Der Ravensburger Verlag reagiert auf die „vielen negativen Rückmeldungen“, die er zu einem Kinderbuch erhalten hat. Vorlage dafür war eine Neuauflage des Karl-May-Klassikers Winnetou. Kritiker:innen sehen darin unter anderem die Verbreitung rassistischer Stereotype.
Zum Start des Kinofilms „Der junge Häuptling Winnetou“ wollte der Ravensburger Verlag zwei Jugendbücher herausgeben – jedoch hat er sie inzwischen zurückgezogen. Auch ein Puzzle und ein Stickerheft sind von der Rücknahme betroffen. Der Grund: „viele negative Rückmeldungen“, wie Ravensburger selbst in einer Stellungnahme mitteilte. Im Internet waren zuvor Rassismus- und Kolonialismus-Vorwürfe laut geworden. Auch schon an der Verfilmung der Neuauflage des Klassikers von Karl May hat es innerhalb der Deutschen Film- und Medienbewertung eindeutige Bedenken gegeben.
„Winnetous Stamm ist in Not geraten. Als Sohn des Häuptlings muss der Junge beweisen, wie mutig er ist: Um seinen Stamm zu retten, stellt Winnetou sich einem gefährlichen Abenteuer“, hieß es in der Buch-Ankündigung des Ravensburger Verlags.
Verharmlosung des Genozids an amerikanischen Ureinwohner:innen?
Kritiker:innen, die sich auf Twitter und Instagram zu Wort meldeten, sehen darin jedoch die Verbreitung rassistischer Stereotype über die Ureinwohner:innen Amerikas – diese Stereotype hätten ihren Ursprung im Kolonialismus. Auch von einem „romantisierten Völkermord“ ist die Rede sowie von kultureller Aneignung. Damit ist die Übernahme von Bestandteilen einer Kultur in eine andere gemeint. Während marginalisierte Gruppen – wie etwa indigene Völker – aufgrund gewisser Merkmale diskriminiert werden, bereichern sich vorwiegend Weiße an genau diesen.
Der Ravensburger Verlag reagierte daraufhin mit einer Stellungnahme auf Instagram. Darin heißt es: „Euer Feedback hat uns deutlich gezeigt, dass wir mit den Winnetou-Titeln die Gefühle anderer verletzt haben. Das war nie unsere Absicht und das ist auch nicht mit unseren Ravensburger Werten zu vereinbaren. Wir entschuldigen uns dafür ausdrücklich.“
Die Redakteur:innen des Verlags, heißt es weiter, würden sich „intensiv mit Themen wie Diversität oder kultureller Aneignung“ beschäftigen. Mehr noch: Man wolle das bestehende Sortiment „Titel für Titel“ überarbeiten und externe Fachberater:innen zu Rate ziehen, um den „richtigen Umgang mit sensiblen Themen“ zu prüfen. „Die Entscheidung, die Titel zu veröffentlichen, würden wir heute nicht mehr so treffen.“
Bereits scharfe Kritik am Kinofilm – seitens Jury-Mitgliedern der FBW
An dem Kinofilm, zu dem die Titel im Ravensburger Verlag erschienen sind, gibt es ebenfalls Kritik – seitens der Deutschen Film- und Medienbewertung (FBW). So wurde der Film von einigen Jury-Mitgliedern als „kitschiges rückwärtsgewandtes Theaterstück“ bezeichnet, das nichts mit der Realität zu tun habe. Demnach sei Karl Mays literarische Vorlage „eine Lüge, welche den Genozid an den Ureinwohnern Amerikas, und das ihnen zugefügte Unrecht der Landnahme der weißen Siedler und der Zerstörung ihres natürlichen Lebensraumes vollkommen ausblenden würde“.
Trotzdem stufte die FBW den Film als „besonders wertvoll“ ein, wie sie selbst auf ihrer Website begründet. Demnach sei die Mehrheit der Jury-Mitglieder der Ansicht, dass es sich bei Karl May um einen „Märchenonkel“ handle – und daher allseits bekannt sei, dass seine Geschichten reine Fiktion darstellten. Zudem würde die Verfilmung auch Botschaften wie „Frieden zwischen Menschen, egal welcher Herkunft“ sowie „Waffen sind keine Lösung“ enthalten, rechtfertigt die FBW ihre Entscheidung.
Auch das aktuelle Durchgreifen des Ravensburger Verlags löste weitere Kritik aus. Unter dem Stichwort „Cancel Culture“ wird anlässlich der Rücknahme der Bücher über eine angebliche Zensurkultur diskutiert. Auf Twitter etwa kündigten einige Nutzer:innen an, dass sie die Produkte des Verlags nicht mehr kaufen würden.
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