Tierschützer:innen konfrontieren den Discounter Lidl mit immer neuen Undercover-Aufnahmen, die leidende Hühner zeigen. Die Bilder sollen die Zustände in Mastbetrieben zeigen, die die Kette beliefern. Die neusten Aufnahmen stammen aus einem Stall in Österreich.
Triggerwarnung: Dieser Text enthält grafische Darstellungen und Beschreibungen von Tierleid.
Tierschutzorganisationen haben in den vergangenen Wochen Undercover-Aufnehmen aus Mastställen in Deutschland, Spanien und Italien veröffentlicht. Darin ist zu sehen, wie Hühner unter qualvollen Bedingungen gehalten werden. Die Bilder sollen aus Ställen stammen, die die Discounterkette Lidl beliefern; auch Utopia hatte darüber berichtet. Nun wurden neue Bilder veröffentlicht, diesmal von einem Lieferanten aus Österreich.
Neue Filmaufnahmen aus Österreich: Hühner von Traktor überfahren
Die neuen Filmaufnahmen entstanden undercover im Sommer 2022 im Hühnermastbetrieb eines steirischen Lidl-Lieferanten. Die Tierschutzvorgaben in Österreich gelten als vorbildlich, der Betrieb trägt zudem das AMA-Gütesiegel, dennoch bietet sich ein ähnliches Bild wie in den Aufnahmen aus anderen europäischen Ländern: Viele kranke, leidende und tote Tiere sind zu sehen. Zudem wurde erneut Gewalt gegen Tiere dokumentiert: Ein Traktor überfährt mehrere Hühner im Stall. Heimlich installierte Kameras zeigen, wie die überfahrenen Tiere vor Schmerzen mit den Flügeln schlagen und schwer verletzt liegenbleiben.
Sämtliche Aufnahmen sind online einsehbar. Die Bilder aus Österreich wurden in diesem Video veröffentlicht.
Der VGT hat den Lieferanten sowie einzelne Arbeiter:innen wegen Verstoßes gegen Tierschutzgesetze angezeigt. Gegen die Lieferanten, deren Ställe in den Aufnahmen aus Italien, Spanien und Deutschland zu sehen sind, haben die Tierschutzorganisationen ebenfalls Anzeigen erstattet.
Lidl-Fleischskandal: Albert Schweitzer Stiftung fordert Konsequenzen
Die Albert Schweitzer Stiftung zählt in einer Pressemitteilung nicht nur die Haltungsbedingungen und Gewalt durch Menschen zu den Ursachen für das Tierleid – sondern vor allem die Zucht auf ein extremes Wachstum hin. Moderne Masthühner sind so gezüchtet, dass sie innerhalb von rund 30 Tagen ein Gewicht von anderthalb bis zwei Kilogramm erreichen. Besonders die Schenkel- und Brustmuskulatur wird unnatürlich groß, weil sich diese Körperteile besonders gut verkaufen lassen. Knochen und Organe kommen bei dem explosionsartigen Massezuwachs nicht hinterher, schreibt die Stiftung, Schmerzen, Knochendeformationen und Organversagen sind die Folgen.
Solange Masthühner auf extremes Wachstum hin gezüchtet werden, werden sie weiter leiden, argumentieren die Albert Schweitzer Stiftung und weitere Tierschutzorganisationen, darunter der österreichische Verein gegen Tierfabriken (VGT), Equalia aus Spanien und Essere Animali aus Italien. Sie fordern Lidl auf, Tierschutzstandards der Europäischen Masthuhn-Initiative anzuwenden und sammeln Unterschriften für eine Petition. Die Initiative schreibt unter anderem vor, gesündere Rassen zu halten. Hinzu kommen Vorschriften für mehr Platz, Tageslicht und Beschäftigungsmöglichkeiten sowie für eine möglichst stressfreie Schlachtung.
Lidl hat bereits mehrmals auf Vorwürfe reagiert
Lidl hat bereits mehrmals auf die Bilder der Tierschutzorganisationen reagiert. Im Falle des Stalls in Niedersachsen hat die Kette die Vorwürfe zurückgewiesen. Bei der Veröffentlichung der Aufnahmen des Stalls aus Spanien hat der Discounter argumentiert, dass Lidl Deutschland von dort kein Geflügel beziehe. Zum Fall in Italien schreib Lidl dem SWR, der Betrieb sei seit 2019 aus der Lieferkette ausgeschlossen. Zu den Vorwürfen gegen den österreichischen Lieferanten hat der SWR ebenfalls ein Statement angefragt, dieses steht aber noch aus.
Lidl hat außerdem angekündigt, ab 2026 30 Prozent des Frischfleischs aus den Haltungsform-Stufen 3 und 4 zu verkaufen. Haltungsstufe 3 sieht unter anderem vor, dass Tiere zumindest Kontakt mit dem Außenklima haben, das kann eine offene Stalltür sein. Die Stufen 1 und 2 haben deutlich niedrigere Standards.
Lidls Konkurrenten Aldi, Bünting, Globus, Norma und Tegut wollen im gleichen Zeitraum (bis 2026) zu 100 Prozent auf die höheren Standards umsteigen. Sie haben sich auch der Europäische Masthuhn-Initiative angeschlossen. Lidl ist bisher nur in den Ländern Frankreich und Niederlande Mitglied.
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