Bis zu 30 Prozent mehr Leistung? So viel schaffen bifaziale Photovoltaik-Module wirklich

bifaziale Solarmodule auf einem Carport-Dach
Foto: CC0 Public Domain / Pexels – Kindel Media

Hersteller von bifazialen PV-Modulen versprechen bis zu 30 Prozent mehr Strom. Das ist unrealistisch. Wir erklären, mit wie viel du wirklich rechnen kannst und wo die Grenzen liegen.

Die Gesamtleistung einer Solaranlage wird in der Regel nicht durch den Preis oder den Bedarf begrenzt, sondern durch die verfügbare Fläche. Denn mit rund zwei Quadratmetern nimmt bereits ein einzelnes PV-Modul viel Platz ein. Wenn das Dach voll ist, ist die Leistungsgrenze damit erreicht.

Noch stärker macht sich der Platzbedarf bei Balkonkraftwerken bemerkbar: Meist kann man nur etwa ein bis zwei Module ans Balkongeländer hängen. Das entspricht 850 bis 900 Wp. Dabei wären laut Gesetz für Balkonkraftwerke in Mietwohnungen bis zu 2.000 Wp erlaubt.

Jedoch gibt es eine Lösung, die mehr Strom aus derselben Fläche rausholen kann: bifaziale Module.

Was sind bifaziale PV-Module?

Solarmodule sind wie ein Sandwich aufgebaut. In der Mitte befinden sich die Solarzellen, oben und unten je eine schützende Schicht. Während diese auf der Oberseite aus Glas besteht, damit die Sonnenstrahlen durchkommen, befindet sich auf der Unterseite eine Kunststofffolie.

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Bifaziale Solarmodule hingegen besitzen auch auf der Rückseite eine Glasscheibe, sodass von beiden Seiten Licht auf die Zellen trifft. Da es sich dabei um die von der Sonne abgewandte Seite handelt, bekommt die Rückseite aber nur diffuses Streulicht ab, das von der Umgebung reflektiert wird. Das ist nicht so energieintensiv wie das direkte Sonnenlicht, erhöht aber dennoch die Stromproduktion des Moduls. Das gilt besonders für helle Umgebungen wie auf Schnee oder Sand.

Grafik: Aufbau bifaziale vs. monofaziale Solarmodule
Durch die Glasplatte auf der Rückseite können bifaziale Module mehr Licht einfangen und zu Strom umwandeln. (Grafik: Utopia – Basti Barsch)

Lange Zeit waren bifaziale Module teurer als monofaziale Modelle. Deswegen wurde sie vor allem in Solarparks eingesetzt, wo die Effizienz besonders wichtig war. Mittlerweile kosten bifaziale Module so wenig (ein Modul bekommst du bereits ab 50 Euro), dass sie immer mehr zur Standardausstattung werden – vor allem bei Balkonkraftwerken.

Die Vorteile und Nachteile von bifazialen Solarmodulen

Bifaziale Module ermöglichen also eine höhere Stromproduktion auf der gleichen Fläche wie ein monofaziales Modul. Ihre Bauweise bietet jedoch noch einen weiteren Vorteil: Die zusätzliche Glasfläche schützt die Rückseite besser vor Umwelteinwirkungen wie Feuchtigkeit und Staub. Die Schutzfolien auf monofazialen Modulen hingegen können irgendwann Risse bekommen.

Als Lebensdauer der PV-Module kannst du mit mindestens 25 Jahren rechnen. So lange garantieren die meisten Hersteller für ihr Produkt. In der Praxis können die Paneele aber auch über 30 Jahre laufen.

Doch der zusätzliche Schutz bringt auch einen Nachteil mit: Bifaziale Solarmodule wiegen mehr. Bis zu 25 Kilogramm bringen sie auf die Waage, während monofaziale etwa 20 Kilo wiegen. Die zusätzlichen Kilos können Auswirkungen auf die Statik eines Dachs haben. Auch ältere Balkongeländer könnten – vor allem bei hohen Windlasten – nachgeben.

Ein weiteres Problem betrifft das Thema Reinigung. Solarmodule sind an sich selbstreinigend, da Regen den Dreck einfach abspült. Nur bei hartnäckigen Verschmutzungen musst du selbst den Lappen in die Hand nehmen. Bifaziale Module produzieren aber ja auch dort Strom, wo kein Regen kommt: auf der Rückseite. Dennoch können hier Ablagerungen in Form von Staub oder toten Insekten entstehen. Da die Module aber eng an der Hauswand oder am Dach anliegen, kommt man nur schwer an die Verschmutzung heran.

Marketing-Versprechen: So viel leisten bifaziale Module wirklich

Bifaziale Solarmodule produzieren also auch auf der Rückseite Strom. Doch wie viel genau? Wenn man auf die Marketing-Versprechen in diversen Online-Shops und auf Hersteller-Websites hört, steigern sie die Leistung um bis zu 30 Prozent. Ein Solarmodul mit 450 Wp würde dann 585 Wp erreichen, ein Balkonkraftwerk mit vier Modulen käme auf über 2.000 Wp.

Klingt super, ist aber vollkommen unrealistisch.

Wenn du dich für bifaziale Solarmodule entscheidest, kannst du von einer Steigerung von 5 bis 10 Prozent ausgehen. Ein Panel käme also auf rund 495 Wp und nicht auf 585 Wp.

Doch wie entsteht diese große Diskrepanz zwischen Versprechen und Realität? Die Module sind wirklich in der Lage, die 30 Prozent zu erreichen. Allerdings gehen die Hersteller hier von perfekten Bedingungen aus, die in der Praxis so gut wie nie vorkommen. Mithilfe eines sehr hellen Untergrunds könnte theoretisch genügend Licht auf der Rückseite landen. Doch die üblichen Flächen sind Hausfassaden, Betonplatten, Dachziegel und Gras. Nichts davon wirft genügend Licht zurück. Asphalt etwa reflektiert gerade mal 5 bis 25 Prozent des Sonnenlichts. Zusätzlich prallt das Licht von mehreren Oberflächen ab (zum Beispiel von der Hausfassade auf den Betonboden und dann zum Modul). Bei jeder Reflektion verliert es Energie, sodass nur ein Bruchteil der Sonnenenergie auf der Rückseite des Solarmoduls ankommt.

Grafik: Funktionsweise bifazialer Solarmodule, Lichtreflektionen
Fassaden, Gras und Betonböden können Sonnenlicht reflektieren, schlucken aber den Großteil der Energie. (Grafik: Utopia – Basti Barsch)

30 Prozent mehr Leistung sind also kaum zu erreichen. Du kannst allerdings mit Reflektoren ein wenig nachhelfen. Wenn du beispielsweise Mylarfolien unter die Module legst (das sind reflektierende Folien aus dem Gartenbau), kannst du größere Lichtmengen auf die Solarzellen lenken.

Zwar erreichst du damit immer noch nicht die versprochenen Herstellerangaben, wie Selbstversuche bereits gezeigt haben. Mit viel Ausprobieren und Optimieren lassen sich aber immerhin zwischen 10 und 15 Prozent Leistungssteigerungen aus den Modulen kitzeln.

Fazit: Wie sinnvoll sind bifaziale Solarmodule?

Unterm Strich sind bifaziale Solarmodule eine spannende Weiterentwicklung, die tatsächlich etwas mehr Strom aus der gleichen Fläche herausholen können wie herkömmliche Module – aber nicht in den Dimensionen, die Hersteller gerne bewerben.

Realistisch sind in der Praxis fünf bis zehn Prozent Mehrleistung, mit speziellen Reflektoren vielleicht etwas mehr. Das reicht nicht, um die Marketing-Versprechen zu erfüllen. Dennoch sind bifaziale Module sinnvoll, wenn der Platz knapp ist, wie auf Balkonen oder kleinen Dächern. Wer sich für bifaziale Module entscheidet, bekommt robuste und langlebige Technik, die mit etwas Optimierung auch messbar mehr Ertrag bringt, nur sollte man die Erwartungen realistisch halten.

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