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Was es bedeutet, krankhaft verbittert zu sein

Krankhaft verbittert: Wenn das Gefühl von Ungerechtigkeit Menschen auffrisst
Foto: CC0 Public Domain / Unsplash - engin akyurt

Jeder Mensch ist ab und an enttäuscht oder gekränkt. Doch einige werden das Gefühl von Enttäuschung und Verbitterung alleine nicht mehr los. Mediziner:innen sprechen dann von einer Verbitterungsstörung. Was das ist und was dagegen zu tun ist.

Im Zuge der Corona-Pandemie hat die Menge an Menschen zugenommen, die sich verbittert fühlen. Das besagt eine Studie mit 1.000 Personen zu Lebenszufriedenheit und psychischer Gesundheit. Verbitterung kann sich in einer menschlichen Emotion zeigen, aber auch zu einer posttraumatischen Verbitterungsstörung führen. In dem Fall empfehlen Mediziner:innen den Betroffenen eine Therapie.

Unterschiedliche Grade von Verbitterung

Wie Spektrum in einer Recherche herausfand, klingen bei den meisten Menschen Gefühle von Verbitterung nach kurzer Zeit wieder ab. Verbitterung gehört zu menschlichen Emotionen und ist ganz normal. Wenn jemand sich ungerecht behandelt fühlt, einen Vertrauensbruch erleidet oder sich einer Kränkung hilflos ausgeliefert fühlt, können Betroffene verbittert reagieren. Meist ebbt das Gefühl nach einer Weile wieder ab. Daher spricht die Medizin von einer vorübergehenden Verbitterung.

Das Gefühl kann auch auftreten, wenn Menschen an bestimmte Situationen denken, beispielsweise an Scheidung oder Kündigung. Hier spricht man von einer stimulusbegrenzten Verbitterung. Bestimmte Persönlichkeitstypen haben einen Hang dazu, schneller gekränkt zu sein. Mediziner:innen nennen betreffende Personen Menschen mit erhöhter Verbitterungsneignung.

Im Gegensatz dazu ist eine posttraumatische Verbitterungsstörung (PTED) eine schwere Erkrankung. Betroffene halten dabei an Erlebtem fest und handeln selbstzerstörerisch. In einer Therapie können sie jedoch lernen, Abstand zu gewinnen und eine andere Perspektive einzunehmen. Eine PTED kann durch teils trivial wirkende Ereignisse ausgelöst werden. Wie stark sich eine Verbitterung ausprägt, hängt nicht von der objektiven Schwere des Vorfalls ab, sondern wie Betroffene das Erlebte einschätzen und verarbeiten.  

Verbitterungsgrad feststellen

Den Grad der Verbitterung können Therapeut:innen mithilfe von PTED-Fragebögen und dem sogenannten Berner Verbitterungs-Inventar (BVI) bestimmen. Bei dem Fragebogen müssen Betroffene 21 Aussagen in einer Skala einordnen. Beispielsweise müssen sie ihr Befinden einschätzen. Durch ein BVI können Psycholog:innen feststellen, ob die Verbitterung bei den jeweiligen Patient:innen in der Persönlichkeit verankert ist. Auch hierbei müssen Betroffene Aussagen anhand einer Skala einordnen.

So äußern sich Verbitterungen

Eine Verbitterung kann ganz unterschiedlich ausgelöst werden. Manche Menschen reagieren laut Spektrum schneller verbittert als andere. Jedoch kann eine PTED Betroffene im Alltag stark einschränken, egal wodurch sie ausgelöst wurde. Dann zeigen sich Symptome wie eine bedrückte, missmutige Stimmung (Dysphorie), Selbstvorwürfe, Hilflosigkeit, selbstzerstörerisches Verhalten und sogar Suizidgedanken. In Gedanken gehen Betroffene oft Situationen immer wieder durch oder vermeiden Menschen und Orte, die sie mit unangenehmen Erlebnissen verbinden. Teilweise empfinden Menschen deshalb Aggression, haben Rachegedanken, Mordfantasien und den unerbittlichen Wunsch, Gerechtigkeit wiederherzustellen.

Im neuen ICD-11, dem internationalen Diagnosehandbuch, werden Verbitterungsreaktionen unter dem Code „6B43“ als Sonderform der Anpassungsstörung angegeben. Eine PTED hingegen gilt als schwere und andauernde Erkrankung. Sie gehört zum Code „6B4Y“ im ICD, genauer gesagt zu den „sonstigen näher bezeichneten Störungen, die spezifisch mit Stress assoziiert sind“.

Therapie gegen eine Verbitterungsstörung

Ein Ansatz, um eine Verbitterungsstörung zu bekämpfen, ist die sogenannte „Weisheitstherapie“, die auf die Verhaltenstherapie zurückgeht. Eine Forschungsgruppe für Psychosomatische Rehabilitation an der Charité Universtitätsmedizin Berlin hält die Form der Therapie für eine Möglichkeit, mit der sich Betroffene von dem kritischen Lebensereignis, das die Störung ausgelöst hat, distanzieren und eine neue Lebensperspektive aufbauen können.

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