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„Sprachlenkung ist Gehirnwäsche“: Initiative will Gendern in Behörden verbieten

Gendern
Foto: CC0 Public Domain / Pexels - Sora Shimazaki

Eine Initiative will in Hamburgs Behörden und Schulen das Gendern abschaffen. Demnach sei die gendergerechte Sprache nicht konform mit der deutschen Rechtschreibung und angeblich „sexistisch“ wie „menschenfeindlich“.

Die Hamburger Volksinitiative „Schluss mit Gendersprache in Verwaltung und Bildung“ will das Gendern in Behörden und Schulen im Stadtstaat verbieten. Unterstützung erhält die Initiative vom „Verein Deutsche Sprache“. Die Initiatorin Sabine Mertens sagte gegenüber dem Spiegel, in Schulen und politischen Gremien werde ein „gendersprachlicher Anpassungsdruck ausgeübt“, den sie als „Nötigung“ bezeichnet. Weiter ist sie der Meinung „Sprachlenkung ist Gehirnwäsche“.

Allerdings ist bislang das Gendern in Schulen und in der Verwaltung in Hamburg nicht vorgeschrieben.

Gendersprache grenze Menschen aus

In einem Aufruf zur Initiative, der unter anderem im Hamburger Abendblatt erschienen ist, heißt es, die Gendersprache reduziere Menschen „auf ihr Geschlecht“. Außerdem lehne eine „überwältigende, generationen- und geschlechterübergreifende Mehrheit quer durch alle Bevölkerungsschichten“ das Gendern ab. Weiter heißt es, „Gendersprache sei sexistisch und menschenfeindlich“. Eine gendergerechte Sprache benachteilige den Initator:innen zufolge „bildungsferne und sprachbehinderte“ Menschen. Außerdem befürchtet die Initiative, dass sich durch das Gendern „eine vermeintlich fortschrittliche Elite“ von „normalen“ Menschen abgrenzen würde.

Die Initiator:innen berufen sich auf das Hamburgische Verwaltungsverfahrensgesetz. Im Paragraf 23 heißt es: „Amtssprache ist deutsch.“ Das deutsch orientiert sich am Regelwerk des internationalen Rates für deutsche Rechtschreibung. Der Rat lehnt das Gendern ab.

Der Bundestagsabgeordnete und Hamburger CDU-Vorsitzende Christoph Ploß signalisierte Unterstützung für eine Volksinitiative „zur Verbannung der grammatisch falschen Gendersprache aus Schulen und Behörden“. Die CDU Hamburg fordere dies seit langem, twitterte Ploß. „Ich werde die Initiative voll unterstützen“, kündigte er an – was wiederum Hamburgs Grünen-Verkehrssenator Anjes Tjarks zu einer Replik veranlasste. „Wir kümmern ums derweil um die wichtigen Themen“, twitterte dieser unter Hinweis auf die Mobilitätswende, den Klimaschutz, die Inflation, die Energiesicherheit und bezahlbare Wohnungen.

Gendern nicht vorgeschrieben, aber möglich

Die Gleichstellungssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) verweist jedoch darauf, dass das Gendern in Schulen und der Verwaltung in Hamburg nicht vorgeschrieben sei. Es müsse aber „möglich sein“, sie zu benutzen, sagte sie gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Weiter betont sie, man wolle „keine Vorschriften machen, wie jemand sprechen oder schreiben soll.

Seit 2021 gibt es für Angestellte in Hamburg einen „Hinweise zur geschlechtersensiblen Sprache in der Hamburgischen Verwaltung“. Dadurch sind Mitarbeitende berechtigt auch die geschlechtsneutrale Anrede verwenden. Wie der Spiegel die Sprecherin von Schulsenator Ties Rabe (SPD) zitiert, lernen Schüler:innen in Hamburg demnach „in der Regel“ die weibliche und männliche Form anzuwenden sowie die geschlechtsneutrale Bezeichnungen zu verwenden, wenn alle Geschlechter gemeint sind.

Hamburger Initiative auf dem Prüfstand

Noch wird die Initiative vom Landeswahlleiter geprüft. Mertens geht aber davon aus, dass sie in wenigen Tagen starten können, Unterschriften zu sammeln. Die Initaitor:innen brauchen 10.000 Unterschriften von Wahlberechtigten in sechs Monaten, damit sich die Bürgerschaft mit dem Anliegen beschäftigt. Lehnt das Parlament die Initiative ab, ist ein Volksbegehren möglich. Hierfür braucht es 65.000 Unterschriften innerhalb von drei Wochen. Ein Volksentscheid ist die letzte Möglichkeit. Bei genügend Unterschriften muss das geforderte Genderverbot umgesetzt werden. Wie Initiatorin Mertens dem Spiegel mitteilte, zieht sie alle drei Möglichkeiten in Erwägung.

Kretschmann gegen Gendern an Schulen in Baden-Württemberg

Auch der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) spricht sich gegen das Gendern an Schulen aus. Der dpa sagte er: „Die Schulen müssen sich an das halten, was der Rat für deutsche Rechtschreibung vorgibt. Sonst haben wir am Ende keine einheitliche Rechtschreibung mehr.“ Ihm zufolge sei es „schon schlimm genug, dass so viele unserer Grundschüler nicht lesen können.“ Ihnen müsse man es „nicht noch erschweren, indem man in der Schule Dinge schreibt, die man gar nicht spricht“, so Kretschmann.

Warum wird gegendert?

Das Gendern, beziehungsweise die Gendergerechte oder genderneutrale Sprache, versucht, die Gleichstellung der Geschlechter mit sprachlichen Mitteln zu fördern und abzubilden. Sie soll nicht nur Frauen und Männer gleichstellen, sondern auch nicht-binäre Personen einbeziehen. Daher wird sie oft auch inklusive Sprache genannt. Der Doppelpunkt gilt als die lesefreundlichste Option. Er soll zudem eine bessere Inklusion für Blinde und Sehbehinderte ermöglichen, da Sprachausgabeprogramme den Doppelpunkt automatisch als kurze Pause mitlesen.

In den Artikeln auf Utoipa.de werden aus genannten Gründen geschlechtsneutrale Formen sowie der Doppelpunkt als Genderzeichen für eine geschlechtergerechte Sprache verwendet. 

Hier mehr Informationen dazu: Genderneutral: Darum gehts bei der geschlechtergerechten Sprache

Mit Material der dpa

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