Wenn deine Gedanken ständig ums Essen kreisen, kann das zu einer massiven Belastung im Alltag werden. Expert:innen erklären, woher das Phänomen „Food Noise“ kommt und was du dagegen tun kannst.
Ab und zu am Tag ans Essen zu denken, ist ganz normal. Sei es bei der Essensplanung, weil du Hunger verspürst oder einfach weil du gerade besonders Lust auf ein bestimmtes Gericht hast.
Wenn die Gedanken ans Essen jedoch zum regelrechten Zwang werden und dich im Alltag einschränken, dann spricht man von „Food Noise„. Wörtlich übersetzt bedeutet der Begriff so viel wie „Essenslärm“ und bezieht sich auf zwanghafte Gedanken rund ums Essen, häufig begleiten von gestörtem Essensverhalten. Betroffene können die Gedanken ans Essen nicht abstellen, selbst wenn sie satt sind, und leiden häufig stark unter der damit einhergehenden Emotionen.
Wir erklären dir, wie Food Noise entsteht und was du als Betroffene:r tun kannst.
Was ist „Food Noise“?

Wenn du oft an Essen denkst, heißt das nicht immer, dass dies gleich Food Noise sein muss. Food Noise sind zwanghafte Gedanken ans Essen, häufig begleitet von belastenden Gefühlen wie Schuld und Hilflosigkeit. Diese Gedanken tauchen ständig auf. Auch dann, wenn du nicht hungrig bist. Eine Expertin erklärt gegenüber dem Nachrichtendienst BBC:
- Food Noise sind hartnäckige, obsessive Gedanken ans Essen, die immer wiederkehren. Bei Food Noise denkst du ständig an Essen, Diäten und andere Dinge rund um die Nahrungsaufnahme. Die Gedanken werden dabei als lästig empfunden und belasten dich im Alltag. Abstellen kannst du sie aber dennoch nicht.
- Food Noise wird oft auch mit gestörtem Essverhalten in Verbindung gebracht.
- Aus den obsessiven Gedanken an Essen allgemein entstehen häufig Essensmuster, bei denen Betroffene sich bestimmte Nahrungsmittel verbieten oder ihr Essensverhalten festen Ritualen und Regeln unterwerfen.
Wichtig: Die ständigen Gedanken ans Essen allein sind noch kein Krankheitsbild, so eine Expertin in der Apothekenumschau. Dennoch solltest du das Ganze ärztlich abklären lassen, wenn intrusive Gedanken dich im Alltag belasten und einschränken. Mehr dazu liest du weiter unten.
Was sind Symptome von Food Noise?

Wenn du folgende Dinge an dir beobachtest, bist du laut BBC wahrscheinlich von Food Noise betroffen:
- Die Gedanken ans Essen lenken dich ständig ab. Du hast Probleme, dich auf andere Dinge zu konzentrieren.
- Du grübelst ständig über deine Essensentscheidungen nach und hinterfragst unentwegt, ob du das richtige isst oder was du als Nächstes essen solltest.
- Das Thema Essen ist für dich mit viel Stress, Angst und Schuldgefühlen verbunden. Du hast strenge Regeln rund um dein Essverhalten, verbietest dir bestimmte Gerichte und hast eventuell auch Probleme mit deinem Gewicht oder Körperbild.
Vor allem der letzte Punkt kann ein Alarmsignal sein, weil dies auch ein Symptom einer Essstörung sein kann.
Lies dazu auch: Orthorexie, oder: die Angst, „falsch“ zu essen
Wie entsteht Food Noise?

Das Phänomen Food Noise ist nichts Neues, so Expert:innen gegenüber BBC. Seit 2023 wurde der Begriff aber in den sozialen Medien aufgegriffen und seitdem in immer mehr Posts verwendet. Laut der Apothekenumschau wird Food Noise durch zwei primäre Faktoren ausgelöst:
- Körperliche Faktoren: Hormonelle Probleme können das Hungergefühl und die Gedanken ans Essen beeinflussen. Bei Übergewichtigen spielt zum Beispiel oft eine Leptinresistenz eine Rolle und bewirkt, dass sich die Betroffenen ein ständiges Hungergefühl empfinden. In einem weiteren Artikel erfährst du mehr über das Hungerhormon Ghrelin.
- Soziale Faktoren: Durch Social Media, Werbung und andere soziale Faktoren des täglichen Lebens sind wir permanent mit dem Thema „Essen“ konfrontiert. Auch diese Flut an Informationen kann dazu beitragen, dass Food Noise entsteht. Wie Menschen auf solche äußeren Reize anspringen, sei aber ganz verschieden, so die Apothekenumschau. Nicht jede:r bekommt von ständiger Essenswerbung Lust darauf, das nächste Trendgericht zu probieren.
BBC fügt noch hinzu, dass auch die psychische Komponente eine Rolle spielt: Wenn wir uns Essen verbieten (zum Beispiel im Rahmen einer Diät), kann das dazu führen, dass wir dieses Essen umso mehr wollen und eventuell ständig daran denken müssen.
Beispiel: Wenn du zu wenig isst, nimmt dein Körper das als Signal für eine drohende Nahrungsmittelknappheit wahr. Als Reaktion will dein Körper dich dazu bringen, dich auf eine ausreichende Lebensmittelaufnahme zu konzentrieren. Das führt dann zu den ständigen Gedanken ans Essen, die du nicht abstellen kannst.
Wer kann von Food Noise betroffen sein?

Prinzipiell kann Food Noise jede:n betreffen. Verschiedene Faktoren begünstigen die obsessiven Gedanken rund ums Essen. Besonders die sozialen Aspekte rund um Essen, Lebensmittel, Gewicht und Gesundheit sind für viele Menschen Teil der täglichen Gespräche und Gedanken:
- Welches Essen ist am gesündesten? Wie viel Obst und Gemüse sollte ich täglich essen? Wie muss ich essen, um ab- oder zuzunehmen? Soll ich mich lieber vegan oder vegetarisch ernähren?
Essen ist weit mehr als Überleben. Es ist ein soziales Thema, das untrennbar mit anderen Aspekten des gesellschaftlichen Lebens verbunden ist, schreibt die Apothekenumschau. Ernährung ist für viele Menschen ein Lebensstil, der etwas über ein Individuum aussagt. Ob Sportler:in, Veganer:in oder als Wille zur Kontrolle über den eigenen Körper – Essen ist für viele Menschen auch ein Teil ihrer Persönlichkeit.
Wenn die Wahl der nächsten Mahlzeit einen solchen Einfluss auf unser soziales Leben haben, ist es kein Wunder, dass Food Noise für einige Menschen zur Obsession und damit zum Problem werden kann. Während einige Personen durch körperliche Faktoren besonders zu Gedanken ums Essen neigen, können auch körperlich komplett gesunde Menschen genauso unter Food Noise leiden.
Zwanghafte Gedanken ans Essen sind eines von vielen Merkmalen verschiedener Essstörungen. Aber auch ohne eine solche Krankheit können Menschen Food Noise erleben. In einer Studie von 2023 schreiben Wissenschaftler:innen dazu, dass besonders Menschen, die Gewichtsprobleme haben oder mit ihrem Body-Image kämpfen, zu obsessiven Essensgedanken tendieren.
Food Noise: Können Medikamente helfen?

In den letzten Jahren ist der Begriff Food Noise vor allem durch die Verbindung mit einem bestimmten Medikament in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. National Geographic schreibt dazu: Die Abnehmspritze mit sogenannten GLP-1-Agonisten sollen Food Noise wirksam unterdrücken können.
Ursprünglich sind die Medikamente dazu konzipiert, den Blutzuckerspiegel zu senken und so beim Abnehmen zu helfen. Viele Betroffene berichten zusätzlich von dem angenehmen Nebeneffekt, dass die Spritzen ihre obsessiven Gedanken ans Essen beruhigt und somit die Food Noise beseitigt haben. Die oben genannte Studie von 2023 bestätigte diesen Effekt des Medikaments.
Die Wissenschaftler:innen weisen aber gleichzeitig ausdrücklich darauf hin, dass ein solches Medikament nicht leichtsinnig verschrieben werden sollte. Als alleinige Hilfe bei Food Noise sei die Abnehmspritze definitiv nicht geeignet. BBC berichtet dazu ebenfalls, dass die Spritze keine langfristige Hilfe bei Food Noise sein kann, weil die Gedanken zusammen mit dem verlorenen Gewicht zurückkehren, sobald du das Medikament absetzt. Außerdem habe es Einzelfälle gegeben, in denen eine Verbindung zwischen dem Medikament und Symptomen von Depressionen wahrscheinlich nicht ausgeschlossen werden können. Dazu müsse noch mehr Forschung betrieben werden. Es sei aber ein Grund mehr, warum Betroffene die Abnehmspritzen nicht auf die leichte Schulter nehmen sollten, erklären die Expert:innen.
Besser so: Wenn dich obsessive Gedanken ans Essen in denen Alltag und deiner Lebensqualität einschränken, dann sei eine Kombination aus mehreren Ansätzen am erfolgversprechendsten. Denn immerhin wird Food Noise auch durch verschiedene Faktoren begünstigt, so die Wissenschaftler:innen.
Tipps gegen Food Noise im Alltag

Mit folgenden Tipps kannst du mit Food Noise ganzheitlich umgehen:
- Mache einen Essensplan: Eine unausgewogene Ernährung begünstigt schlechte Gewohnheiten wie ungesunde Snacks oder Heißhungerattacken. Dein Essen vorzubereiten und zu planen, kann dir helfen, auch im hektischen Alltag immer gesund und ausgewogen zu essen. Tipps zu Meal Prep findest du zum Beispiel hier: Meal Prep: Mit Vorkochen Geld und Zeit sparen
- Setze auf gesunde Alternativen statt Verbote: Wenn dein Schrank voller ungesunder Snacks ist, kann gesunde Ernährung zur echten Herausforderung werden. Denn dass wir dann und wann Lust auf Speisen mit viel Fett und Zucker bekommen, ist ganz natürlich. Mit Willenskraft allein gegen diese Gelüste anzukommen, kann schwierig sein. Wenn du Fastfood und zuckerhaltige Snacks aber nicht im Haus hast, wird das Ganze etwas leichter. Anstatt dir den Griff ins Snackfach zu verbieten, kannst du stattdessen zu gesunden Snacks greifen.
- Überdenke deine Vorstellungen vom Essen: Hast du klare Vorstellungen davon, welches Essen „gut“ oder „schlecht“ für dich ist und verbietest dir rigoros Letzteres, kann das bewirken, dass dein Kopf das Verbotene nur noch mehr will. Anstatt dir etwas „ungesundes“ noch strikter zu verbieten, wenn du darauf Lust bekommst, kannst du versuchen, das Gericht mit einer gesünderen Variante zu ersetzen und dich gleichzeitig fragen, warum du gerade darauf Lust hast: Verlangt es deinen Körper gerade wirklich nach Essen oder bist du gestresst und willst dich mit essen ablenken? Vielleicht bist du auch gerade traurig und suchst den kleinen Dopamin-Schub einer zuckerhaltigen Mahlzeit. Oder du fühlst dich einsam und willst essen, um eine Leere zu füllen. Vielleicht isst du auch einfach aus Gewohnheit oder Gruppenzwang, obwohl du gerade eigentlich nicht hungrig bist.
- Stress‘ dich nicht zu sehr: Stress begünstigt Food Noise, so BBC. Essen kann auch eine Reaktion auf zu viel Stress sein. Hinzu kommt, dass du nur noch mehr an Essen denken wirst, wenn du dich damit stresst, dass du eigentlich gerade nicht an Essen denken darfst oder willst. Stattdessen solltest du dich fragen, warum du gerade so empfindest, anstatt die Gefühle zu verdrängen. Anstatt bei Stress zu einem Snack zu greifen, kannst du andere Methoden zur Stressreduktion ausprobieren: Sport, Meditation oder ein anderes Hobby können eine gesunde Ablenkung von Food Noise sein.
In diesem Artikel findest du weitere hilfreiche Tipps zu Achtsamkeit rund um Essen:
Wann du die Hilfe bei Food Noise suchen solltest

Wenn dich Food Noise im Alltag belastet und du nicht selbst gegen die Gedanken ankommst, solltest du das Ganze ärztlich abklären lassen. Zumal dieses Symptom auch Begleiterscheinung oder Vorbote einer Essstörung sein kann.
Grundsätzlich bedeutet Food Noise, dass dein Körper versucht, dich am Leben zu erhalten, indem er dich zum Essen bewegen will, so BBC. Wenn du obsessive Gedanken an Essen hast, obwohl keine Bedrohung im Sinne einer Knappheit an Lebensmitteln besteht, heißt das für unsere moderne Gesellschaft, dass unter Food Noise ein tiefergehendes Problem liegt – beispielsweise Body Shaming. Mit medizinischer oder psychiatrischer Hilfe kannst du herausfinden, woher das Problem kommt, was dein Körper die sagen will und dann gezielt gegen die Ursachen vorgehen.
Food Noise zu beseitigen bedeutet oft, dass du deine Beziehung zum Essen überdenken und neu betrachten musst – das kann zum Beispiel bedeuteten, weg vom Snacking zu kommen. Alleine kann das sehr schwerfallen oder sogar unmöglich sein. Wenn Food Noise bereits deinen Alltag beeinträchtigt, ist es also definitiv unerlässlich, dir medizinischen Rat einzuholen.
Bitte lies unseren Hinweis zu Gesundheitsthemen.
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