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„Verbotsprogramm“: Streit um verschärfte Führerscheinregeln spitzt sich zu

Autofahren
Foto: CC0 / Unsplash - Vladimir Proskurovskiy

Wieder Wirbel um geplante EU-Führerscheinregeln: Eine französische Grünen-Abgeordnete stößt mit Vorschlägen wie Nachtfahrverboten für Fahranfänger:innen auf Widerstand. Kritik kommt auch aus Berlin.

Ein Vorschlag für verschärfte EU-Führerscheinregeln hat heftige Debatten im EU-Parlament ausgelöst. Dabei geht es um einen Vorstoß der französischen Grünen-Abgeordneten Karima Delli, wonach es künftig beispielsweise für Fahranfänger:innen ein Tempolimit außerhalb von Städten von 90 Kilometern pro Stunde geben soll. Zudem will Delli, dass medizinische Tests verpflichtend werden, um die „körperliche und geistige Tauglichkeit“ von Autofahrer:innen zu gewährleisten. Utopia berichtete.

Bei deutschen EU-Abgeordneten stößt das auf deutliche Kritik – auch auf der Seite der Grünen. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) machte am Mittwoch klar: „Klar ist, Deutschland wird den Vorschlägen in dieser Form nicht zustimmen.“ Um die Sicherheit von Fahranfänger:innen weiter zu verbessern, setze Deutschland auf den Führerschein ab 17 Jahren und das begleitete Fahren. Die Einführung verpflichtender Gesundheitstests lehne sein Haus entschieden ab, sagte Wissing.

Kritik am Vorschlag: „Ein einziges Verbotsprogramm“

„Die Vorschläge von Frau Delli sind ein einziges Verbotsprogramm. Sie wettert gegen individuelle Mobilität“, sagte der CDU-Europaabgeordnete Jens Gieseke. An dem Vorschlag kritisiert er unter anderem, dass es für Fahranfänger:innen künftig Nachtfahrverbote geben könnte und sie keine Fahrzeuge von mehr als 1,8 Tonnen lenken dürften.

Viele Transporter, die etwa bei Umzügen genutzt werden, wären damit tabu. „Als CDU und CSU tragen wir einen solchen Unsinn nicht mit“, sagte Gieseke. Der EU-Abgeordnete Jan-Christoph Oetjen (FDP) betonte: „Wir als Freie Demokraten werden alles daransetzen, dass diese unsinnigen Vorschläge nicht in den Gesetzestext kommen.“

Gegenwind auch seitens der Grünen

Gegenwind kam nicht nur von der politischen Konkurrenz. Die deutsche Grünen-Europaabgeordnete Anna Deparnay-Grunenberg kritisierte ihre Parteifreundin ebenfalls. „Wir als deutsche Grüne haben von Anfang an aus deutscher Sicht starke Bedenken angemeldet“, sagte die Verkehrspolitikerin. Es sei problematisch, Mängel bei Sicherheitsstandards und in der Klimapolitik über die Führerscheinrichtlinie beheben zu wollen.

Ein Sprecher der Grünen machte am Abend deutlich: „Die genannten Ideen spiegeln nicht die Position der deutschen Grünen wider, auch nicht der deutschen Grünen im Europäischen Parlament.“

Auch der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Europaabgeordneten, Thomas Rudner, lässt kaum ein gutes Haar an den Vorschlägen seiner französischen Amtskollegin: Es sei widersprüchlich, die Gewichtsgrenze für Pkw-Führerscheine der Klasse B auf 1,8 Tonnen zu senken, wenn aber gleichzeitig 17-Jährige einen 40-Tonner steuern dürften, weil Lkw-Fahrer fehlten. „Das ergibt überhaupt keinen Sinn und kann unter Umständen lebensgefährlich sein!“

Im März wird im Parlament abgestimmt

Angaben aus dem EU-Parlament zufolge soll im Dezember im Verkehrsausschuss über die Vorstöße abgestimmt werden. Ob die französische Abgeordnete Delli eine Mehrheit für ihre Vorschläge findet, ist fraglich. Die Überarbeitung der Führerscheinvorgaben geht auf einen Vorschlag der EU-Kommission vom März zurück.

Derzeit lotet das an der Gesetzgebung ebenfalls beteiligte Europaparlament seine Position zu dem Thema aus, aber auch die Regierungen der EU-Staaten müssen neuen Regeln am Ende zustimmen. Nach SPD-Angaben ist vorgesehen, dass im März final im Parlament über neue Regeln abgestimmt werden könnte.

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