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Handy – Krieg und Verwüstung in der Hosentasche

Foto: L_amica / Fotolia.com; Illustration: Miro Poferl

Wer denkt beim unbedarften Telefonat schon an schwarze Seen voller radioaktivem Gift und ermordete Menschen? Doch unser Hunger nach einem immer schnelleren, aufregenderen Handy führt in anderen Teilen der Welt zu massiver Umweltzerstörung und blutigen Konflikten um kostbare Rohstoffe. Dabei ginge es eigentlich auch anders.

„Ein apokalyptischer Anblick“ – Verwüstete Umwelt für Mobiltelefone

Ein Handy ist ein wahrhaftiges Kostbarkeiten-Kabinett. Magnete in Lautsprechern, LCD-Bildschirme und Vibrations-Effekte benötigen kostbare Elemente aus sogenannten „seltenen Erden“. Der Abbau dieser Erden ist jedoch ein einziges Umwelt-Desaster. Die Stoffe werden durch chemische Bäder und Einschmelzen der abgebauten Gesteinsmischung gewonnen. Zurück bleibt eine hoch toxische, radioaktive Schlacke. Im chinesischen Baotou, am Rande der Wüste Gobi, wird etwa die Hälfte aller weltweit verfügbaren seltenen Erden gewonnen.

Die industriellen Abwässer der Raffinerien werden in einen künstlichen, von der Öffentlichkeit abgeschirmten, See geleitet. Augenzeugen beschreiben ihn als apokalyptischen Anblick; die Dämpfe lassen sofort die Augen tränen und erzeugen Hustenreiz. Der See liegt nur wenige Kilometer außerhalb des Stadtzentrums. Die Menschen dort tragen permanent Schutzmasken. Fehlgeburten und Missbildungen treten überdurchschnittlich häufig auf. Durch undichte Stellen sickert die radioaktive Giftbrühe langsam in Richtung Gelber Fluß, der das Trinkwasser für einen großen Teil Nordchinas liefert.

Doch nicht nur am Anfang eines Handylebens wird die Natur verpestet. Wiederum ist es eine chinesische Stadt, Guiyu, die zum Sinnbild des elektronischen Umwelt-Alptraums geworden ist. Auf der größten chinesischen Deponie für Elektro-Schrott verbrennen Menschen über Kohlefeuern Kabel und Platinen, um an die wertvollen Metalle im Inneren zu gelangen. Die Gewässer dort sind schwarz und säurehaltig, Kinder leiden an Bleivergiftung und chemische Dämpfe wabern durch die Luft. Weltweit werden nur unter 20 Prozent des Elektro-Schrotts recycelt. Die immer kürzere Lebensdauer von Handys – im Durchschnitt unter 2 Jahre – und sonstigen Technik-Moden verschlimmert die Situation.

„Wir finanzieren Massaker und Vergewaltigungen“ – Der blutige Handel mit kostbaren Metallen

Vor einiger Zeit machten die erschreckenden Zustände in chinesischen Elektronik-Fabriken Schlagzeilen. Bei einem der größten Zulieferer für Apple & Co. hatten sich Arbeiter aus Verzweiflung über ihre ausweglose Situation umgebracht. Doch nicht erst in den Produktionsstätten spielen sich tragische menschliche Schicksale ab. Geht man nämlich in der Produktionskette eines Handys vom Zusammenbau in China ein paar Schritte zurück, landet man im tiefsten Dschungel Afrikas.

Im Osten der Demokratischen Republik Kongo finden sich große Vorkommen von Koltan und Kassiterit, beides begehrte Metalle für elektronische Geräte. Abtrünnige Militärs und Rebellengruppen führen einen grauenhaften Krieg um die Vorherrschaft über die Minen. Nach Schätzungen sind dort bereits 300.000 Frauen vergewaltigt worden, etwa fünf Millionen Menschen sind gestorben – der blutigste Konflikt seit dem Zweiten Weltkrieg.

Vom Verkauf der Mineralien finanzieren die Banden ihre Waffenkäufe. In seinem Enthüllungs-Film „Blood in the Mobile“ zeigt der Journalist Frank Poulsen, dass Hersteller wie Nokia von diesem Problem bereits seit 2001 wissen, bisher aber keine nennenswerten Maßnahmen dagegen unternommen haben. Solange die großen Technik-Konzerne sich also blind stellen und die Herkunft ihrer Rohstoffe nicht nachverfolgen, solange unterstützt jedes neue Mobiltelefon einen verheerenden und unnötigen Krieg in einem der ärmsten Länder der Welt.

So wird man trotz Handy nicht zum Umweltzerstörer und Warlord

Man kann diese dramatischen Zustände als Verbraucher leider nicht von heute auf morgen ändern. Doch auch jetzt schon gibt es einfache Maßnahmen, die jeder von uns umsetzen kann.

  • Handy gebraucht kaufen

    Die Rechnung ist einfach: Wenn du dein Handy nicht direkt beim Produzenten kaufst, dann kann dieser auch nicht mit deinem Geld den Bau weiterer Handys und damit neue Umwelt-Vebrechen und Menschenrechts-Verletzungen finanzieren. Außerdem benützt du einen Gegenstand weiter, der sonst vielleicht unnötigerweise im Müll gelandet wäre.

  • Handy länger nutzen

    Alle zwei Jahre ein neues Handy zu kaufen, nur weil es die Vertragsverlängerung beim Anbieter oder ein moderneres Modell attraktiv machen, ist purer und sinnloser Luxus. Kaufe dein Handy mit Blick auf eine lange Nutzungsdauer, nicht aufgrund eines Trends oder Schnäppchens.

  • Transparenz beim Handy-Kauf einfordern

    Der Druck auf Elektronik-Hersteller, eine transparentere Produktionskette aufzubauen, wächst. Du selbst kannst diesen Druck verstärken, etwa durch öffentliche Nachfragen auf der Facebook-Pinnwand oder im Handy-Laden. Mit dem Fairphone befindet sich momentan außerdem das erste Smartphone auf dem Markt, dessen konkreter Ansatz die soziale und ökologische Nachhaltigkeit ist. Wenn du also unbedingt einen Neukauf tätigen willst, dann solltest du mit deinem Geld Initiativen wie diese unterstützen.

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