In vielen Briefkästen landet derzeit Werbung, die behauptet, man könne sich unbesorgt eine neue Gasheizung einbauen lassen. Doch das ist gefährlich. Mehrere Organisationen warnen nun.
In mehreren deutschen Städten haben Energieversorger und Netzbetreiber in den vergangenen Wochen Werbung verteilt oder verschickt. Darin heißt es sinngemäß, eine neue Gasheizung sei auch heute noch eine gute Investition. Bald könne sie schließlich einfach mit Wasserstoff oder Biomethan betrieben werden.
Dabei ignorieren die Absender offenbar mehrere eindeutige Fakten: Heizen soll in Deutschland spätestens in 20 Jahren klimaneutral sein, mit fossilen Gasheizungen wird also bald Schluss sein. Und weder Wasserstoff noch Biomethan werden in ausreichender Menge für Heizungen zur Verfügung stehen – schon gar nicht günstig.
Gasheizung klimaneutral betreiben? Warum das kaum möglich sein wird
Deshalb warnen unabhängig voneinander die Deutsche Umwelthilfe (DUH), die Verbraucherzentrale Bayern und das Umweltinstitut München vor der Werbepost.
„Irreführend“ und „gefährlich“ nennt etwa das Umweltinstitut die Behauptungen, welche die „Energienetze Bayern“ in ihren Werbebriefen aufstellen. Dort heißt es offenbar nicht nur, Gasheizungen könnten bald einfach mit Wasserstoff oder Biomethan laufen, sondern seien außerdem der günstigste Heizungstyp. Die baden-württembergischen “Netze Südwest” warben kürzlich mit ähnlichen Begründungen für neue Gasheizungen: Es gebe ab 2030 genügend Wasserstoff in der Region und wasserstofffähige Gasheizungen seien damit besonders günstig.
Warum das nicht stimmt: Fast alle Fachleute und wissenschaftliche Prognosen gehen davon aus, dass weder Wasserstoff noch Biomethan in Zukunft eine relevante Rolle beim Heizen spielen werden. Die sogenannten „grünen Gase“ sind zu knapp, zu ineffizient und zu teuer in der Herstellung sowie zu wichtig anderswo.
Eine aktuelle Umfrage des Fraunhofer-Exzellenzclusters Integrierte Energiesysteme (CINES) zur kommunalen Wärmeplanung zeigt: Kaum eine Kommune in Deutschland prüft derzeit ernsthaft die Umrüstung von Gasnetzen auf Wasserstoff. Wahrscheinlicher ist das Gegenteil: Immer mehr Städte kündigen die Stilllegung ihrer Gasnetze an.
„Greenwashing“ nennt der Geschäftsführer der DUH, Jürgen Resch, gegenüber der Stuttgarter Zeitung daher die Werbeversprechen. Er spricht von einer „dreisten Wasserstoff-Lüge“ und warnt vor einer „Kostenfalle“ für Verbraucher:innen.
Darum wird das Heizen mit Gas bald richtig teuer
Der Einbau einer neuen Gasheizung – auch einer „H2 ready“ oder „wasserstofffähigen“ Gasheizung – kostet zwar heute oft weniger als eine Wärmepumpe oder Pelletheizung. Energieversorger, Netzbetreiber und Heizungshersteller werben deshalb gern mit niedrigen Gesamtkosten. Doch sie berücksichtigen dabei nicht die steigenden Gaskosten.
„Unseriös“ nennt die Verbraucherzentrale Bayern entsprechende Werbebotschaften deshalb. Denn schon sehr bald werden die Heizkosten für Gasheizungen massiv steigen.
- Dafür sorgt zum einen der steigende CO2-Preis. Weil dieser sich ab 2027 frei am Markt für Emissionszertifikate bildet, rechnen Fachleute mit einem sprunghaften Anstieg. Laut einer Analyse von CO2Online könnte sich allein der CO2-Preis pro Gasheizung über die kommenden 20 Jahre auf rund 15.000 Euro summieren.
- Hinzu kommen steigende Gasnetzentgelte: Je weniger Haushalte an Gasnetze angeschlossen sind, desto höher die Entgelte für die verbliebenen Kund:innen. Irgendwann werden die meisten Gasnetze nicht mehr rentabel sein und stillgelegt werden.
- Und selbst im äußerst unwahrscheinlichen Fall, dass irgendwann Wasserstoff oder Biomethan durch die Gasleitung fließt, führt das zu höheren Kosten bei den Gaskund:innen. Denn da die Herstellung so aufwendig und die Kapazitäten so begrenzt sind, sind Wasserstoff und Biomethan teuer.
Nicht auf Werbung hereinfallen: Neue Gasheizungen sind ein Kostenrisiko
Das Umweltinstitut warnt in deutlichen Worten davor, sich von Werbepost oder vermeintlich günstigen Angeboten für neue Gasheizungen locken zu lassen.
Vom Einbau neuer Gasheizungen, also auch „hybriden“ oder theoretisch „wasserstofffähigen“ Heizungen, raten wir dringend ab.
Umweltinstitut München
👉 Fazit: Dass Gasheizungen in Zukunft klimaneutral mit Wasserstoff oder Biomethan laufen, ist höchst unwahrscheinlich, hohe Heizkosten dagegen fast unvermeidlich. Alles spricht also dagegen, heute noch eine neue Gasheizung anzuschaffen. Selbst, wenn man die klimaschädlichen Emissionen ignoriert: Das Kostenrisiko ist zu hoch.
Tipp: Eine Energieberatung kann helfen, herauszufinden, welches alternative Heizungssystem sich für dein Haus eignet. Am häufigsten kommen eine Wärmepumpe oder Holzpellets infrage, je nach Standort auch Fernwärme. Wichtig: Qualifiziert für die staatlichen Förderprogramme sind nur Energieberater:innen auf der offiziellen Liste für Energieeffizienz-Experten.
Um die Suche nach einem passenden Angebot abzukürzen, kannst du deine Adresse und Telefonnummer bei Portalen wie Aroundhome oder Enter hinterlassen. Die Plattformen vermitteln dir dann unverbindliche Angebote für zertifizierte Energieberater:innen, die förderfähige individuelle Sanierungsfahrpläne (iSFP) erstellen können.
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