Die Ernährungsfrage ist laut Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) eine Umwelt-, Gesundheits- sowie Gerechtigkeitsfrage. Deshalb arbeitet er an einer umfassenden Ernährungsstrategie für Deutschland. Erste Eckpunkte sind bekannt.
Weniger Fleisch, Salz und Zucker – dafür mehr pflanzliche Nahrungsmittel: Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) wirbt für einen gesünderen und nachhaltigeren Konsum. Essen soll demnach dem Körper guttun und künftig auch besser für die Umwelt sein, lautet das Ziel. „Alle sollen sich gut ernähren können“, sagte Özdemir am Mittwoch im ARD-Morgenmagazin.
Gemeinsam mit Vertreter:innen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft plant der Grünen-Politiker eine umfassende Ernährungsstrategie. Es gehe Özdemir auch darum, dass sich einkommensschwächere Menschen nicht mit ungesunden Produkten „abfinden“ müssten. Der Landwirtschaftsminister kommt selbst aus einer „Arbeiterfamilie“, wie er sagt. Und habe sich jahrelang von „Currywurst und Pommes“ während der Schulzeit ernährt. Doch sei es problematisch, dass inzwischen jedes sechste Kind „übergewichtig“ ist.
Die Ernährungsfrage sei eine Umwelt-, Gesundheits- wie auch eine Gerechtigkeitsfrage. Hinzu kommt: Fast elf Millionen Tonnen Lebensmittel landen laut dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) pro Jahr in Deutschland im Müll. Berechnungen der Deutschen Umwelthilfe legen nahe, dass die Lebensmittelverschwendung zehn Mal höher ist als bisher gemessen.
Ernährungsstrategie: Bio-Anteil von 30 Prozent in deutschen Kantinen
Eine Maßnahme der Ernährungsstrategie umfasst die Festlegung eines Bio-Anteils von 30 Prozent in deutschen Kantinen. „Für private Anbieter planen wir ein einfaches System, mit dem der Bio-Anteil eingängig und schnell ausgelobt werden kann“, sagte Özdemir in einem Interview mit dem Tagesspiegel. Gleichzeitig stellte er klar: „Niemand wird zwangsweise zum Vegetarismus bekehrt, aber wir müssen Anreize für eine gesündere Ernährung schaffen.“
Die Ernährungsstrategie soll, so Özdemir in der ARD, dafür sorgen, dass es auch in Schulen ein „vollwertiges gesundes Essen“ gibt. Der Grünen-Minister betont, dass die Nahrungsmittel auch aus der Region stammen sollten. Saisonalität sieht die Strategie, die in der Umsetzung bislang vage bleibt, ebenfalls vor.
Standards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung sollen verbindlich werden
Özdemir will, wie die Tagesschau schreibt, dass die Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung verbindlich werden. Sie sehen unter anderem eine Ernährung mit weniger Fett, Salz und Zucker vor.
Allerdings bleibt bislang offen, wie sich Menschen angesichts der Inflation und teureren Lebensmittelpreise auch privat gesünder ernähren sollen. Zwar hat die Bundesregierung Hilfen in der Energiekrise auf den Weg gebracht; außerdem steigen mit dem neuen Bürgergeld die Regelsätze um gut 50 Euro. Allerdings geht das dem Sozialverband VDK nicht weit genug.
Laut Tagesschau fordert er höhere Regelsätze. Damit gesundes Essen bezahlbar bleibe, müsse zudem die Mehrwertsteuer auf bestimmte Produkte abgeschafft werden. Es geht demnach vor allem um frisches Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte, fordert Verbandspräsidentin Verena Bentele. Auch der VDK ist an der Ausarbeitung der neuen Ernährungsstrategie beteiligt. Bentele hält das Unterfangen dem Bericht zufolge für ein wichtiges Vorhaben.
Utopia meint
Auch für das Klima ist es das. Laut Bundesumweltministerium beträgt der Anteil der Ernährung an den Treibhausgasemissionen in Deutschland 145 Millionen Tonnen pro Jahr. Zum Vergleich: Die Emissionen durch den Verkehr liegen bei knapp 171 Millionen Tonnen. Einen großen Anteil an den Emissionen haben die Tierhaltung in der Landwirtschaft, die Düngung, auch der Transport von Lebensmitteln trägt zum CO2-Ausstoß bei. Die Hälfte der Fläche Deutschlands wird für die Landwirtschaft genutzt und davon wiederum die meiste für die intensive Landwirtschaft. Diese ist eine wesentliche Ursache für die Gefährdung vieler Tier- und Pflanzenarten. Eine pflanzlichere Ernährung, wie sie Özdemir vorantreiben will, leistet zudem einen Beitrag für mehr Tierwohl.
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