wissenschaftler Reinhard Selten gewesen, der die Auszeichnung 1994 gemeinsam mit John Nash und John Harsanyi für ihre wegweisenden Beiträge zur nichtkooperativen Spieltheorie erhielt.

** mit ** markierte oder orange unterstrichene Links zu Bezugsquellen sind teilweise Partner-Links: Wenn ihr hier kauft, unterstützt ihr aktiv Utopia.de, denn wir erhalten dann einen kleinen Teil vom Verkaufserlös. Mehr Infos.

Gefällt dir dieser Beitrag?

Vielen Dank für deine Stimme!