Forscher:innen haben einen neuen Weg gefunden, Säugetiere mit zwei männlichen Erzeugern zu erschaffen. Das könnte auch für Fruchtbarkeitsbehandlungen beim Menschen vielversprechend sein.
Indem sie aus den Zellen eines männlichen Tieres eine Eizelle herstellten, konnten japanische Forscher:innen Mäuse mit zwei biologischen Vätern erschaffen. Im Prinzip könnte diese Methode auch beim Menschen möglich sein, sagt der leitende Forscher Katsuhiko Hayashi dazu gegenüber dem Guardian. Seine Forschung könnte helfen, unfruchtbaren Menschen sowie auch homosexuellen Paaren eines Tages den Kinderwunsch zu erfüllen.
Auf einem Medizinkongress sagte der Forscher laut Guardian, dass es technisch möglich sei, innerhalb von zehn Jahren auch menschliche Eizellen aus der Hautzelle eines Mannes herzustellen. Andere Teilnehmer:innen würden diesen Zeitplan jedoch für unrealistisch halten, berichtet der Guardian.
Kinderwunsch erfüllen mit Eizellen aus dem Labor?
Hayashis Team arbeite gerade daran, diesen Prozess mit menschlichen Zellen zu reproduzieren. Bevor die Technik im klinischen Kontext eingesetzt werden könnte, sei der Weg jedoch noch relativ weit. Die Sicherheit müsste zum Beispiel zuerst garantiert werden. Kritiker:innen führen laut Guardian außerdem an, dass menschliche Zellen viel länger bräuchten als die von Mäusen, um eine reife Eizelle hervorzubringen. Durch die längere Dauer werden ungeplante genetische Veränderungen in der Zelle wahrscheinlicher.
„Wir verstehen noch nicht genug von der einzigartigen Biologie der menschlichen Gametenbildung, um Hayashis provokative Arbeit mit Mäusen auch in Menschen nachzustellen“, sagt zum Beispiel Professor George Daley, Dekan der Medizinischen Fakultät der Harvard Medical School. Dennoch seien die Erkenntnisse „faszinierend.“
Einsatz in der Fortpflanzung: auch eine Frage für die Gesellschaft
Auch Professorin Amander Clark forscht zu im Labor gezüchteten Keimzellen und nennt die Übertragung der Technik auf den Menschen gegenüber dem Guardian einen „gewaltigen Sprung“. In bisherigen Versuchen konnten die Vorläufer von menschlichen Eizellen zwar hergestellt werden, kamen jedoch nie über den Punkt der Meiose hinaus – die Zellteilung, bei der aus einer Mutterzelle genetisch unterschiedliche Keimzellen entstehen. „Wir sind im Moment an diesem Engpass angelangt“, sagt die Wissenschaftlerin. „Die nächsten Schritte sind eine technische Herausforderung. Aber das zu schaffen, könnte 10 oder 20 Jahre dauern.“
Hayashi persönlich sei dafür, so zitiert ihn der Guardian, dass die Technologie zum Einsatz kommen könnte, um schwulen Paaren einen Kinderwunsch zu erfüllen, sobald die Sicherheit der Technologie bewiesen sei. Dennoch zweifelt er daran, dass die Eizellen aus dem Labor ohne Weiteres für die Fortpflanzung verfügbar sein werden. „Das ist keine Frage, die das Forschungsprogramm allein beantworten muss, sondern auch die Gesellschaft“, so der Wissenschaftler.
Die primäre Motivation der Forschung ist Hayashi zufolge jedoch, schwerwiegende Formen der Unfruchtbarkeit behandeln zu können. Beim Turner-Syndrom fehlt den Betroffenen beispielsweise eine Kopie des X-Chromosoms, oder Teile davon, was oft zu einem frühen Verlust der Eierstockfunktion führt.
„Der größte Trick ist die Verdopplung des X-Chromosoms“
Zuvor war es Forschenden zwar bereits gelungen, Mäuse mit zwei männlichen Erzeugern zu erschaffen, doch dazu war ein komplizierter Prozess notwendig, der auch Gentechnik beinhaltete. Die neue Methode, bei der funktionale Eizellen aus den Zellen männlicher Tiere entstehen, ist damit laut Guardian ein bedeutender Fortschritt.
Bei der neuen Methode gingen die Forschenden schrittweise vor, um eine Hautzelle mit XY-Chromosomen in eine Eizelle mit XX-Chromosomen zu verwandeln. Zuerst wurden Hautzellen in einen Zustand versetzt, der dem einer Stammzelle ähnelte. Das Y-Chromosom wurde daraufhin aus den Zellen gelöscht und durch ein X-Chromosom aus einer anderen Zelle ersetzt. So entsteht eine Zelle mit zwei X-Chromosomen von demselben männlichen Tier. „Der Trick dabei“, sagte Hayashi dazu gegenüber dem Guardian, „ist die Verdopplung des X-Chromosoms.“
Mäusewelpen in der Lage Junge zu erzeugen
Die Zellen mit zwei X-Chromosomen haben die Forschenden in eine Replika eines Mäuseeierstocks eingepflanzt und befruchtet. So entstanden 600 Embyros, die weiblichen Mäusen eingepflanzt wurden. Sieben Mäusewelpen kamen zur Welt – was also einer Rate von etwa einem Prozent entspricht. Zum Vergleich: Wurden herkömmliche weibliche Eizellen verwendet, lag die Erfolgsrate bei etwa fünf Prozent.
Die Mäusewelpen schienen laut Hayashi gesund zu sein und eine normale Lebensspanne zu haben. Außerdem sollen sie in der Lage gewesen sein, ebenfalls als ausgewachsene Tiere Nachkommen zeugen zu können.
Mehr Informationen: Tierversuche: So ist die rechtliche Situation in Deutschland
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