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Kinder in die Klimakrise setzen? Hoffnungslose Menschen machen SPD-Politiker betroffen

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Karamba Diaby
Fotos: Niklas Gerlach / Unsplash - Leon Seibert

Die Klimakrise ist die größte globale Herausforderung unserer Zeit. Sie greift in alle Lebensbereiche und fordert gesamtgesellschaftliche Strategien. Dazu müssen Perspektiven aus verschiedenen Bereichen gehört werden. Utopia hat deshalb dieselben fünf Fragen fünf Expert:innen gestellt. Das sind ihre Antworten.

Wie wollen wir als Gesellschaft angesichts der voranschreitenden Erderwärmung leben? Eine einfache Antwort auf diese Frage gibt es nicht. Vielmehr müssen unterschiedliche Ansichten integriert werden, um der Klimakrise gesamtgesellschaftlich zu begegnen. Utopia macht mit seinem Format 5 Fragen – 5 Expert:innen den Anfang, wenngleich es noch vieler weiterer Stimmen bedarf: Fünf Menschen aus der Zukunftsforschung, Psychotherapie, Politik, dem Aktivismus und der Migrationsforschung schildern darin ihre Sichtweisen rund um die Klimakrise.

Im vierten Teil der Serie antwortet der SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Karamba Diaby. Er vertritt den Wahlkreis 72 – Halle (Saale) und ist im Fraktionsvorstand der SPD. Diaby, studierter Geoökologe, ist Mitglied im Auswärtigen Ausschuss, im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie im Unterausschuss Globale Gesundheit. Zudem ist er Vorsitzender der Parlamentariergruppe Westafrika und leitet den Gesprächskreis Afrika der SPD-Bundestagsfraktion.

Utopia: Herr Diaby, Die Meldungen zu Hitze-Rekorden, Sturzfluten, Dürren – kurzum Extremwetterereignissen  – überschlagen sich in letzter Zeit. Wenn das der neue Normalzustand wird: Wie müssen wir damit umgehen?

Karamba Diaby: Wir müssen uns dem veränderten Klima und seinen Auswirkungen besser anpassen – das ist auch ein wichtiges Vorhaben unserer Regierungskoalition. Einerseits sind Klimaanpassungsmaßnahmen mit denen beispielsweise auf Hitze, Dürre oder Dauerregen reagiert wird, zum Erhalt unserer Aufenthalts- und Lebensqualität notwendig. Solche Vorhaben werden etwa mit dem Bundesprogramm „Anpassung urbaner Räume an den Klimawandel“ von Bundesbauministerin Klara Geywitz gefördert. Andererseits brauchen wir einen starken Katastrophenschutz, der auch EU-weit gedacht werden muss. Damit meine ich nicht nur die Unterstützung der vielen hauptamtlichen Einsatzkräfte und ihrer Organisationen, sondern auch die Stärkung der vielen Ehrenamtlichen – zum Beispiel der Feuerwehren und des Technischen Hilfswerks (THW).

„Nachhaltige Lebensstile von Familien fördern“

Stichwort lebenswerte Zukunft für nachfolgende Generationen: Manche Menschen zweifeln angesichts der Klimakrise an der Sinnhaftigkeit, überhaupt noch Kinder zu bekommen. Ist das nachvollziehbar und was würden Sie ihnen sagen?

Die Sorgen gerade junger Menschen sind nachvollziehbar und selbstverständlich respektiere ich jede daraus resultierende Entscheidung der persönlichen Familienplanung. Es macht mich sehr betroffen, wenn junge Menschen keine Hoffnung in die Zukunft haben. Für mich heißt das, wir müssen auf verschiedenen Ebenen energisch handeln, um den Klimawandel zu bremsen und mit bereits jetzt eintretenden Auswirkungen umzugehen. Wir müssen als Gesellschaft Anreize schaffen und nachhaltige Lebensstile von Familien fördern.

Keine andere Aktivist:innen-Gruppe polarisiert momentan so sehr wie die Letzte Generation. Sie stößt auf Zustimmung, aber auch auf breites Unverständnis. Ist die gesellschaftliche Mehrheit, die einen derartigen Klima-Protest bislang meidet, nicht empört genug? Sollte sie mehr Widerstand zeigen – und wenn ja, wie?

Die Proteste der Letzten Generation sind sehr umstritten. Das liegt meines Erachtens nicht unbedingt an ihren Zielen, sondern maßgeblich an ihren Aktionsformen. Wer beispielsweise die Blockade von Verkehr oder die Beschädigung von Kulturobjekten ablehnt, muss sich nicht unbedingt gegen den Klimaschutz als solchen stellen. Wir dürfen nicht außer Acht lassen, dass die sichtbarsten Herausforderungen oftmals im Alltag liegen und Fragen des Klimaschutzes von vielen als eine eher ferne und abstrakte Bedrohung wahrgenommen wird. Studien zeigen aber auch, dass viele Bürger:innen bereit wären, in ihrem Alltag etwas zu ändern, wenn sie nur wüssten, wie und was auch tatsächlich nützt. In diesem Sinn sollten wir uns noch stärker für Aufklärung zum Thema und bessere Klimaschutz-Kommunikation einsetzen, auch mit Blick auf die Möglichkeiten von jeder und jedem Einzelnen.

„Bauen unser Netzwerk aus Partnerschaften immer weiter aus“

Was sollte uns angesichts der klimatischen Bedingungen die kommenden Jahre am meisten Sorgen machen – und was gibt uns Hoffnung?

Der Klimawandel wirkt sich bereits auf unser Leben in Deutschland aus: Stärkere Wetterextreme, geringer Niederschlag und sinkendes Grundwasser, erhöhtes Hochwasserrisiko, hohe Waldbrandgefahren oder die Zunahme von Schädlingen in der Landwirtschaft haben Folgen für Ökosysteme, Wirtschaftsbereiche sowie unsere Gesundheit und Lebensqualität. Das ist kein nationales, sondern ein globales Problem. Unsere Bemühungen sollten also von internationaler Zusammenarbeit geprägt sein. So bauen wir unser Netzwerk aus bilateralen und multilateralen Partnerschaften immer weiter aus. Mir macht Hoffnung, dass Menschen weltweit ein wachsendes Bewusstsein für diese riesige Herausforderung haben. Ich glaube, nur so können wir den Klimaschutz politisch und gesellschaftlich weiter vorantreiben.

Wenn Sie einen konkreten Klima-Wunsch an die Bundesregierung frei hätten: welcher wäre das?

Ich wünsche mir eine progressive Zusammenarbeit, damit wir weiterhin Fortschritt auf den Weg bringen können. Vom Klimaschutzprogramm, über die Wärme- und Mobilitätswende bis hin zur vorsorgenden Klimaanpassungsstrategie muss klar sein: Wir brauchen einen sozial gerechten und nachhaltigen Wandel.

Die anderen Teile der Serie 5 Fragen – 5 Expert:innen finden sich hier

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