In den USA regt sich Protest gegen Aldi. Der Vorwurf: Schweine und Hühner würden unter grausamen Bedingungen gehalten, die in Deutschland – dem Herkunftsland des Discounters – verboten sind.
Aldi Süd sieht sich als „Vorreiter“ in Sachen Tierwohl. So steht es jedenfalls auf der Unternehmenswebsite. Als Belege nennt der Discounter unter anderem die Erstplatzierungen bei Tierwohl-Rankings von Greenpeace und der Albert-Schweitzer-Stiftung. Innerhalb Deutschlands scheint sich Aldi Süd also tatsächlich mehr um Tierwohl zu kümmern als die anderen Discounter und Supermärkte.
Doch auf der anderen Seite des Atlantiks gibt es derzeit Kritik an der Schweine- und Hühnerhaltung in den Lieferketten des deutschen Unternehmens, dem auch die Aldi-US-Filialen gehören. Die Tierschutzorganisation Animal Equality behauptet, die Zulieferer von Aldi US würden Schweine und Hühner unter tierquälerischen Bedingungen halten. „Das deutsche Unternehmen lässt zu, dass Schweine während ihrer gesamten Trächtigkeit und Hühner fast ihr ganzes Leben in Käfigen fristen müssen. Denn bei den Zuliefererbetrieben der US-Filialen setzt ALDI Süd noch immer auf Käfighaltung“, heißt es in einem Post von Animal Equality Germany auf Instagram:
Die Tierschutzorganisation protestierte bei Neueröffnungen von Aldi-Süd-Filialen auf der Straße, um auf die mutmaßlichen Missstände bei den Zulieferern des Discounters hinzuweisen. Darüber hinaus hat Animal Equality Germany eine Petition gestartet, die bereits über 20.000 Unterschriften hat (Stand: 05.09.2024). Außerdem bietet der Verein auf der Petitionsseite auch eine vorformulierte E-Mail an, die Interessierte in ihrem Namen an Aldi Süd schicken können, um das Unternehmen zum Umdenken aufzufordern.
Käfighaltung: In Deutschland (noch nicht ganz) verboten
Einer der Vorwürfe von Animal Equality lautet, dass die Betriebe, von denen die US-amerikanischen Aldi-Süd-Filialen ihr Fleisch beziehen, Schweine während ihrer gesamten Trächtigkeit in Käfighaltung halten. Diese sogenannte Kastenstandhaltung ist in Deutschland verboten – allerdings nicht komplett. Denn die entsprechende Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung gewährt eine Übergangsfrist bis 2029. Danach müssen Schweine im Deckzentrum, also dem Teil des Stalls, wo sie künstlich besamt werden, in Gruppen gehalten werden.
Für den Abferkelstall, wo die trächtigen Tiere ihren Nachwuchs bekommen, gilt die Übergangsfrist sogar bis 2036 – und selbst danach dürfen die Tiere bis zu fünf Tage rund um die Geburt im Kastenstand gehalten werden. Schon jetzt gilt aber, dass die Schweine auch während ihrer Trächtigkeit einige Wochen in der Gruppe gehalten werden müssen. Ein Vorgehen, wie es Aldi Süd in den USA vorgeworfen wird, wäre in Deutschland nicht erlaubt.
Bei den Hühnern verwenden die Zulieferer von Aldi Süd laut Animal Equality Legebatterien. Diese Form der Käfighaltung auf engstem Raum ist in Deutschland seit 2010 und in der EU seit 2012 verboten. Jedes Huhn wird dabei auf einem Platz gehalten, der kleiner als ein DIN-A4-Blatt ist.
Sowohl der Kastenstand bei Schweinen als auch die Legebatterien bei Hühnern hindern Tiere daran, ihre natürlichen Verhaltensweisen auszuleben, kritisiert Animal Equality Germany: „Schweine in Kastenständen können sich nicht einmal umdrehen oder mehr als einen Schritt gehen“ und „Hühner in Legebatterien können nicht einmal ihre Flügel ausbreiten“, heißt es im Petitionstext.
Wie reagiert Aldi Süd auf die Vorwürfe?
Auf Anfrage von Utopia verweist Aldi Süd auf die „Initative Tierwohl“, mit der sich der Discounter seit 2015 für die Förderung tiergerechterer und nachhaltigerer Fleischerzeugung einsetzt. Seit 2020 ist Aldi Süd außerdem Teil der Europäischen Masthuhn-Initiative, deren Ziel es ist, die Tierschutzstandards in der Hühnermast zu erhöhen.
Der Discounter betont gegenüber Utopia: „Aldi Süd geht in Deutschland mit seinen Initiativen weit über die gesetzlichen Rahmenbedingungen hinaus. Daher erwartet Aldi Süd auch von seinen Lieferant:innen die Einhaltung der hohen Standards. Damit ebnet das Unternehmen den Weg für bessere Haltungsbedingungen in Deutschland und der gesamten Branche.“
All das gilt aber nur für Deutschland. In den USA komme es aufgrund struktureller und kultureller Besonderheiten, beispielsweise anderer landwirtschaftlicher Strukturen zu marktspezifischen Unterschieden. „Die Marktbedingungen in den USA sind anders als in Deutschland und Entscheidungen treffen die Länder daher eigenständig“, so Aldi Süd. Das Unternehmen schließt also nicht explizit aus, dass die Vorwürfe zutreffen. Utopia hat daher auch bei Aldi US nachgefragt. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels lag jedoch noch keine Antwort vor.
Verwendete Quellen: Animal Equality Germany, Aldi Süd (Website), Mailverkehr mit Aldi Süd
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