In einigen Supermärkten zerstören einer Recherche zufolge Mitarbeiter:innen von Lindt ihre eigenen Produkte. Während sich ein Geschäftsleiter von Edeka-Filialen fassungslos zeigt, lässt die Stellungnahme von Lindt Fragen offen.
Einer Recherche von T-Online zufolge sollen Angestellte des Schokoladenherstellers Lindt immer wieder eigene Waren im Einzelhandel zerstören. Das berichtet demnach auch Ehrenfried Schorn, Geschäftsleiter von sechzehn Edeka-Filialen in Nordhessen. In mehreren Geschäftsstellen waren, wie Schorn berichtet, Verpackungen von Schokoladen und Pralinen aufgeschlitzt – nachdem Lindt-Angestellte aus dem Außendienst vor Ort waren. Bei den mehr als 25 Produkten handelte es sich laut T-Online vor allem um solche, bei denen kurze Zeit später das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) abgelaufen wäre.
Lindt-Angestellte stehen in Verdacht, Schokolade zu zerstören
Schorn verdächtigt die Angestellten, die Produkte zerstört zu haben. Angeblich haben ihm diese seine Mutmaßung sogar bestätigt und gesagt, ihnen seien die Hände gebunden. Es handle sich um eine „Anweisung von oben“. Schorns Reaktion auf die zerstörten Schokoladenartikel: „Das hat mich maßlos wütend gemacht.„
Der Geschäftsleiter vermutet, Lindt wolle durch die Zerstörung mögliche Rabattaktionen vermeiden. In der Vergangenheit habe er Produkte kurz vor dem MHD günstiger verkauft oder an die Tafel gespendet. Die Produkte sortiert jedoch nicht die Edeka-Filiale aus, sondern Lindt selbst. Der Hersteller übernimmt in Deutschland das Regalmanagement im Einzelhandel. Ein Außendienst mustert also Waren aus und schreibt sie dem Supermarkt gut, wodurch der Handel keine finanziellen Einbußen davonträgt. Normalerweise lassen Mitarbeiter:innen die aussortierte Ware jedoch unbeschadet im Supermarkt zurück.
Bei der Selektion sortiert Lindt auch solche Artikel aus, die das MHD noch nicht überschritten haben, aber kurz davor stehen. Der Hersteller begründet dies damit, dass er verantwortlich für die Gesundheit der Kund:innen sei. Juristisch gesehen, stimmt das jedoch gar nicht. In Deutschland haftet die Person, die Waren mit verstrichenem MHD in den Umlauf bringt und nicht, wer sie herstellt.
Lebensmittelverschwendung und Sachbeschädigung
Neben der Verschwendung von vermutlich noch genießbaren Lebensmitteln, handelt es sich hierbei um Sachbeschädigung. Das bestätigt Anwältin Ina Gerstberger, die sich auf Produktrecht spezialisiert hat. Gegenüber T-Online erklärt sie, Schorn habe einerseits die Waren von Lindt finanziell erworben und andererseits habe er für die Produkte eine „Besitzsphäre“ und „Verfügungsgewalt“, sobald sich die Artikel auf dem Gelände des Supermarktes befinden. Es wäre keine Sachbeschädigung, wenn in Verträgen zwischen Einzelhandel und Lindt festgehalten ist, dass Waren kurz vor dem Ablauf des MHD nicht verkauft werden dürfen. Solche Verträge gibt es laut Schorn jedoch nicht.
Die Gründe, warum Angestellte von Lindt ihre eigenen Waren zerstören sollten, kann Schorn nur mutmaßen. Er spekuliert, der Hersteller habe Angst vor Umsatzeinbrüchen. Zu denen könnte es kommen, wenn Kund:innen reduzierte Schokolade regulär bepreister Ware vorziehen. Zudem wirft Schorn dem Unternehmen vor, die Waren zu zerstören, um schneller frische Ware nachliefern zu können.
Stellungnahme von Lindt
Auf Nachfrage von T-Online gibt Lindt eine vage Stellungnahme ab. Darin heißt es, Lindt biete den Konsument:innen ausschließlich Waren an, die den Qualitätsansprüchen entsprechen würden. „Aus diesem Grund werden Produkte, die nicht mehr verzehr- oder verkaufsfähig sind, im Handel durch den Außendienst als verkaufsunfähig gekennzeichnet und aus dem Markt entfernt.“ Auf den konkreten Vorwurf, dass angeblich Angestellte Waren zerstören, hat Lindt laut Bericht bislang nicht reagiert.
** mit ** markierte oder orange unterstrichene Links zu Bezugsquellen sind teilweise Partner-Links: Wenn ihr hier kauft, unterstützt ihr aktiv Utopia.de, denn wir erhalten dann einen kleinen Teil vom Verkaufserlös. Mehr Infos.War dieser Artikel interessant?