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Radfahren in der Großstadt: Diese 9 Dinge habe ich dabei gelernt

Fahrradfahren in der Großstadt München
Fotos: CC0 PublicDomain / Pexels - Chuck Henjes,Bianca Gasparoto

Großstadt und Fahrrad – wie passt das zusammen? Sechs Jahre bin ich beinahe täglich durch München geradelt und habe einiges erlebt. Die wichtigsten Erfahrungen teile ich im Artikel – und verrate, welche Fehler ich keinesfalls wiederholen möchte.

Ich liebe mein Fahrrad – genauer gesagt meine zwei: Ich habe ein Mountainbike und ein Alltagsrad, liebevoll Bahnhofsradl genannt. Inzwischen fahre ich hauptsächlich in der Kleinstadt und auf dem Land Fahrrad, doch ich bin mehr als sechs Jahre lang mehrmals die Woche durch die bayerische Landeshauptstadt gestrampelt – und das sehr gerne. Allerdings habe ich einige Erfahrungen gesammelt, auf die ich gerne verzichtet hätte. Meine wichtigsten Tipps habe ich deshalb zusammengefasst.

Fahrradfahren in der Millionenstadt München

München hat rund 1,51 Millionen Einwohner:innen – und noch mehr Menschen, die sich jeden Tag in der Stadt fortbewegen. Über die Hälfte der Wege legen die Münchner:innen einer Studie zufolge täglich zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurück. Das sorgt für ein hohes Verkehrsaufkommen auf den Fuß- und Radwegen sowie auf den Straßen.

Und auch wenn die Landeshauptstadt bereits 95 Fahrradstraßen mit einer Gesamtlänge von rund 44 Kilometern installiert hat, bleibt das Radfahren in München stellenweise gefährlich, anstrengend und chaotisch. Folgende Dinge habe ich gelernt:

1. Das Fahrrad ist oft das schnellste Verkehrsmittel

Ab in den Sattel und los: Beim Radfahren muss man auf keine U-Bahn warten, auch eine lästige Parkplatzsuche kann man sich sparen. Wer mit dem Fahrrad unterwegs ist, kommt deshalb schnell von A nach B.

Zwar bremsen einen Ampeln natürlich zeitweise aus, doch mit dem Fahrrad steht man nicht im Stau und kann den schnellsten und direkten Weg nehmen, anders als oft beim ÖPNV. Besonders nachts oder am Wochenende, wenn die Öffi-Taktung schlecht(er) ist, ist man mit dem Rad deutlich schneller.

2. Man lernt die Stadt besser kennen

Ein weiterer Pluspunkt beim Radfahren: Man lernt die Stadt und ihre Straßen viel besser kennen, als wenn man nur mit U- und S-Bahn unterwegs ist. Das verbessert die Orientierung ungemein.

3. Klingel, Licht und gute Bremsen – absolute Must-haves

Zu einem verkehrssicheren Fahrrad gehören funktionierende Bremsen, Licht und eine Klingel sowieso dazu. Alle drei Dinge habe ich im Stadtverkehr aber besonders zu schätzen gelernt:

  • München hat einige „Berge“, bergab kommt teils ein ordentliches Tempo zustande. Umso wichtiger, dass man am Bergende – das oft eine Kreuzung ist – schnell zum Bremsen kommen kann.
  • In der Nacht, Dämmerung und besonders im Winter wird man ohne Licht zu schnell übersehen. Außerdem kostet es eine Geldstrafe, wenn man im Dunkeln ohne Licht von der Polizei erwischt wird.
  • Auf den Fahrradwegen ist man in München nie allein unterwegs, auch viele Fußgänger:innen überqueren sie. Eine laute Klingel hilft, um sich Vorfahrt zu verschaffen.

4. Ein Fahrradhelm bringt Sicherheit

Modisch werden Fahrradhelme oft verteufelt und ich gebe es zu: Früher bin auch immer „oben ohne“ Rad gefahren. Doch beim hohen Verkehrsaufkommen in München fühlte ich mich oft unsicher und kaufte mir deshalb einen Helm – eine ziemlich schicken wie ich finde.

Ich merkte schnell, dass ich mich mit Fahrradhelm besser fühlte und sehr unsicher, wenn ich ihn doch zuhause vergessen hatte. Ich würde allen Zweifler:innen ans Herz legen, bewusst einen Monat lang mit Helm zu fahren und zu schauen, ob es wirklich stört oder man sich nicht doch schnell daran gewöhnt. Denn ein Fahrradhelm kann bei Unfällen im Zweifel Leben retten.

5. Nicht nur Sonnenschein bedeutet Fahrradwetter

„Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung“ – in diesem Spruch steckt auch beim Radfahren sehr viel Wahrheit. Man könnte bei der Fahrradkleidung eine ähnliche modische Diskussion aufwerfen wie bei den Fahrradhelmen, Fakt ist aber: Ein Regenponcho oder eine Regenhose schützen zuverlässig bei Nässe und Handschuhe sind in der kalten Jahreszeit ein Muss.

Wer sich nicht komplett neu ausstatten möchte, kann in eine gute Regenjacke und einen Regenüberzug für den Rucksack investieren – und darin ein Wechsel-T-Shirt mitnehmen, falls man beim Radfahren ins Schwitzen kommt.

6. Straßenkreuzungen sind gefährlich

Wer in München die eigene Radstrecke zur Arbeit gedanklich durchgeht, kann mindestens einen Verkehrspunkt nennen, der potenziell gefährlich ist. Besonders oft sind das meiner Erfahrung nach Kreuzungen, an denen Autos rechts abbiegen.

Trotz durchgängiger Fahrradspur und grüner Ampel bremse ich dort ab, wenn Autos in der Nähe sind. Denn viel zu oft habe ich Fast-Unfälle und Unfälle beobachtet oder bin selbst nur sehr knapp einem Auto ausgewichen. Ohne Autofahrer:innen schlechtreden zu wollen, wünsche ich mir hier mehr Aufmerksamkeit und Rücksicht aller Verkehrsteilnehmer:innen.

7. Ruhig 5 Minuten mehr Zeit investieren

Gefährliche Kreuzungen und vielbefahrene Straßen kann man in einer Großstadt oft aber auch gut umgehen, wenn man eine andere, möglicherweise etwas längere Route wählt. Entlang der Isar und durch den Englischen Garten lässt es sich beispielsweise super radeln – wenn nicht gerade purer Sonnenschein herrscht und sich die halbe Stadt dort aufhält.

8. Überholen ja, aber nicht um jeden Preis

Doch man hat nicht immer fünf Minuten mehr Zeit, wie gerade beschrieben. Wenn es schnell gehen muss, darf man andere Radfahrer:innen deshalb ruhig überholen. Allerdings mit Vorsicht und ohne, dass man ihnen den Weg abschneidet.

Radfahren in der Stadt
Wer es beim Radfahren in der Stadt eilig hat, sollte trotzdem nur rücksichtsvoll überholen. (Foto: C0 Public Domain / Unsplash – Ross Sneddon)

Zu oft habe ich erlebt, dass ich von anderen überholt wurde und dabei so ausweichen musste, dass ich kurz ins Straucheln kam. Zur Rushhour habe ich mir deshalb angewöhnt, zwar zügig durch die Stadt zu fahren, mich aber nicht stressen zu lassen. Stattdessen mache ich mir einen Spaß daraus, zu beobachten wie die überholenden Raser:innen an genau der gleichen Ampel wie ich wieder stehen bleiben müssen.

9. Erprobte Survival-Tipps beim Radfahren in der Großstadt

Zum Ende meine wichtigsten Erkenntnisse, die ich vom Radfahren in der Stadt mitgenommen habe:

  • Radwege (und Bürgersteige) werden im Winter benachteiligt. Liegt in der Stadt Schnee oder es herrscht Glätte, sind Radwege oft schlechter geräumt als Straßen. Es kann sich deshalb auszahlen, auf die Straße auszuweichen – und das Hupen von Autofahrer:innen einfach zu überhören.
  • Auf den Radweg gehören nur Radfahrer:innen. Seit ich in der Stadt viel Rad gefahren bin, achte ich selbst besser darauf, als Fußgänger:innen die Radwege freizuhalten. Das ist nicht nur rücksichtsvoll, sondern verhindert Unfälle.
  • Ein gutes Fahrradschloss lohnt sich. Mir wurde in München bereits ein Rad gestohlen, weil es nicht gut abgesperrt war. Seitdem achte ich darauf, mein Rad mit einem stabilen Schloss sicher abzusperren.
  • Straßenbahnschienen sind tückisch. Fahrradreifen können blöd in den Schienen stecken bleiben oder die Schienen dafür sorgen, dass das Rad ins Wanken gerät. Wann immer möglich, sollte man den Schienen ausweichen und sie nicht überqueren.
  • Parkende Autos ebenso. Bei parkenden Autos ist die Gefahr zu groß, dass jemand von innen die Tür öffnet, ohne sich nach anderen Verkehrsteilnehmer:innen umzusehen. Mit dem Rad ist man unter Umständen zu schnell, um rechtzeitig zu reagieren. Deshalb besser einen großen Bogen um parkende Autos fahren.

Trotz einiger Schwierigkeiten und Gefahren finde ich, dass man eine Stadt vom Fahrradsattel aus von ihren schönsten Seiten kennenlernt und gleichzeitig das beste Fortbewegungsmittel von allen nutzt.

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