Weil eine Frau bei ihrem Arbeitgeber rund 1000 Euro weniger als ihr kurz zuvor eingestellter männlicher Kollege verdient, sieht sie sich diskriminiert – heute landet der Fall vor dem höchsten deutschen Arbeitsgericht.
Als eine Frau ihren Vertrag bei einer sächsischen Metallfirma unterschreibt, weiß sie noch nicht, dass sie rund 1000 Euro weniger bekommt als ihr männlicher Kollege. Dieser war zwei Monate vorher eingestellt worden. Dabei übte der Kollege den gleichen Vertriebsjob aus.
Laut der Deutschen Presse-Agentur zieht die betroffene Frau am heutigen Dienstag vor das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt. In erster Instanz gab ein Gericht der Firma Recht. Doch die Frau fühlt sich aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert während die Firma ihr vorwirft, schlecht verhandelt zu haben. Das Unternehmen beruft sich auf die Vertragsfreiheit.
Vor Gericht: Wurde die Betroffene wegen ihres Geschlechts diskriminiert?
Dem Bericht zufolge habe die Frau nach ihrer Anstellung erfahren, dass ihr Kollege weit mehr als sie verdient: 1000 Euro mehr in der Probezeit und immer noch 500 Euro mehr, obwohl sie da schon nach Tarif bezahlt wird. Außerdem habe sie in dem Job, den sie von 2017 bis 2019 ausübte, über die selben Befugnisse und Verantwortlichkeiten verfügt wie ihr Kollege, so die Klägerin. Der einzige Unterschied: Ihr Kollege hatte zwei Monate früher unterschrieben – und ist ein Mann, so ihr Verdacht.
Als die Betroffene ihren damaligen Arbeitgeber konfrontiert und eine Gehaltserhöhung einfordert, lehnt dieser jedoch ab. Der Kollege habe einfach besser verhandelt, heißt es. Weiter behauptet das Unternehmen, beide hätten zu Beginn das gleiche Grundgehalt angeboten bekommen.
Die Frau klagte daraufhin. Der Fall landete vor dem Arbeits- und Landesarbeitsgericht in Sachsen. Sie klagte wegen „Entgeltdiskriminierung“. Die Firma berief sich auf die Vertragsfreiheit, nach der jeder Arbeitgeber grundsätzlich mit Arbeitnehmer:innen individuelle Verträge schließen darf – und hat damit Erfolg.
Klägerin fordert Ausgleich
Nun aber soll das höchste deutsche Arbeitsgericht untersuchen, ob von Diskriminierung die Rede sein kann – und ob die Klägerin ihren Ausgleich erhält: Sie fordert eine Nachzahlung von Rund 14.500 Euro und eine angemessene Entschädigung für den Vorfall.
Konkret werde laut einer BAG-Sprecherin geprüft, ob es womöglich objektive, geschlechtsneutrale Gründe für eine geringere Bezahlung gab – und ob sich der Arbeitgeber darauf beziehen kann, dass der Klägerin ja das gleiche Grundgehalt angeboten wurde wie ihrem Kollegen. Beobachter:innen der Sache erhoffen sich von dem Fall ein Grundsatzurteil.
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