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Studie: Menschen infizieren Tiere und schaffen so „neue Probleme“

Studie: Menschen infizieren Tiere und schaffen so "neue Probleme"
Foto: CC0 Public Domain - Pexels/ Polina Tankilevitch, - Unsplash/ Flavio

Zoonosen sind Krankheiten, die von Tieren auf Menschen übertragen werden. Doch das kann auch andersrum geschehen. Einer Studie zufolge, passiert das wahrscheinlich sogar oft – und mit negativen Konsequenzen, auch für uns Menschen.

Viren können von Tieren auf Menschen übertragen werden – dies ist etwa bei den Erregern für Ebola und Vogelgrippe geschehen. Doch auch andersherum können wir Tiere mit menschlichen Viren anstecken.

Dass dies häufig geschieht, darauf deutet eine Studie hin, die im Fachjournal Nature Ecology & Evolution veröffentlicht wurde. Britische Forscher:innen haben öffentliche Virus-Genom-Datensätze untersucht und kamen zu dem Schluss, dass Menschen Tiere doppelt so oft ansteckten wie umgekehrt. Dies birgt Gefahren für Mensch und Tier.

Viren: Mensch infiziert Tier doppelt so häufig wie umgekehrt

Für die Studie griffen die Forschenden auf circa 12 Millionen virale Sequenzen des National Center for Biotechnology Information (NCBI) zurück. Die Daten des NCBI filterten die Forschenden auf 58.657 qualitätsgeprüfte Virusgenome herunter. Sie stammten von 32 Virusfamilien, die mit 62 verschiedenen Wirbeltierarten in Verbindung stehen. Diese teilten sie in Gruppen auf und untersuchten sie auf mutmaßliche Übertragungen auf andere Arten – auch Wirtssprung oder Spillover genannt. Sie identifizierten 2904 solcher Fälle.

Wirtssprünge zwischen verschiedenen Tierarten waren dabei am häufigsten. 599 Mal waren Menschen involviert: In 64 Prozent der Fälle sprang das Virus von dem Menschen auf das Tier über – hier spricht man von Anthroponosen – und in 36 Prozent vom Tier auf den Menschen (Zoonosen).

Anthoponosen waren also etwa doppelt so häufig als Zoonosen. Die meisten Wirtssprünge waren auf Sars-CoV-2 (Coronavirus), MERS-CoV (welche das Middle East Respiratory Syndrom auslöst) und Influenza A (Grippevirus) zurückzuführen. Außerdem untersuchten die Forschenden Mutationen der viralen Genome bei Wirtswechseln. Im Schnitt nahmen genetische Veränderungen in Viren demnach zu, ehe ein Wirtssprung geschieht.

Anthoponosen stellen auch für Menschen eine Gefahr dar

Hauptautor Cedric Tan vom Genetics Institute des University College London (UCL) warnt in einer Pressemitteilung: „Wenn sich Tiere mit Viren infizieren, die von Menschen übertragen wurden, kann dies nicht nur das Tier schädigen und möglicherweise eine Bedrohung für die Erhaltung der Art darstellen, sondern auch neue Probleme für den Menschen verursachen“.

Er verweist darauf, dass oft große Mengen an Tieren getötet werden müssen, um eine Epidemie zu verhindern. Das würde sich auf die Ernährungssicherheit auswirken. Doch auch andere Risiken gehen mit Anthroponosen einher. Etwa könne ihm zufolge ein Virus, das beim Menschen ausgerottet ist, in einer anderen Tierart weitergedeihen und sich anpassen, um den Menschen wieder zu infizieren.

„Massive Lücken“ in Überwachung von Viren

Die neue Studie zeigt, dass menschliche Viren auf Tiere übertragen werden können – und dass dies wahrscheinlich auch häufiger passiert, als gedacht. Die Autor:innen kritisieren „massive Lücken in der genomischen Überwachung von Viren in Wildtieren weltweit“.  Ihre Forschung habe wahrscheinlich nur „an der Oberfläche gekratzt“.

Auch sei die Virusüberwachung auf solche Erreger konzentriert, die von besonderem Interesse für Menschen sind. Der NCBI-Datensatz konzentriere sich beispielsweise auf Viren, die beim Menschen und bei domestizierten Wirbeltieren verbreitet sind, also bei Schweinen, Hühnern, Rindern und Enten. All das kann die Datenlage und damit auch die Studienergebnisse beeinflussen. Trotzdem ergab ihre Analyse, dass Virus-Übertragungen zwischen Tierarten häufiger sind als zwischen Mensch und Tier. Der Ausmaß des Virenaustauschs im Tierreich sei „unterschätzt“.

Die Forschenden raten dazu, sich nicht nur auf Zoonosen zu fokussieren. Eine Erweiterung des Blickfelds könne im Umgang mit Infektionskrankheiten helfen, die zwischen Mensch und Tier übertragen werden.

Verwendete Quellen: Nature Ecology & Evolution, Pressemitteilung UCL

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