Der Alltag vieler Menschen ist durch Dauerkrisen geprägt. In der ZDF-Talkrunde bei Markus Lanz erklärt Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), was das für die Bürger:innen bedeute. Auf Twitter gab es hierfür Kritik wie Zuspruch.
„Ein Schub an Multikrisen, der Ängste produziert“ – davor warnt der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann bei Markus Lanz im ZDF. In der Talkrunde am Mittwochabend sprach der Grünen-Politiker über das Erstarken rechtspopulistischer Gesinnung. In Umfragen erreicht die AfD jüngst Werte von 17 bis 20 Prozent, zum Vergleich: die SPD kommt als Regierungspartei im aktuellen RTL/ntv-Trendbarometer auf 18 Prozent.
„Die AfD versammelt die Berufspessimisten und Unzufriedenen hinter sich. Aber vor allem kanalisiert sie die Ängste“, konstatiert Kretschmann mit Blick auf die enorm gestiegenen Lebenshaltungskosten. Er appelliert dafür, das Politiker:innen gesellschaftliche Entwicklungen so ansprechen sollten, „wie sie sind, aber auch nicht übertreiben“.
Kretschmann: „Für die wichtigen Dinge des Lebens mehr Geld ausgeben“
„Wir müssen nicht Angst haben, dass alles aus dem Ruder läuft. Aber dass wir materiell mit Wohlstandseinbußen rechnen müssen, ist auch klar“, so der Ministerpräsident weiter. Bürger:innen sollten sich daran gewöhnen, dass man „für die wichtigen Dinge des Lebens in Zukunft mehr Geld ausgeben“ müsste. Zu den wichtigen Kostenfaktoren zählt Kretschmann, wie er selbst sagt, „Sicherheit in jeder Hinsicht, nach außen und innen“, Energie, Lebensmittel sowie Wohnraum.
Beim Reisen hingegen werden die Menschen Abstriche machen, lautet seine Prognose. „Wir wissen, die Deutschen sind ein wirklich reisewütiges Volk. Und das muss man vielleicht mal einschränken“, erklärt Kretschmann. „Weniger fliegen, zum Beispiel.“ Er führt aus: „Wenn ich für die wichtigen Dinge mehr Geld ausgeben muss, habe ich für die anderen weniger.“ Politischer Druck, um etwa ein Umdenken zu fördern, sei nicht notwendig. „Das ist einfach so.“ Er glaube nicht, dass das am „Wohlergehen der Menschen“ etwas ändern würde, wenn sie zum Beispiel nicht mehr so oft nach Mallorca oder Bali reisen könnten.
Gleichzeitig hält Kretschmann es derzeit nicht für realistisch, dass sich Deutschland die Rente mit 63 weiterhin leisten könne.
Kritik und Zuspruch auf Twitter für Kretschmanns Aussagen
Auf Twitter stoßen die Ausführungen des Ministerpräsidenten auf Unverständnis. User Nurder Koch postete einen Ausschnitt der Sendung mit der Bemerkung: „Winfried Kretschmann sagt gerade bei Lanz, dass in Zukunft mehr Geld ins Militär fließen- und Strom nicht billiger wird. Verzichten sollen wir dagegen auf das Fliegen und Rente mit 63. Keine Pointe.“
Darunter kommentierte ein weiterer Twitter-Nutzer kritisch: „Warum hab ich das Gefühl, dass er unter Sicherheit nicht die Folgen der Klimakrise, des Artensterbens, des wachsenden Rechtspopulismus oder das Auseinanderdriften von extremem Reichtum und extremer Armut versteht?“
Doch es findet sich auch Zuspruch. „So ungut man das finden mag, aber er hat da vermutlich Recht. Man wird im Staat vor der geänderten Lage in der Welt wohl mehr Geld in die Sicherheit investieren müssen (…).“ Das zeige, so das Argument von User:in LesenUndTeilen, etwa der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine. „Und ja, er hat auch Recht, dass weniger Konsum keineswegs unglücklicher macht. Im Gegenteil. Oft gewinnt man Zeit, wenn man weniger konsumiert – weniger einkauft, weniger Zeit vor großen Fernsehern verbringt.“
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