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„Sehr effektive Methode, ein Virus wie einen Tsunami zu verbreiten“

Eine Studie zur Vogelgrippe zeigt, dass sich das Virus besser an Menschen anpasst.
Foto: CC0 / Pixabay / shameersrk

Derzeit grassiert die größte je dokumentierte globale Vogelgrippewelle. Das Virus bedroht die Tierwelt – denn nicht nur Vögel, auch Säugetiere sind betroffen. Eine Virologin blickt deshalb sorgenvoll in die Zukunft und prangert die Massenhaltung von Geflügel an.

Wissenschaftler:innen sind in Sorge. Auf der ganzen Welt grassiert die Vogelgrippe, zuletzt hat sie erstmals das antarktische Festland erreicht, die Tierwelt ist in Gefahr.

Denn es handelt sich um die größte je dokumentierte Vogelgrippewelle, die sich über mehrere Erdteile erstreckt. Der Erreger befällt vor allem Vögel, wurde aber auch bei mehreren Säugetieren gefunden. In Südamerika sind bereits Tausende Robben und Seelöwen dem Virus zum Opfer gefallen. Vor mehr als einem Monat wurden zwei Fälle unter Eselspinguinen auf den Falklandinseln im Südatlantik registriert.

Virologin zur Vogelgrippe: „Panzootie riesigen Ausmaßes“

Virologin Diana Bell von der britischen Universität East Anglia sieht die Hauptschuld dafür bei der Massentierhaltung, wie sie im Interview mit Spektrum erzählt. Sie schätzt, dass bereits mehrere Millionen Vögel am hochpathogene H5N1-Virus gestorben sind.

„Wir stehen einer Panzootie riesigen Ausmaßes gegenüber, einer Pandemie im Tierreich“, sagt Bell, die eine Bedrohung ganzer Arten nicht ausschließt. Als aktuelles Beispiel nennt sie den Nachwuchs von See-Elefanten in Argentinien, der nahezu vollständig starb.

Wildtiere stehen, wie Bell erklärt, nicht nur wegen des Virus unter Druck. Auch der Klimawandel, die Plastikverschmutzung der Natur sowie die Überfischung bedrohen Lebensraum – etwa den von Meeresvögeln, die besonders betroffen sind. „Die Vogelgrippe droht ein weiterer Sargnagel für die Natur zu werden, wenn wir nicht entschlossen handeln“, mahnt die Expertin. Sie glaubt, das Ausmaß würde politisch unterschätzt.

„Fragen Sie, warum das Virus bisher Australien nicht erreicht hat“

„Um das Schlimmste abzuwenden, müssen wir uns mit der Hauptquelle dieses Virus befassen: Das ist die Massenhaltung von Geflügel“, so die Virologin weiter. Denn: Das Virus stammt aus der Geflügelzucht, obgleich Zugvögel für die Weiterverbreitung verantwortlich gemacht werden.

Laut Bell wurden die ersten Infektionen in Europa von Adlern ausgelöst, die illegal aus Thailand über die Grenzen geschmuggelt wurden. Verselbstständigt habe sich die Übertragung allerdings im Laufe der Zeit durch den Import und Export von Geflügel.

Bell erklärt: „Fragen Sie doch mal, warum das Virus bisher Australien nicht erreicht hat, obwohl sehr viele Zugvögel aus der Arktis dorthin ziehen: Australien importiert eben nur ein Prozent des Geflügels, das es konsumiert.“ Die Virologin stellt nicht in Abrede, dass Zugvögel das Virus über weite Erdteile verteilen, allerdings steht es – folgt man ihrer Argumentation – in keinem Verhältnis, ihnen einen Großteil der Ausbreitung zuzuschreiben.

„Effektive Methode, ein Virus wie einen Tsunami zu verbreiten“

„Es ist eben einfacher, wilde Vögel verantwortlich zu machen, als sich mit einer Milliardenbranche wie der Geflügelindustrie anzulegen. Gleichzeitig wird die Epidemie durch Ausbrüche in Farmen beständig befeuert“, kritisiert Bell die Zustände auf jenen Geflügelfarmen, die Tiere auf engstem Raum halten.

Auch sei es ein Problem, dass virenbelastete Rückstände als Dünger verwendet würden. „So etwas nenne ich eine sehr effektive Methode, ein Virus wie einen Tsunami zu verbreiten.“

Deshalb fordert die Expertin ein Umdenken der Geflügelindustrie. Etwa, indem kleine Betriebe ihre Eier von den Tieren selbst legen lassen und die Küken dort auch aufziehen – anstatt sie um die Welt zu transportieren. Sie ist der Meinung, dass vor allem kleine Farmen mehr Tierwohl garantieren können. Der Trend zu „Megafarmen mit über einer Million Tieren“ muss laut Bell aufgehalten werden.

 „Nicht zuletzt ist das auch die beste Prävention gegen eine neue Pandemie.

Quelle: Spektrum

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