Oft sind Eltern selbst das Problem: Nur jeder 20. Schulweg ist sicher

Fünf Kinder sehen hinter einem blauen Auto hervor, das auf einer sonnigen Straße geparkt ist. Die Kinder tragen bunte Jacken und Mützen.
Foto: © ACE/Lukas Frontzek

Wie gefährlich ist der Weg zur Schule für die Kinder in Deutschland? Eine neue Analyse zeigt: ziemlich gefährlich. Rund ein Drittel der untersuchten Schulwege schnitt mangelhaft ab. Das liegt auch am Verkehrschaos durch Elterntaxis.

Die neue bundesweite Analyse des ACE Auto Club Europa offenbart erschreckende Mängel bei der Schulwegsicherheit von rund 49.000 Grundschulkindern in Deutschland. Von 167 überprüften Schulwegen können nur 5 Prozent, also jeder 20., als sicher gelten. 30 Prozent dagegen sind mangelhaft und sechs Prozent sogar gefährlich.

Damit ist insgesamt rund jede:r dritte Grundschüler:in auf dem täglichen Schulweg besonderen Gefahren durch den Verkehr ausgesetzt.

Die schockierende Bilanz des Schulweg-Index

Im Fokus der Untersuchung, die von April bis Ende Juli 2025 stattfand, standen der morgendliche Bringverkehr sowie die Verkehrsinfrastruktur im direkten Schulumfeld. 700 Ehrenamtliche beobachteten dafür den Verkehr jeweils 30 Minuten vor Schulbeginn. Die schulnahe Infrastruktur wurde im Bereich von 200 Metern anhand eines standardisierten Kriterienkatalogs bewertet.

Grafik: ACE Schulwege-Index 2025
(© ACE)

Die Ergebnisse machen deutlich, wie gefährdet gerade Kinder im Grundschulalter im Straßenverkehr sind. Sie gehören zu den schwächsten Verkehrsteilnehmenden: „Ihre Sicht ist noch eingeschränkt und sie sind noch nicht in der Lage, komplexe Verkehrssituationen richtig einzuschätzen“, heißt es im ACE-Schulwege-Index 2025. Ein Großteil der tragischen Unfälle mit Kindern passiere genau dann, wenn der Schulweg beginnt: zwischen 7 und 8 Uhr morgens.

„Noch immer starten viele Kinder ihren Tag in einem Umfeld, das für sie schlicht zu gefährlich ist“, kritisiert Sven-Peter Rudolph, Vorsitzender des ACE Auto Club Europa.

„Damit dürfen wir uns nicht abfinden, sondern müssen den Umstand als Auftrag an uns alle verstehen: Infrastruktur verbessern, Elterntaxis vermeiden und Kinder besser schützen. Jeder Schulweg muss sicher sein“

Wenn Eltern selbst zur Gefahr werden: Risiken durch „Elterntaxis“

Ein Hauptproblem ist laut der Untersuchung der Bringverkehr durch sogenannte „Elterntaxis“. Diese verursachen regelmäßig chaotische und unübersichtliche Situationen vor den Schulen.

Der ACE beobachtete 6.422 Elterntaxis bundesweit – und stellte fest, dass in 41 Prozent der Fälle gegen Verkehrsregeln verstoßen wurde: Eltern hielten im Halteverbot, in Einfahrten, auf Gehwegen oder in zweiter Reihe. Dazu kommen riskante Wendemanöver und das Aussteigen der Kinder zur Fahrbahnseite.

Die Extrembeispiele beim Bringverkehr:

  • Negativ-Beispiel: Die Nordstadtschule in Pforzheim (Baden-Württemberg) schnitt am schlechtesten ab, hier fuhren nur 14 Prozent der Elterntaxis fehlerfrei.
  • Positiv-Beispiele: Nur die Grundschule am Waldrand in Schwedt (Brandenburg) und die Sebastianschule in Rosendahl (Nordrhein-Westfalen) zeigten ein komplett fehlerfreies Bringverhalten (100 Prozent sicher).

Im Ländervergleich schnitt Sachsen am besten ab, das Saarland am schlechtesten.

Unsichere Infrastruktur: Tempo-30 ist Standard, doch die sichersten Zonen fehlen

Erfreulicherweise ist vor 92 Prozent der untersuchten Schulen das Tempo auf 30 km/h beschränkt. Doch die sicherste Lösung, eine Spielstraße, die Zufußgehenden Vorrang gibt, fand sich nur vor 6 Prozent der überprüften Schulen. Außerdem fehlten in 8 Prozent der Fälle Querungshilfen wie Ampel, Zebrastreifen oder Mittelinsel.

Die Extrembeispiele bei der Infrastruktur:

  • Negativ-Beispiel: Die Ganztagesgrundschule in Stendal (Sachsen-Anhalt) erhielt mit 4,5 von 14 Punkten die schlechteste Bewertung für ihre Infrastruktur.
  • Positiv-Beispiele: Vier Schulen teilen sich mit jeweils 12 Punkten den ersten Platz: Die Grundschule Passau-Grubweg (Bayern), die Grundschule Grundschöttel in Wetter/Ruhr (NRW), die GGS Herderstraße in Leverkusen (NRW) und die Overbergschule in Lingen/Ems (Niedersachsen).

So kann der Schulweg sicherer werden

Der ACE fordert: Um Risiken für Grundschulkinder zu beseitigen, müssen bauliche Maßnahmen, Kontrollen und Aufklärung ineinandergreifen.

Das heißt: Kommunen sollten für mehr verkehrsberuhigte Zonen und Querungshilfen vor Schulen sorgen. Polizei und Ordnungsämter sollten Falschparken und Halteverbote konsequenter ahnden. Und Eltern sowie Schulen sollten Kinder frühzeitig an einen eigenständigen, sicheren Schulweg gewöhnen.

Manfred Wirsch, Präsident des Deutschen Verkehrssicherheitsrats (DVR) und Schirmherr der Initiative, mahnt: „Es ist dringend notwendig, die Verkehrsinfrastruktur weiter systematisch zu verbessern und auch den Umgang mit Elterntaxis zu ändern.“

Utopia.de-Fazit: Elterntaxis vermeiden

Laut einer ADAC-Umfrage aus dem Jahr 2024 kommt deutschlandweit etwa jedes vierte Grundschulkind für den größten Teil der Woche im Auto der Eltern zur Schule. Die aktuelle Untersuchung des ACE ist nicht die erste, die zeigt, welche Probleme das mit sich bringt.

Den Teufelskreis aus dem Verkehrschaos durch Elterntaxis, das wiederum mehr Eltern dazu bringt, ihre Kinder vermeintlich sicher mit dem Auto zur Schule zu bringen, müssen wir durchbrechen.

Wenn Kinder den Weg zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurücklegen dürfen, kommt das nicht nur der Sicherheit aller, sondern auch ihrer körperlichen und psychischen Gesundheit zugute. Das zeigen mehrere Studien. Auch Schulbusse vermeiden im ländlichen Raum übermäßigen Autoverkehr.

Es ist zwar wichtig und sinnvoll, sich für eine bessere Infrastruktur einzusetzen. Aber das Warten darauf sollte dir nicht als Ausrede dienen: Du kannst schon heute mit deinem Kind beginnen, einen sicheren Schulweg zu Fuß, mit dem Fahrrad oder dem Bus zu üben.

Verwendete Quellen: ACE Schulweg-Index 2025, ACE Pressemitteilung, ADAC

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