Sind am aggressiven Verhalten von Hunden die Halter:innen schuld? Eine neue Studie aus den Niederlanden hat sich dieser Frage gewidmet – und sich die Besitzer:innen der Tiere näher angeschaut.
Was prägt das Verhalten von Hunden? Sind es die Halter:innen selbst? Ineke R. van Herwijnen, eine Wissenschaftlerin an der Fakutält für Veterinärmedizin der Universität Utrecht, ging dieser Frage nach. Konkret untersuchte sie mit ihrem Team Hunde, die im allgemeinen Sprachgebrauch wohl als böse gelten. Sprich: Hunde, die ein extrem aggressives Verhalten an den Tag legten. Sie hatten einem Menschen oder einem anderen Tier schwere Bissverletzungen zugefügt. Die Ergebnisse veröffentlichten die Forschenden in der Public Library of Science (PLOS).
Demnach fand die Studie Hinweise darauf, dass die betroffenen Hunde oft von problematischen Besitzer:innen gehalten wurden. Bislang neigt vor allem die öffentliche Meinung dazu, eine bestimmte Hunderasse für aggressives Verhalten bei den Tieren in den Fokus zu stellen.
Viele Hunde-Besitzer:innen wurden auffällig
Die Wissenschaftler:innen aus Utrecht untersuchten zwar auch die Rasse und klassifizierten 58 Prozent der Hunde als „Typ Pitbull“. Jedoch analysierten die Forschenden auch, in welchen Verhältnissen die Hunde vor ihren Attacken gehalten wurden. Ein neuartiger Ansatz, der in der Forschung bisher kaum verfolgt wurde.
Im Ergebnis zeigte sich, dass die Halter:innen der aggressiven Hunde meist männlich waren (61 Prozent). Die Mehrheit (63 Prozent) von ihnen unternahmen nichts, um ihre Hunde vom Angriff abzuhalten. 20 Prozent verhielten sich sogar selbst aggressiv gegenüber den Opfern der Hunde-Attacken. Nur in einer Minderheit der Fälle (14 Prozent) wurde das Verhalten der Besitzer:innen der Hunde als „kooperativ“ bezeichnet.
Und auch vor der Beißattacke ihrer Hunde verhielten sich viele der Besitzer:innen auffällig: Die Wissenschaftler:innen analysierten die Vorgeschichte und das Strafregister der Halter:innen. Dabei bestimmten sie allgemeine Kategorien, die ihrer Ansicht nach eine Rolle in der Attacke gespielt hatten. Unter anderem stellten sie dabei fest, dass viele Halter:innen durch als „antisozial“ bezeichnete Verhaltensweisen auffällig geworden sind. Damit sind häusliche Gewalt, Drogenmissbrauch, Kindesmisshandlung, aber auch Tierquälerei gemeint.
Bei knapp einem Drittel (29 Prozent) registrierte die Studie sogar zwei oder mehr „antisoziale Verhaltensweisen“. Und 22 Prozent begingen zwei oder mehr Formen von Tierquälerei, wie etwa Gewalt gegenüber dem Hund oder seine Isolation in Zwingern.
Halter:innen "nicht immmer bereit, die Sicherheit der Gesellschaft zu gewährleisten"
Grundlage der Untersuchungen waren zwei Gruppen von Hunden, die aufgrund ihres Verhaltens in den Niederlanden ihren Besitzer:innen weggenommen worden waren. In der ersten Gruppen befanden sich 159 Hunde, die zwischen 2008 und 2010 beschlagnahmt worden waren. Die zweite Gruppe umfasste 215 Hunde, die der Staat zwischen 2020 und Mai 2022 beschlagnahmt hatte.
Auf Basis dieser Stichproben können zwar keine allgemeingültigen Rückschlüsse gezogen werden. Dennoch bildet die Studie Tendenzen ab.
Unter anderem zeigte sich, dass in dem Zeitraum von zehn Jahren zwischen den beiden Stichproben, der Anteil von Mehrfachbissen durch einzelne Hunde zugenommen hat. Im selben Zeitraum erließen die Behörden mehr Sicherheitsmaßnahmen, wie etwa die Verordnung von Maulkörben für Hunde, die bereits durch eine Attacke aufgefallen waren. Dass die betreffenden Hunde also wieder Personen oder Tiere angriffen und infolgedessen beschlagnahmt wurden, legt laut der Studie nahe, dass ihre Halter:innen sich nicht an die Weisungen der Behörden hielten.
Entsprechend schließen die Wissenschaftler:innen mit der Feststellung, dass „ein Teil der Besitzer:innen von beschlagnahmten Hunden möglicherweise nicht immer bereit und/oder in der Lage ist, die Sicherheit der Gesellschaft zu gewährleisten“.
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