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Klimasünde Skifahren? Aufnahmen und ein Tweet, die aufrütteln müssen

Klimasünde Skifahren? Aufnahmen und ein Tweet, die uns aufrütteln müssen
Foto: Screenshot Twitter / Unsplash Maarten Duineveld

Grüne anstatt weißer Pisten: Der Klimawandel ist längst auch im Wintersport angekommen. Die Tourismusbranche hilft sich mit Kunstschnee, Bayerns Wirtschaftsminister applaudiert auf Twitter. Doch das alles ist kurzsichtig. Ein Kommentar.

Zugegeben: Ich fahre kein Ski. Als „waschechte“ Bayerin, die in der Nähe der Alpen aufgewachsen ist, bin ich damit vermutlich eine Randerscheinung. Und trotzdem beschäftigt mich Skifahren aktuell so sehr, wie nie zuvor. Grund sind nicht irgendwelche alpinen Wettbewerbe oder der Antrieb, doch noch die Leidenschaft vieler Freunde teilen zu können. Grund ist bedauerlicherweise der Klimawandel.

Er frisst sich derzeit seinen Weg durch einige Ski-Gebiete in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Anstatt prächtig weißer Berghänge zeigen Aufnahmen grüne Wiesen, die hier und da mit ein bisschen Schnee bedeckt sind.

Hart gesottene Wintersportliebhaber:innen hält das jedoch nicht vor dem rituellen Ski-Urlaub zurück. „Was soll man schon machen“, antworten sie, angesprochen auf die offensichtlich missliche Lage. Jetzt könnte ich – als Wintersportmuffel – solche Ski-Fahrer:innen für ihre Ignoranz als Klimasünder:innen verteufeln. Doch das Problem liegt vielmehr woanders. Nämlich bei den politischen Entscheidungsträger:innen, wie etwa ein Tweet des stellvertretenden bayerischen Ministerpräsidenten Hubert Aiwanger (Freie Wähler) verdeutlicht.

Kritik am Kunstschnee – nicht von Bayerns Wirtschaftsminister

Aiwanger, der auch Bayerns Wirtschaftsminister ist, kommentierte einen Artikel des Bayerischen Rundfunks (BR) mit dem Titel „Positive Skitourismus-Bilanz wegen Kunstschnee“ wie folgt: „Heimischer Wintersport heuer dank Beschneiung vielerorts immer noch möglich! Bitte bei den Fachleuten vor Ort informieren statt vom grünen Großstadttisch aus polemisieren und alles verbieten wollen!“

In dem Artikel werden unter anderem Naturschützer:innen und Klimaaktivist:innen erwähnt, die den künstlich erzeugten Schnee im Skigebiet Garmisch-Classic in der Nähe von Garmisch-Partenkirchen beklagen. Ihre Kritik: Der enorme Einsatz von Energie und Wasser für Kunstschnee sei nicht mehr zeitgemäß. Auch würde der Kunstschnee die Pflanzenwelt in den Bergen verändern.

Berechnungen zufolge verbraucht die Herstellung von Kunstschnee in modernen Anlagen für 20 Hektar Fläche rund 250.000 Kilowattstunden Strom. Wie der BR in seinem Artikel schreibt, gibt es inzwischen auch effizientere Schneekanonen, die „nur 1,5 Kilowatt Strom pro Stunde“ verbrauchen, heißt es.

Energie und Wasser sprichwörtlich verpulvert

Trotzdem wird weiter Energie und Wasser sprichwörtlich verpulvert – Ressourcen, die teuer beziehungsweise knapp sind. Zur Erinnerung: Im Sommer plagten Trockenheit und Hitze die Bundesrepublik. In einigen Teilen Deutschlands fehlte das Wasser. Der Rhein erreichte einen historischen Tiefstand. Es ist also durchaus verständlich, wenn Menschen das Loblied auf Kunstschnee in Zeiten der Klimakrise missfällt.

Ich muss keine alpine Spitzensportlerin sein oder eine Bergbahn besitzen, um mir eine Meinung erlauben zu dürfen. Am „grünen Großstadttisch“ lässt sich der verantwortungslose Umgang mit Ressourcen genauso gut erkennen wie im Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie.

Das wüsste Aiwanger, wenn er es ernst in seinem Amt meinte. Es ist kaum verwunderlich, dass ein Wirtschaftsminister, dessen Anliegen eine stabile Wirtschaft im Land ist, die vermeintliche Rettung eines Tourismusmagneten gutheißt. Allerdings ist das – gerade mit Blick auf die fortschreitende Erderwärmung – kurzsichtig.

Nehmen politische Entscheidungsträger:innen ihre Aufgabe ernst?

Seit Jahren warnen Expert:innen und Aktivist:innen davor, dass Industrie-, Wirtschafts- und Tourismuszweige unter dem Klimawandel ächzen werden. Mit anderen Worten: Sie müssen auf die sehr wahrscheinlichen Klimafolgen vorbereitet werden. Und genau das ist – neben einer vernünftigen Klimapolitik zur Begrenzung der Erderwärmung – die Aufgabe politischer Entscheidungsträger:innen wie es Aiwanger oder Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sind. Denn: Arbeitsplätze gehen nicht durch die Kritik an umweltschädlichen Praktiken verloren, sondern langfristig durch Umweltschäden.

Der politische Umgang mit den wärmer werdenden Wintern ist also definitiv eine Klimasünde, aber wie ist es mit dem Skifahren an sich? Alpiner Wintersport war aus Umweltgesichtspunkten schon immer fragwürdig, etwa aufgrund von Pistenrodungen und hohem Verkehrsaufkommen in Bergregionen. Mit künstlicher Beschneiung bei Plusgraden erreicht die Ressourcenverschwendung heutzutage eine neue Dimension – und jede:r Skifahrer:in sollte sich die Frage stellen, ob er oder sie diese noch unterstützen will?

Im Video: Zum Skifahren zu warm – Grüne Pisten in Bayern

Ist der Klimawandel schuld an wärmeren Wintern?

Einzelne Wetterphänomene sind nicht auf den Klimawandel zurückzuführen. Wo sich die Expert:innen jedoch einig sind: Wetterlagen – wie etwa Hitzewellen, mangelnder Regen oder wärmere Winter – verstärken sich durch den Klimawandel künftig und werden an Häufigkeit deutlich zunehmen. Fest steht: Das Jahr 2022 geht als das bislang wärmste Jahr aller Zeiten in die deutsche Wetterdatenhistorie ein.

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