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Pretty Privilege im Job: „Personaler fallen auf Stereotype rein“

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Foto: CC0 Public Domain - Unsplash/ TOMMY VAN KESSEL, ahmed zid

Attraktivität kann diverse Vorteile haben – selbst im beruflichen Kontext. Ein Attraktivitätsforscher erklärt, wie diese aussehen, was hinter Pretty Privilege steckt und was gerade Personalabteilungen besser machen könnten.

Attraktivitätsforscher und Wirtschaftspsychologe Martin Gründl erklärt im Gespräch mit der Wirtschaftswoche, wieso attraktive Menschen es in vielen Bereichen des Alltags leichter haben. Auch bei der Jobsuche würden sie bevorzugt: „Personaler fallen auf Stereotype rein. Was attraktiven Menschen zugeschrieben wird, ist ein Vorurteil“, warnt der Experte.

Pretty Privilege im Beruf: Mehr Gehalt und Vorteile beim Bewerbungsverfahren

Unter „Pretty Privilege“ versteht man Vorteile für Menschen, die dem gängigen Schönheitsideal entsprechen. Laut Gründl helfe Attraktivität vor allem in Situationen, in denen es auf den ersten Eindruck ankommt. Das ist zum Beispiel bei Bewerbungen der Fall – hier sind die Vorteile für attraktive Menschen laut dem Experten besonders gut erforscht.

Gegenüber dem Onlinemagazin ze.tt des Zeitverlags erklärte ein weiterer Bewerbungsforscher, dass beim Bewerbungsbild oft nach Schönheit ausgewählt werde. 1994 zeigte eine Studie aus dem Journal The American Economic Review auf, dass das „schönste“ Drittel der Gesellschaft 5 Prozent mehr als der Durchschnitt verdiene. Die Ökonomin Eva Sierminska schrieb in einem Artikel für das Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) in Bonn 2015, dass schöne Frauen in Deutschland rund 20 Prozent mehr verdienen als der Durchschnitt.

Das legt im Umkehrschluss nahe: Wer kein Pretty Privilege erfährt, ist benachteiligt. Gründl hat einige Ideen, wie man das ändern kann. Der Attraktivitätsforscher würde Bewerbungsfotos zwar nicht abschaffen. Aber er rät Personalabteilungen, für ihre Auswahl mehr auf standardisierte Verfahren wie Intelligenztests zu setzen und weniger auf Bauchgefühl.

Die These, dass Schönheit finanzielle Vorteile hat, ist nicht unumstritten. 2018 erschien ein Beitrag im Journal of Business and Psychology, wonach unattraktiv wahrgenommene Menschen oft mehr verdienten.

Attraktivitätsforscher: Schöne Menschen haben kaum Nachteile

Schönheit wird oft mit positiven Eigenschaften assoziiert – unter anderem mit sozialer Gewandtheit. Laut Gründel könne diese Wirkung auch daran liegen, dass Menschen attraktiven Menschen positiver begegnen. Oder, dass schöne Menschen ein hohes Selbstwertgefühl wegen ihres Aussehens haben. Diese Eigenschaft muss aber nicht attraktiven Menschen vorbehalten sein, wie der Experte erklärt: „[A]uch Leistung kann eine Quelle für Selbstvertrauen sein!“

Laut Gründl gebe es kaum Nachteile für schöne Menschen. Sogar vor Gericht würden ihnen mildere Strafen zugesprochen. Nur bei Heiratsschwindlern gelte das nicht, „wenn jemand also sein Aussehen nutzt, um daraus Vorteile zu ziehen.“

TikTok-Nutzer:innen sprechen über Pretty Privilege

Wie Pretty Privilege im Alltag aussehen kann, beschreiben derzeit viele Nutzer:innen auf Tiktok – viele von ihnen Frauen. Unter dem Hashtag „#prettyprivilege“ wurden bereits über 415 Millionen Videos gepostet (Stand: 3.5.23).

User:innen berichten darin von persönlichen Erfahrungen. Mehrere erzählen, früher als nicht besonders attraktiv wahrgenommen worden zu sein. Nun, da sie als „schön“ empfunden werden, habe sich das Verhalten anderer ihnen gegenüber geändert. „Als du nicht attraktiv warst, war alles, was du getan hast, nervig. Als ob deine Präsenz Menschen ärgert. […] Aber wenn du stereotyp attraktiv bist, kommst du mit viel mehr durch, andere sind sehr viel netter zu dir“, erklärt die Influencerin saharrooo. Andere berichten von einer „Beautypass“-Community. Diese richtet sich speziell an Models, laut TikTok-Berichten werden aber auch andere „schöne Mädchen“ zugelassen. Mitglieder sollen Zugang zu Gratis-Yogastunden, -Massagen, -Schönheitsbehandlungen und weiteren Dienstleistungen erhalten, wenn sie die Angebote auf Instagram taggen.

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