„Warum es in der Biologie nur zwei Geschlechter gibt“ – hierzu wollte eine Biologin am Sonntag einen Vortrag an der Humboldt-Universität halten. Doch das führte zu Protest, unter anderem von studentischen Organisationen. Sie bezeichnen den Vortrag als „queerfeindlich“. Er wurde abgesagt, nun hat sich die Biologin zu Wort gemeldet.
Im Rahmen der „Langen Nacht der Wissenschaften“ der Berliner Humboldt-Universität sollten am Sonntag einige Vorträge stattfinden – auch die Biologin Marie Luise Vollbrecht sollte als Rednerin auftreten. Doch ihr umstrittener Vortrag mit dem Titel „Geschlecht ist nicht gleich Geschlecht. Sex, Gender und warum es in der Biologie nur zwei Geschlechter gibt“ wurde abgesagt.
Mehrere Organisationen hatten im Vorfeld gegen den Inhalt des Vortrags protestiert, unter anderem der „Arbeitskreis kritischer Jurist*innen an der Humboldt Uni Berlin“. Dieser hatte ihn als unwissenschaftlich, menschenverachtend und queer- und transfeindlich bezeichnet und zu Protesten während des Vortrags aufgerufen. Diese fanden trotz Absage offenbar statt.
Offizieller Grund für Absage des Gender-Vortrags: Sicherheitsbedenken
Als Grund für die Absage nannte die Humboldt-Universität Sicherheitsbedenken. Auf Anfrage der Welt am Sonntag erklärte die Universität, man sei von der Polizei informiert worden, dass zum Auftritt der Doktorandin eine Protestaktion geplant gewesen sei. Auch eine Gegendemonstration sei erwartet worden. „Wir bedauern sehr, dass Frau Vollbrecht den Vortrag nicht halten kann“, erklärte die Leiterin der Kommunikation der Hochschule, Birgit Mangeldorf.
Vollbrecht bezeichnet Absage als „traurig“
Marie Luise Vollbrecht hat sich gegenüber der Bild-Zeitung bezüglich der Absage ihres Vortrags geäußert – diese mache die wissenschaftliche Mitarbeiterin der Humboldt-Universität „traurig“. Weiter erklärte sie: „Das Einknicken vor radikalen gewaltbereiten Aktivisten, die kein Verständnis von Biologie haben, ist verständlich, aber alarmierend.“ Der Vortrag sei ein weiteres Beispiel, „mit welchen radikalen Mitteln Genderideologen vorgehen“.
Vollbrecht ist eine von fünf Autor:innen, die letzten Monat einen Gastbeitrag in der Welt veröffentlichten, in dem sie ARD und ZDF eine Verfolgung einer „bedrohlichen Agenda“ vorwarfen. Konkret ging es um eine angebliche „Transgender-Ideologie“, mit der Kinder durch TV-Formate wie Die Sendung mit der Maus „indoktriniert“ werden würden. In einer ersten Version des Artikels lautete die Headline: „Wie ARD und ZDF unsere Kinder sexualisieren und umerziehen.“
Der Artikel sorgte damals ebenfalls für Aufruhr, auch Utopia hatte darüber berichtet. Der Springer-Vorstandsvorsitzende Matthias Döpfner bezeichnete den Beitrag in einer Stellungnahme als intolerant und ressentimentgeladen sowie wissenschaftlich bestenfalls grob einseitig.
Wissenschaftsministerin rügt Humboldt-Universität
Die Bundesbildungs- und Wissenschaftsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) hat die Humboldt-Universität für die Absage des Vortrags kritisiert. „Es darf nicht in der Hand von Aktivisten liegen, welche Positionen gehört werden dürfen und welche nicht“, erklärte sie gegenüber der Bildzeitung. Auch der Präsident des Deutschen Hochschulverbands, Bernhard Kempen, erklärte, die Universität habe der Wissenschaftsfreiheit einen Bärendienst erwiesen. „Sie hätte stattdessen Rückgrat beweisen sollen und alles daran setzen müssen, dass der Vortrag stattfinden kann“, so Kempen am Montag der Deutschen Presse-Agentur.
Die Universität bestreitet Zensur. „Wir begrüßen den Austausch bei uns, auch zwischen den unterschiedlichsten Meinungen“, erklärte Kommunikationschefin Birgit Mangelsdorf gegenüber der Welt am Sonntag. Die Entscheidung sei keine inhaltliche Aussage, sondern diene der Sicherheit. Der Vortrag soll in Zukunft nachgeholt werden – er wurde inzwischen von Vollbrecht auf YouTube veröffentlicht.
Mit Material der dpa
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