Treibhausgase befeuern die Klimakrise, Menschen leiden. Die Welternährungsorganisation (FAO) sieht eine Möglichkeit, um gegenzusteuern, in „produktiveren Nutztieren“. Warum die UN-Organisation damit ihre Aufgabe verfehlt. Ein Kommentar.
Die Art, wie wir uns ernähren, hat Folgen für das Klima. Das ist unlängst bekannt. Einer jüngsten Studie der Welternährungsorganisation (FAO) zufolge macht der weltweite Viehbestand zwölf Prozent des menschlichen Treibhausgasausstoßes aus. Tendenz steigend, vermutet die FAO. Denn global betrachtet nimmt der Hunger auf Fleisch, Milch und Eier zu.
Es handelt sich um einen höchst problematischen Aufwärtstrend: Nicht nur die Tiere leiden unter der Fleisch- und Milchindustrie. Der Futtermittelanbau zerstört die Umwelt – und das Methan der sogenannten Nutztiere befeuert die Erderwärmung.
Die meisten Emissionen der Fleisch- und Milchproduktion, etwa 60 Prozent, entstehen laut der FAO-Analyse unmittelbar durch die Blähungen und Ausscheidungen von Kühen und Co. Rinder machen tatsächlich den größten Anteil der Treibhausgasemissionen aus: etwa 62 Prozent.
Auswüchse der Fleisch- und Milchindustrie
Demnach haben die restlichen rund 40 Prozent indirekte Ursachen: zum Beispiel die Produktion von Pflanzenschutzmitteln, Düngern für Tierfutter, Viehtransporte, aber auch die Rodung von Urwald für Felder und Plantagen – zur Herstellung von Tierfutter. Die Daten der FAO beziehen sich auf das Jahr 2015.
Schon damals wurden weltweit enorm viele tierische Nahrungsmittel produziert:
- 810 Millionen Tonnen Milch
- 78 Millionen Tonnen Eier
- 330 Millionen Tonnen Fleisch
Eine andere kürzlich veröffentlichte Studie mit Daten aus dem Jahr 2019 beleuchtete erstmals einen weiteren Auswuchs der Fleischindustrie: Tiere, die gezüchtet und getötet werden, nur damit sie im Abfall landen. 77,4 Millionen Tonnen Fleisch sind es entlang der globalen Lebensmittelversorgungskette. Das macht laut Studie 18 Milliarden Tiere aus.
Mit wirtschaftlichem Wachstum, so kommt die FAO zu dem Schluss, steigt auch der Fleischkonsum an. Das Wachstum der Weltbevölkerung werde dazu führen, dass der Konsum von tierischem Eiweiß von 2020 bis 2050 um rund ein Fünftel (21 Prozent) zunehme, heißt es. Es dürfte keine steile These sein, dass damit vermutlich auch die Anzahl der Tiere, die im Müll landen, steigt.
Treibhausgase reduzieren? Laut FAO mit „produktiveren Nutztieren“
Wie also gegensteuern, um Emissionen zu reduzieren? Laut FAO sei der effektivste Weg die Erhöhung der Produktivität entlang der Produktionskette. Heißt unter anderem: eine höhere Milchleistung pro Kuh. Die Idee ist so absurd wie alt.
Chinesische Forscher:innen ist es bereits gelungen, Kühe zu klonen, die ungewöhnlich viel Milch produzieren. Sie sollen bis zu 18 Tonnen Milch pro Jahr produzieren können. Zum Vergleich: Noch vor 100 Jahren erbrachte die deutsche Durchschnittskuh nicht einmal 2000 Liter Milch im Jahr.
Dass ausgerechnet eine UN-Organisation, deren Aufgabe die Verbesserung des Lebensstandards der Menschen vor allem in ärmeren Ländern ist, zu so einem Schluss kommt, grenzt an Hohn. Sind es doch Staaten wie Brasilien, die unmittelbar die Abholzung für den Soja-Futtermittelanbau zu spüren bekommen. Und mehr Milchleistung ist in der Regel mit mehr Futtermitteln – ergo Waldschwund – verbunden. Wie gravierend der Rückgang von Regenwald, einer essenziellen CO2-Senke, für die Klimakrise und damit für die Menschen ist, sollte der FAO inzwischen klar sein.
Oder die UN kümmert sich mal wirklich um einen besseren Lebensstandard
Wie kann es also sein, dass es „produktivere Nutztiere“ als ernst gemeinte Handlungsoption in ein Fazit einer UN-Organisation schaffen? Die FAO verweist in ihrer Analyse auch auf den Verzicht von Fleisch, vor allem in reichen Ländern. Dieser sei ebenfalls ein Weg zur Minderung der Emissionen, heißt es in der Studie. Allerdings seien die Auswirkungen begrenzt, würde das stattdessen verzehrte Obst und Gemüse in Treibhäusern angebaut oder per Flugzeug transportiert.
Verwiesen wird hier auf eine Studie mit 37 Ländern. Die FAO lässt dabei jedoch außer Acht, inwiefern sich der regionale Anbau von Produkten bewerkstelligen ließe – und noch wichtiger: Welche Felder und Ressourcen für den Obst- und Gemüseanbau durch den Wegfall der Fleischproduktion frei werden würden. Vor allem, wenn es nicht mehr um Exporte für reiche Industrienationen geht. Um ausnahmsweise auch mal die Menschen vor Ort zu ernähren. Ihnen wirklich zu helfen, so wie es die Aufgabe der UN wäre.
Quelle: FAO
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