Manche Gedanken haben das Potenzial, einen nicht mehr loszulassen. Welche schädlichen Auswirkungen das haben kann und wie man gegen Overthinking vorgeht, erklärt Psychologe Umut Özdemir.
Sei es in ruhigen Momenten innerhalb eines Tages voller Termine, auf dem Rückweg vom Einkaufen, beim Sport, in den Augenblicken vor dem Einschlafen, oder gar in sozialen Situationen: Ein bestimmter Gedanke schiebt sich in den Vordergrund der eigenen Aufmerksamkeit und lässt einen nicht mehr los. Das eigene Denken beginnt zu kreisen – und lässt einen dann oftmals ohne Ergebnis zurück.
Aber ab wann denkt man überhaupt zu viel nach? Wann grübelt man, und wann spricht man von Overthinking? Welche Ursachen hat es? Ab wann ist es schädlich? Und wie kann man damit aufhören?
Diese und weitere Fragen beantwortet der der Psychologe Umut Özdemir. In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung beschreibt er, was Overthinking begünstigt und welche Methoden dabei helfen, es einzugrenzen.
Ab wann wird Grübeln schädlich?
Der hauptsächliche Unterschied zwischen Selbstreflexion und Overthinking bestehe laut Özdemir im Mehrwert, den das Denken über einen bestimmten Umstand hervorbringt. „Wenn ich einmal eine Viertelstunde darüber nachdenke, warum ich in einer gewissen Situation auf eine bestimmte Art reagiert habe, fällt das eher unter Selbstreflexion“.
Das kann hilfreich sein: Der Mehrwert könne dann etwa darin liegen, an etwas Neues zu denken oder eine andere Perspektive einzunehmen, erklärt der Psychologe gegenüber der Süddeutschen Zeitung. In der Vorbereitung auf eine ähnliche Situation könne das Menschen weiterbringen.
Schädliches Overthinking hingegen fängt dem Experten zufolge an, wenn man sich in Gedanken selbst abwertet und sich in der Folge schlechter fühlt. Oder, wenn die Person merkt, dass sie bestimmte Gedanken über Tage nicht loslassen. „Es kann sein, dass man sich dann auf nichts anderes mehr konzentrieren kann“, hält Özdemir fest.
Overthinking könne aber auch ein Symptom sein, so Özdemir. Etwa wenn das Grübeln Teil einer sozialen Phobie ist. Oft seien Betroffene dann geneigt, monatelang über denselben Umstand nachzudenken – und entgegen aller Versuche nicht damit aufhören zu können. „Im schlimmsten Fall kann das dazu führen, dass man bestimmte Situationen komplett vermeidet„, stellt der Psychologe heraus.
Was hilft gegen Overthinking?
Als Methode, um die Kontrolle über Gedanken nicht zu verlieren und Overthinking einzudämmen, empfiehlt Özdemir, die Wege eigener Gedankenspiralen möglichst objektiv nachzugehen und zu beschreiben. Dabei helfe auch, sich zu fragen, wann das Overthinking beginnt und warum man sich am Ende schlecht fühlt.
Dabei betont der Psychologe, dass es Übung brauche, um sich selbst beim Denken zu beobachten. „Man kann versuchen, den gedanklichen Weg rückwärts zu gehen und zu schauen, welcher Gedanke zu welchem neuen Szenario im Kopf geführt hat“, legt Özdemir nahe.
Um Overthinking einzugrenzen, empfiehlt der Experte darüber hinaus den sogenannten Gedankenstopp. „Das heißt, dass man sich bewusst etwas anderem widmet. Besonders, wenn man mehrfach über dasselbe nachdenkt und immer zum gleichen Ergebnis kommt oder gar keine Lösung findet.“
Sollte man infolge der möglichst objektiven Beobachtung eigener Gedankengänge bemerken, dass sich bestimmte Denkinhalte wiederholen oder gar angstbesetzt sind, seien einem diese so zumindest einmal bewusst geworden. Einem selbst bleibt so die Möglichkeit, dem Gedanken an einem bestimmten Punkt nicht weiter nachzugehen.
Verwendete Quelle: Süddeutsche Zeitung
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