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Temu abgemahnt: Manipuliert der Billig-Shop Kund:innen?

Temu abgemahnt: Manipuliert der Billig-Shop Kund:innen?
Foto: Hannes P Albert/dpa

Die Verbraucherzentrale mahnt Online-Händler Temu wegen diverser Verstöße ab. Sie wirft dem Shop Greenwashing und Manipulation vor – außerdem würden wichtige Informationen fehlen. Das Unternehmen habe auf die Vorwürfe reagiert, trotzdem steht eine Klage im Raum.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) hat den Billigshop Temu abgemahnt. Der Verband erklärt in einer Pressemitteilung, er habe mehrere Verstöße im Online-Shop festgestellt.

Unter anderem nutze Temu sogenannte Dark Patterns, welche laut Digital Services Act der EU seit 17. Februar 2024 verboten sind. Die Verbraucherzentrale definiert Dark Patterns als manipulative Designs oder Prozesse, die User:innen zu einer Handlung überreden sollen – in diesem Fall zum Kauf. Als Beispiele nennt der VZBV Hinweise wie „Beeile dich! Über 126 Personen haben diesen Artikel in ihrem Warenkorb“ und „Mehr als 54 Nutzer haben wiederholt gekauft! Warum nicht 2 auf einmal…“.

Sind Produktbewertungen echt?

Außerdem wirft der VZBV Temu vor, Rabatte bei Produkten auszuweisen, ohne dass der Shop weitere Informationen zu den Referenzpreisen liefert. Auch bestimmte Informationen fehlen aus Sicht der Verbraucherschützer:innen – etwa über die Identität von Produktanbieter:innen oder dazu, wie sichergestellt wird, dass Produktbewertungen echt sind.

Dazu behaupte der chinesische Händler, dass Kund:innen den CO2-Fußabdruck der Ware senken könnten, indem sie die Produkte zu einer nahegelegenen Abholstelle liefern lassen. „Dabei haben die Produkte bis zur Zustellung bereits lange Wegstrecken zurückgelegt“, kritisieren die Verbraucherschützer:innen. Für die Klimabilanz wäre der Unterschied also gering – und die Aussage Greenwashing.

Temu-Firma reagiert auf Abmahnung – bald Klage?

Wie der VZBV schreibt, habe Whaleco Technology Limited auf die Abmahnung reagiert. Das Unternehmen ist unter anderem für den Temu-Handel im deutschsprachigen Raum zuständig und ist in Irland registriert. Der Online-Marktplatz ist ein Tochterunternehmen des chinesischen E-Commerce-Riesen Pinduoduo.

Laut VZBV habe Whaleco Technology aber keine Unterlassungserklärung abgegeben, weshalb der Verband bald darüber entscheide, ob er Klage erhebt. „Die Plattform Temu verunsichert und übervorteilt Verbraucher:innen mit willkürlich erscheinenden Rabatten, fragwürdigen Bewertungen und manipulativen Designs, das muss aufhören“, kritisierte VZBV-Vorständin Ramona Pop.

Temu sah sich von den Verbraucherschützer:innenn derweil missverstanden – vor allem bei den Absichten hinter dem Geschäftsmodell der Plattform: Man verpflichte sich, „sicherzustellen, dass unsere Praktiken fair sind“, zitiert die Deutsche Presse-Agentur (dpa) eine Sprecherin. „Wir begrüßen die Möglichkeit, mit Verbrauchergruppen zusammenzuarbeiten, um die Transparenz zu verbessern und unsere Plattform an die lokalen Präferenzen anzupassen.“

Temu wehrte sich auch gegen einzelne Vorwürfe – unter anderem zur Kritik an Rabatten. „Viele unserer Verkäufer sind Hersteller, die traditionell stationäre Geschäfte beliefern“, teilte die Sprecherin weiter mit. Man verwende ihre empfohlenen Preise, die auf denen in den Geschäften basierten, und hebe auf dieser Basis die Einsparungen hervor. Man sei zudem der Ansicht, dass Abholstellen eine umweltfreundlichere Lieferoption seien als die Lieferung nach Hause. Lieferungen würden dadurch gebündelt und mehrere Zustellversuche seien dann nicht nötig. 

Auch zum Vorwurf, Dark Patterns zu verwenden, äußerte Temu sich: „Die Bestands- und Kaufaktualisierungen spiegeln den realen Stand der Lagerbestände wider und sollen den Verbrauchern helfen, informierte Entscheidungen zu treffen, und nicht manipulativ oder zwanghaft sein.“ Die Authentizität von Bewertungen nehme man auch ernst: „Wir löschen oder unterdrücken niemals negative Bewertungen – im Gegenteil, wir stellen spezielle Filter für sie bereit, weil wir glauben, dass sie dazu beitragen können, Händler zu überprüfen und sie dazu zu bringen, ihre Produktqualität und ihren Service zu verbessern“, hieß es. 

Auch diese Tricks nutzen Temu und Shein

Temu verkauft diverse Produkte zu sehr günstigen Preisen. Das Angebot umfasst auch Ultra-Fast-Fashion, also sehr billige Mode, mit noch schnelleren Produktionszyklen als bei H&M, Zara und anderen Fast-Fashion-Marken. Die Ware wird online verkauft und beworben, vor allem in den Sozialen Medien. Außerdem setzen die Händler diverse Taktiken ein, um Menschen dazu zu bewegen, einen Kauf abzuschließen.

Neben den oben beschriebenen Hinweisen nutzen Temu und Konkurrent Shein etwa durchgestrichene Preise, wie Kommunikationspsychologin Anita Habel im Utopia-Podcast erklärt. „Dadurch entsteht ein sogenannter Anker-Effekt, weil wir dann automatisch anfangen, die Preise zu vergleichen“, so die Expertin. Dies löse den Reiz aus, sich das Angebot nicht entgehen zu lassen.

Temu und Konkurrent Shein stehen aus diversen weiteren Gründen in der Kritik. Zum einen wurden in der Vergangenheit Ausbeutung bei der Produktion und schlechte Qualität bemängelt. Auf einigen Produkten fand man zudem Schadstoffe in bedenklichen Konzentrationen. Hinzu kommt, dass der weltweite Lufttransport durch chinesische Ultra-Fast-Fashion-Händler beeinträchtigt wird und die Unternehmen Kosten für Zoll und Steuern mit Tricks umgehen – Utopia berichtete.

Handelsexperten und Verbände hatten zuletzt ein strikteres Vorgehen gegen chinesische Billig-Marktplätzen wie Temu gefordert. Europäische Spielzeughersteller hatten zudem im Februar die Sicherheit von Produkten von Händlern auf der Plattform bemängelt und strengere Kontrollen gefordert.

Auch Frankreich hat vor kurzem rechtliche Schritte gegen Ultra-Fast-Fashion-Konzerne  eingeläutet. Im März wurde Gesetzesentwurf beschlossen, der unter anderem vorsieht, dass Modemarken mit ultraschnellem Produktumsatz Umweltabgaben zahlen müssen – Utopia berichtete. Ein Werbeverbot könnte ebenfalls erlassen werden.

Verbraucherzentrale gibt Tipps für Temu-Einkauf

Die Verbraucherzentrale warnt schon länger vor der Shopping-App Temu und gibt Kund:innen Ratschläge. Zum Beispiel sollten diese sich über geltenden Zollbestimmungen informieren, um zusätzliche Steuern und Zollgebühren zu vermeiden. Auch von Zahlungen auf Vorkasse raten die Verbraucherschützer:innen ab. Bei elektronischen Geräten sollte man auf zugelassene CE-Zeichen achten.

Mit Material der dpa.

Verwendete Quellen: Pressemitteilung VZBV, Verbraucherzentrale Dark Patterns , Verbraucherzentrale Temu

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