Hamburg dreht die Ampelregelung um: An einer Ampel im Stadtteil Eimsbüttel haben nun Radfahrer:innen und Fußgänger:innen Dauergrün. Das wirkt sich auf den Verkehr vor Ort aus.
An manchen Ampeln haben Fahrradfahrer:innen und Fußgänger:innen Dauerrot. An sogenannten „Bedarfsampeln“ müssen sie erst auf einen Knopf drücken und danach warten, bis die Ampel für sie auf Grün springt. An einer Ampel im Hamburger Stadtteil Eimsbüttel wurde diese Regel nun umgekehrt, wie die Süddeutsche Zeitung (SZ) berichtet.
Fahrradfahrer:innen und Fußgänger:innen können die Kreuzung bei Dauergrün überqueren – für Autos schaltet die Ampel erst dann auf Grün, wenn sie sich der Kreuzung nähern. Die neu geregelte Vorfahrt soll nicht nur die Zufriedenheit von bestimmten Verkehrsteilnehmenden erhöhen, sondern auch das Unfallrisiko verringern.
Radfahrer:innen haben Vorrang: So funktioniert die neue Ampelschaltung
Das Kaiser-Friedrich-Ufer in Eimsbüttel ist ein Rad-, Spazier- und Schulweg und eine beliebte Joggingstrecke. Durchschnittlich 7.000 Menschen überqueren die dortige Ampel zur Bundesstraße pro Tag. In der Vergangenheit kam es durch dieses hohe Aufkommen regelmäßig zu Staus von Radfahrer:innen und Fußgänger:innen. Auch Unfälle ergaben sich durch ungeduldige Radfahrer:innen, die bei Rot über die Kreuzung fuhren.
Die neue Ampelschaltung soll diese Probleme beheben. Sie schaltet für Radfahrer:innen und Fußgänger:innen erst dann auf Rot, wenn sich tatsächlich Autos nähern. Ist das der Fall, löst eine Wärmebildkamera sieben Meter vor der Ampel das Signal zum Umschalten aus. Laut SZ funktioniert dieses Modell in der Praxis gut. Sowohl Radfahrer:innen als auch Autofahrer:innen müssten nie mehr als 20 Sekunden darauf warten, dass die Ampel für sie auf Grün springt.
Geringere Wartezeit für mehr Sicherheit
Mit einer Wartezeit von maximal 20 Sekunden unterscheidet sich die umgeschaltete Ampel deutlich von den üblichen Bedarfsampeln. An diesem müssen Radfahrer:innen und Fußgänger:innen meistens 60 Sekunden warten, maximal sollen es zwei Minuten sein. Doch die Richtlinie des Bundes werde durch spezielle Schaltungen zur Beschleunigung des öffentlichen Nahverkehrs häufig ausgehebelt, erklärt Michael Ortgiese, Professor für Verkehr und Mobilität an der TU Berlin und Leiter des Instituts für Verkehrssystemtechnik des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt, gegenüber der SZ.
Laut Ortgiese kann es auch häufig vorkommen, dass es Fußgänger:innen nicht immer in einem Rutsch über eine sehr breite Kreuzung schaffen. Sie müssen auf Mittelinseln dann noch einmal warten, und den Autoverkehr vorlassen. Der Experte sieht in den langen Wartezeiten durchaus einen Grund dafür, dass Fußgänger:innen und Radfahrer:innen aus Ungeduld Straßen auch bei Rot überqueren.
Ob die Ampel in Eimsbüttel mit ihrer neu geregelten Vorfahrt und den kürzeren Wartezeiten dazu beitragen kann, dass weniger Verkehrsteilnehmende das Rotzeichen missachten, muss die Auswertung der bisher gesammelten Daten noch zeigen.
Hamburger Ampel als Vorbild
Viele weitere Städte haben laut der Hamburger Verkehrsverwaltung bereits Interesse an den Ergebnissen des Projekts bekundet. In Hamburg steht schon vor Ende der Auswertung fest, dass die Neuschaltung auch an anderen Kreuzungen eingeführt wird. Laut Dennis Krämer, Sprecher der Hamburger Behörde für Verkehr und Mobilitätswende, eignen sich dafür nur Standorte mit relativ wenig Autoverkehr.
Michael Ortgiese erklärt, dass es auch eine politische Entscheidung der Städte ist, welchem Verkehr sie Priorität einräumen wollen. Dauergrün für Autos und eine Ampel, die auf den Bedarf von Fußgänger:innen abgestimmt ist, ließen sich schwer vereinbaren. Zudem führe die Unterbrechung der grünen Welle zu erhöhtem Stickstoffoxid-Ausstoß, da Autos häufiger abbremsen und anfahren müssen.
Eine Alternative zu umgeschalteten Ampeln könnten auch Countdown-Ampeln sein, die Fußgänger:innen und Radfahrern die Wartezeit anzeigen. Dass Menschen an diesen Ampeln weniger über Rot laufen, ist wissenschaftlich erwiesen.
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