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„Klimaschutz“ in der Mineralölindustrie: Wurden Autofahrer:innen abgezockt?

Durch die CO2-Steuer kann Tanken teurer werden.
Foto: CC0/pixabay/bere_moonlight0

Die Mineralölindustrie setzt bei der Umsetzung von Klimaschutzauflagen auch auf Projekte in China. Nun steht der Verdacht im Raum, dass bei einzelnen Projekten betrogen wurde.

Um gesetzliche Klimaschutzauflagen zu erfüllen, dürfen Mineralölkonzerne laut dem Umweltbundesamt seit 2020 auch in Klimaschutzprojekte investieren. Konkret müssen die Firmen dafür Zertifikate für sogenannte Upstream-Emissions-Reduktionen (UER) erwerben – also für Projekte, die den CO2-Ausstoß mindern.

Nach aktuellen Recherchen des ZDF werde in der Mineralölindustrie dabei jedoch oft betrogen. Das war Thema einer „Frontal“-Sendung, die der Sender am Dienstag (28. Mai) um 21 Uhr ausgestrahlt hat. Darin heißt es, das Recherche-Team habe Grund zur Annahme, dass zwölf Projekte in China nur vorgetäuscht und als angeblich neu gebaute deutsche Klimaschutzprojekte verkauft wurden – obwohl sie schon länger existieren. Diese Schlüsse zieht das ZDF aus Hinweisen von Whistleblower:innen und aus eigenen Recherchen und nennt sogar eine konkrete Zahl: 623 Millionen Euro sei der geschätzte Marktwert dieser Projekte. Was mit dem Geld passiert ist, bleibt unklar.

Vorwürfe werden in der Sendung auch gegen die Prüfstellen erhoben, die eigentlich unabhängig agieren und die Projekte vor Ort begutachten sollten. Diese hätten Klimaschutzprojekte in der Mineralölindustrie bewilligt, die es tatsächlich gar nicht gebe, berichtet das Recherche-Team in der Sendung. Verbraucher:innen treffe dies laut ZDF beim Tanken oder dem Kauf von Heizöl, da die Mineralölunternehmen die Kosten für die Klimazertifikate auf die Preise umlegen würden. Im Endeffekt zahlen also die Verbraucher:innen.

Umweltbundesamt prüft möglichen Betrug

Nun prüft das Umweltbundesamt (UBA) Hinweise auf möglichen Betrug bei Klimaschutzprojekten, mit denen Mineralölkonzerne ihre Klimabilanz verbessern wollen. Whistleblower:innen hätten auch der Behörde über mögliche Betrugsfälle bei Projekten in China berichtet. Dem gehe das UBA nach, sagte ein Sprecher des Amtes der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Bislang gebe es keine Beweise, aber die Untersuchungen seien auch „längst noch nicht abgeschlossen“. Das Amt habe am Montag (27. Mai) bei der Staatsanwaltschaft Berlin Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt. 

Mit den Vorwürfen konfrontiert, teilte der Wirtschaftsverband Fuels und Energie mit, für die Branche sei es von höchstem Interesse, gesetzliche Vorgaben strikt einzuhalten und von den Behörden entsprechend prüfen zu lassen. Das sei hier offenbar nicht der Fall gewesen.

Im Interview in der ZDF-Sendung „Frontal“ sagte UBA-Präsident Dirk Messner: „Es könnte sein, dass wir es mit einer Handvoll Anträgen zu tun haben, die gefälscht worden sind.“ Im Zuge der Nachforschungen des UBA sei bislang ein Projekt aufgefallen, welches die Behörde wegen formaler Mängel rückabwickeln musste, ergänzte der zuständige Sprecher. Jenes Projekt habe zu früh begonnen.

Klimabilanz des Verkehrs womöglich noch schlechter als angenommen

Mit Projekten zur Minderung von Emissionen will die Mineralölindustrie gesetzliche Klimaschutzauflagen erfüllen. Deutsche Prüfinstitute zertifizieren diese, das UBA ist für die Genehmigung zuständig. Eine Fälschung der Projekte könnte etwa bedeuten, dass die Klimabilanz des deutschen Verkehrssektors noch schlechter ist als bislang angenommen. 

Das UBA habe bereits in der vergangenen Woche um Amtshilfe bei chinesischen Behörden gebeten, gab der Sprecher des Amtes an. „Das müssen wir machen, weil wir in China keine Hoheitsrechte haben.“ Das heißt, dass das UBA nicht ohne weiteres in China ermitteln darf. Die Anzeige bei der Staatsanwaltschaft sei wegen aller in Betracht kommenden Delikte bezogen auf die Vorgänge zu den in China durchgeführten Projekten gestellt worden. 

Staatsanwaltschaft hat mehr Befugnisse

Die Staatsanwaltschaft konnte den Eingang der Strafanzeige zunächst nicht bestätigen. Dies müsse jedoch nicht heißen, dass sie nicht gestellt wurde, betonte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Bei der Erstattung einer Anzeige dauere es regelmäßig einige Tage, bis ein Verfahren die zuständige Abteilung erreicht und ein Aktenzeichen bekommt. 

Im Vergleich zum UBA habe die Staatsanwaltschaft „nochmal ganz andere Möglichkeiten zu ermitteln„, so der Sprecher der Behörde. Gemeint seien etwa die Möglichkeit zum Anfordern von Unterlagen oder der Vernehmung von Zeug:innen. „Wir denken, dass sich belastbares Material so besser finden lässt.“

Zusätzlich verwendete Quellen: ZDF Frontal, Umweltbundesamt(UBA)

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