Ein Medienbericht legt Zahlen offen über sexuelle Übergriffe von Lehrkräften an Schüler:innen. Betroffene berichten von nächtlichen Nachrichten und Berührungen.
Eine Recherche des Stern deckte in Deutschland sexuelle Übergriffe an Schüler:innen durch Lehrkräfte auf. Seit 2012 gibt es dem Medienbericht zufolge 231 gemeldete Fälle. Die Zahlen hat der Stern laut eigenen Angaben bei den Kultusministerien der Länder angefragt. Eine offizielle Statistik dazu gibt es nicht. Nur acht Ministerien haben dem Stern Auskunft über dokumentierte Fälle gegeben, drei Länder ließen die Befragung unbeantwortet.
Sexuelle Übergriffe: Dunkelziffer deutlich höher
Die Daten, auf die sich der Stern beruft, stammen aus Kriminalstatistiken und aus Informationen der zuständigen Behörden. Die gemeldeten Fälle dürften nur einen kleinen Teil der tatsächlichen Taten ausmachen. Expert:innen seien sich einig, dass nur die wenigsten Übergriffe aktenkundig würden. Lehrkräfte nähmen häufig Kontakt über die sozialen Medien auf, zitiert Stern die Traumaexpertin Astrid Herrmann-Haase. Sie arbeite in Halle bei der Beratungsstelle „Wildwasser“.
Fünf Betroffene berichten im Stern von ihren Erlebnissen. Dabei handelt es sich um Geschichten aus den Jahren 1972 bis 2022. Die ehemaligen Schüler:innen erzählen von Flirt-Nachrichten in der Nacht, Berührungen im Klassenzimmer und sexualisierter Gewalt. Die Geschichten zeigen ein Muster, dem die Lehrkräfte folgen.
Ehemalige Schülerin schildert die Beziehung mit ihrem damaligen Lehrer
Im Bericht des Sterns kommen auch Betroffene zu Wort, darunter Marie (Name geändert). Sie war 14 Jahre alt, als ihr Lehrer ein Verhältnis mit ihr begann. Er war zu dem Zeitpunkt 50. Zu Weihnachten schenkte er ihr ein Buch; sie ihm eine selbstgebrannte CD mit seinen Lieblingssongs. Vor ihrem 16. Geburtstag wurde die Beziehung körperlich. Ihr Lehrer lud die ehemalige Schülerin zu sich nach Hause ein. Sie sollte seinen Computer einrichten. Plötzlich habe der Lehrer sie geküsst, erinnert sie sich. „Ich dachte, das gehört dazu. Wenn er das als Erwachsener macht, ist das wohl richtig“, so Marie. Sie habe vorher keinen Freund gehabt, es war alles neu für sie, erzählt sie im Stern. „Ich siezte ihn noch weiter, weil ich eine innere Hürde hatte, ihn zu duzen, wie er es verlangte.“
Die Beziehung habe 9 Jahre lang gedauert. Zu dem Zeitpunkt als der Kontakt körperlich wurde, veränderte sich das Verhalten des Lehrers, erinnert sich Marie. „Er schrie mich ständig an und beschuldigte mich, ich würde sein Leben zerstören.“ Die Schuld suchte die damalige Schülerin bei sich. Den Kontakt konnte sie erst mit 23 Jahren abbrechen, nachdem sie sich einen Therapeuten gesucht hatte. Sie erklärt: „Doch dieses Wort – Missbrauch. Es hat gedauert, bis ich das für mich anerkennen konnte.“
Für Betroffene sexualisierter Gewalt kann das Hilfetelefon eine Anlaufstelle bieten. Erreichbar ist es unter folgender Telefonnummer: 0800 22 55 530
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