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Chemikalien, Kondenswasser oder Wolken? Das hat es mit den weißen Streifen am Himmel auf sich

chemtrails kondensstreifen
Foto: CC0 / Pixabay / Skitterphoto

Um die weißen Streifen am Himmel rankt sich ein Verschwörungsmythos: Sind das Chemikalien, die extra in die Atmosphäre eingebracht werden? Wir erklären, was dahinter steckt.

„Chemtrails“ nennen Anhänger:innen einer seit den 1990er-Jahren verbreiteten Verschwörungstheorie die weißen Streifen am Himmel, vom Englischen „chemicals“ für Chemikalien, und „trail“ für Spur oder Pfad, beziehungsweise „contrail“ für Kondensstreifen. Sie gehen davon aus, dass es sich bei diesen um gezielt in die Atmosphäre eingebrachte Chemikalien handelt.

Dafür gibt es jedoch keinerlei wissenschaftliche Belege. Die weißen Streifen sind gewöhnliche Kondensstreifen  – also Eiskristalle, die entstehen, wenn warme, feuchte Abgase von Flugzeugtriebwerken in kalter Luft schnell abkühlen und kondensieren. Die Streifen bestehen also, wie Wolken auch, hauptsächlich aus gefrorenen Wassertröpfchen.

Was besagt der Chemtrail-Mythos?

Dass sich weiße Streifen am Himmel voneinander unterscheiden, ist kein Beleg für Chemtrails.
Dass sich weiße Streifen am Himmel voneinander unterscheiden, ist kein Beleg für Chemtrails.
(Foto: CC0 / Pixabay / Myriams-Fotos)

Einige Menschen glauben, dass die Regierungen der Welt seit Mitte der 1990er-Jahre Flugzeuge einsetzen, um chemische Stoffe in der Atmosphäre zu verteilen. Mal sollen diese dazu dienen, das Wetter zu verändern, das Bewusstsein der Weltbevölkerung zu kontrollieren oder Ernten zu vernichten, um Aktienkurse zu manipulieren. Die weißen Streifen am Himmel sollen aber auch Beweise für chemische oder biologische Waffentests sein oder Krankheiten verursachen können, von denen große Pharmaunternehmen profitieren können.

Anhänger:innen dieser Verschwörungsmythen argumentieren, dass sich diese „Chemtrails“ von normalen Kondensstreifen unterscheiden, weil sie zum Beispiel länger am Himmel bleiben oder ungewöhnliche Formen annehmen. 2021 ließen außerdem Fotos von der damaligen Kanzlerin Angela Merkel in einem Flugzeug mit runden Tanks die Chemtrail-Gerüchteküche brodeln: Diese Tanks sollen die Chemikalien enthalten. Tatsächlich handelte es sich bei den Gefäßen lediglich um Ballast, der auf Testflügen eingesetzt wird. 

Argumente für Chemtrails – und ihre Gegenargumente

Wissenschaftliche Beweise dafür, dass die weißen Streifen am Himmel etwas anderes als Kondensstreifen sind, konnten die Verschwörungsmystiker:innen bisher nicht vorlegen. Die Wissenschaft hat sich also selbst mit einigen gängigen „Theorien“ rund um Chemtrails befasst. 

1. Die weißen Streifen seien Chemtrails, weil sie länger als Kondensstreifen halten: Falsch

Tatsächlich bleiben einige der weißen Streifen länger am Himmel bestehen als andere. Doch das ist kein Beweis für Chemtrails. Denn auch Streifen, die einige Zeit halten, sind Kondensstreifen. Die unterschiedliche Haltbarkeit von Kondensstreifen hat einen einfachen Grund: 

Laut dem UBA hängt sie von den Bedingungen in der Atmosphäre ab: Kondensstreifen lösen sich schnell auf, wenn die Luftfeuchtigkeit niedrig ist, aber sie können länger bestehen bleiben und zu großen Zirruswolken namens Contrail-Cirrus heranwachsen, wenn die Atmosphäre ausreichend feucht ist. Hat man ihre eigentliche Entstehung (Wasserdampfemissionen aus Flugzeugtriebwerken) nicht beobachtet, können Contrail-Cirrus-Wolken nicht von natürlichen Zirruswolken unterschieden werden.

Heutzutage halten sich Kondensstreifen übrigens oft länger als früher, weil moderne Flugzeuge in größeren Höhen fliegen und mehr Wasserdampf emittieren, erklärt Quarks

2. Die weißen Streifen seien Chemtrails, weil sie dicker sind als Kondensstreifen: Falsch

Warum einige weiße Streifen dicker sind als andere, wurde ebenfalls von Forscher:innen erklärt. Dies liegt nicht an der unterschiedlichen Intensität, mit der die Chemikalien freigesetzt werden – wie Chemtrail-Anhänger:innen behaupten – sondern an der Flughöhe. Die Luftfeuchtigkeit variiert stark je nach Höhe, was die Breite der Kondensstreifen beeinflusst. Die Effizienz der Triebwerke trägt ebenfalls zur Dicke der Streifen bei.

3. Die weißen Streifen seien Chemtrails, weil sie nicht gerade Linien wie Kondensstreifen sind: Falsch

Manchmal erscheinen weiße Streifen am Himmel gekrümmt, kreisförmig oder im geometrischen Rautenmuster. Das ist allerdings kein Beweis für Chemtrails. Die Windrichtung und -geschwindigkeit können die vormals geraden Kondensstreifen „verbiegen“, erklärt das Umweltbundesamt (PDF). 

Mit Chemtrails gegen den Klimawandel?

Geo-Engineering hat sich theoretisch mit der Frage befasst, ob Stoffe in der Atmosphäre die Sonneneinstrahlung mindern könnten.
Geo-Engineering hat sich theoretisch mit der Frage befasst, ob Stoffe in der Atmosphäre die Sonneneinstrahlung mindern könnten.
(Foto: CC0 / Pixabay / qimono)

Ein Chemtrail-Mythos besagt, dass mit in der Atmosphäre versprühten Chemikalien die globale Erderwärmung aufgehalten werden soll. Vermutlich gründet sich dieser Mythos tatsächlich auf theoretische Vorstellungen im Bereich des Geo-Engineering: Zum Schutz des Klimas könnten unterschiedliche Stoffe in die Atmosphäre eingebracht werden, durch die weniger Sonnenstrahlung die Erdoberfläche erreichen sollen, so die Überlegung. Jedoch konnten sich diese Ansätze laut dem Umweltbundesamt nicht durchsetzen, weil die Wirksamkeit fragwürdig ist und es Bedenken bezüglich unvorhergesehener Nebenwirkungen gibt.

Außerdem ist das Argument, dass jemand mit Kondensstreifen oder Zirrus-Wolken die Folgen der Klimakrise abmildern wolle, widersprüchlich. Dem Umweltbundesamt zufolge erwärmen diese Phänomene in der Atmosphäre das Klima nämlich. 

Mehr dazu hier:

Enthalten die weißen Streifen am Himmel Chemikalien?

Kondensstreifen bestehen hauptsächlich aus winzigen Wassertröpfchen oder Eiskristallen. Diese entstehen, wenn die heißen Abgase von Flugzeugtriebwerken in kalte Luftströmungen in der Atmosphäre geraten. Die Abgase enthalten Wasserdampf, der sich bei den niedrigen Temperaturen und hohen Luftfeuchtigkeitsbedingungen in der oberen Atmosphäre schnell abkühlt und kondensiert, wodurch die sichtbaren Wolkenstreifen entstehen. Die genaue Zusammensetzung der Kondensstreifen hängt von den Umgebungsbedingungen und der chemischen Zusammensetzung der Triebwerksemissionen ab.

Dass darüber hinaus weitere Chemikalien, wie zum Beispiel die von Chemtrail-Anhänger:innen oft vorgebrachten Aluminiumverbindungen, absichtlich mit den Kondensstreifen in die Luft gepustet werden, konnte wissenschaftlich bisher nicht nachgewiesen werden.

Das Umweltbundesamt verweist darauf, dass das Vorhandensein solcher Chemikalien dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) bekannt sein müssten. Dieses untersucht seit vielen Jahren die Wirkung der Emissionen des Luftverkehrs auf die Atmosphäre, auch in Form zahlreicher Messungen gas- und partikelförmiger Emissionen von Verkehrsflugzeugen. Die Messungen enthielten jedoch keinerlei Hinweise auf ungewöhnliche Chemikalien

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