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iPhone billig, Ausbeutung brutal

Bild: iPhone 5c, apple.com Illustration: Miro Poferl

Das neue Plastik-iPhone ist schön bunt, das Premiummodell glänzt in Gold und die Arbeitsbedingungen sind noch immer menschenunwürdig. Auch dieses Jahr gab es wieder Selbstmorde in China. Bei Apple hat sich wenig verbessert, obwohl es neben dem Skandal-Unternehmen Foxconn einen neuen Zulieferer gibt. Leider ist dieser noch schlimmer. Utopia erklärt, warum Sie Ihre Finger von den neuen iPhones lassen sollten und zeigt gute Alternativen.

Schlechte Nachricht für alle Schnäppchenjäger: so billig ist das iPhone 5c dann doch nicht. Monatelang wurde spekuliert, was das neue „Billig-iPhone“ kann, wie es aussieht und vor allem was es kostet. Nach Apples Produktvorstellung darf man sich wundern: das iPhone in Plastikgewand wird es in Deutschland ab 600 Euro geben, das ebenfalls neue Premiummodell 5s ab 700 Euro. Bislang wurde vermutet, dass Apple mit dem iPhone 5c neue Märkte in Asien erschließen will, wo sich die Leute keine teuren Smartphones leisten können. Das wird so nicht passieren, Apple bleibt eine Premiummarke für Industrieländer. Und darum bleibt auch die Verantwortung bei uns: Wir entscheiden, ob wir iPhones kaufen, für die andere Menschen ausgebeutet werden oder ob wir unsere Finger davon lassen!

Selbstmorde am Fließband

2010 nahmen sich 13 Menschen das Leben, weil sie die schlechten Arbeitsbedingungen beim taiwanesischen Elektronikhersteller Foxconn nicht mehr ertragen haben. Monotone 12-Stunden-Schichten am Fließband, militärische Disziplin mit Redeverboten, ständiger Druck durch Aufsichtspersonal und ein Leben abseits der Gesellschaft in primitiven Werks-Wohnheimen haben sie zur Verzweiflung gebracht. An Foxconns Fließbändern haben sie auch iPhones von Apple zusammengebaut.

Für 2013 verzeichnet die amerikanische NGO China Labor Watch bisher drei Selbstmorde von Foxconn-Mitarbeitern. Die Arbeitsituation hat sich scheinbar verbessert, könnte ein zynisches Urteil lauten. Aber vielleicht fangen auch die Netze an den Firmengebäuden Arbeiter auf, wenn sie in den Tod springen wollen? Foxconn hat 2010 tatsächlich mit Auffangnetzen auf die Selbstmordserien reagiert.

Steve Jobs: „Für eine Fabrik ziemlich nett“

Apple selbst gab sich damals nicht besonders beeindruckt von den Zuständen bei seinem Zulieferer. Die Selbstmordserie sei zwar beunruhigend, aber Foxconn bestimmt kein Ausbeuterbetrieb – und für eine Fabrik sogar ziemlich nett, meinte der damalige Apple-Chef Steve Jobs. Seit dessen Nachfolger Tim Cook Apple übernommen hat, gibt es immerhin Hinweise darauf, dass er das Thema ernster nimmt: Der Beitritt in die Fair Labor Association (FLA), ausführliche Untersuchungen der Arbeitsbedingungen in Zulieferbetrieben und erste Berichte über Fortschritte.

Scheinverbesserung: kürzere Arbeitszeiten = schneller arbeiten

2012 bescheinigte die Fair Labor Association (FLA) tatsächlich bessere Arbeitsbedingungen bei Apples Zulieferern: Verbesserungen für die Sicherheit und Gesundheit der Arbeiter, beispielsweise die Durchsetzung von Arbeitspausen sowie die Bereitstellung von Schutzkleidung und ergonomischen Werkzeugen. Laut FLA hat Foxconn auch Fortschritte beim größten Problem gemacht: den Arbeitstunden. 60  Wochenstunden inklusive Überstunden seien jetzt die Regel – obwohl die gesetzlichen Vorschriften in China höchstens 40 Wochenstunden mit durchschnittlich neun Überstunden erlauben.

60 Wochenstunden als Fortschritt? Das klingt wieder zynisch. Wir sprechen von monotoner Fließband-Schichtarbeit, nicht etwa von einer gepflegten unternehmensberatenden Tätigkeit. Aber es wird noch schlimmer. Die NGO China Labour Watch wirft Foxconn in einem Bericht über die Arbeitsbedingungen bei Apple-Zulieferern vor, dass zwar die Arbeitsstunden verkürzt, die Arbeitsintensität dafür aber zugenommen habe. Die Arbeiter müssen jetzt also die gleiche Arbeit wie zuvor in weniger Zeit erledigen.

Schüler und Schwangere schuften für iPhones

Der Bericht von China Labour Watch erhebt weitere schwere Vorwürfe: Mehr als 10.000 Schüler und Studenten müssen in den Fabriken unter teils gefährlichen Umständen arbeiten. Rekrutiert werden sie an ihren Schulen, die angeblich einen Teil des Lohns für sich einbehalten. Minderjährige müssen genauso wie Schwangere weit länger als acht Stunden am Tag arbeiten. Während ihrer Arbeit werden sie systematisch angepöbelt und eingeschüchtert. Wer dem Druck nicht stand hält und frühzeitig kündigt, wird häufig um seinen Lohn geprellt.

Beim neuen  Zulieferer sind die Arbeitsbedingungen noch schlimmer

Noch vor einigen Monaten hatte Foxconn eine fast monopolartige Stellung in Apples Lieferkette für iPhones, iPads und Co. Im Mai 2013 wurde bekannt, dass Apple die Stückzahlen bei anderen Zulieferern beträchtlich erhöhen will und seine Aufträge von nun an breiter streut. Das taiwanesische Unternehmen Pegatron soll große Stückzahlen der beiden neuen iPhones 5c und 5s  hergestellen.

Die Werke von Pegatron wurden ebenfalls von China Labour Watch untersucht. Das Ergebnis ist ernüchternd, die Arbeitszeiten sind hier noch länger: zwischen 66 und 69 Wochenstunden. Ansonsten gleicht das Bild den Missständen bei Foxconn: ausufernde Überstunden, Vertragsverletzungen, Billiglöhne, Arbeit von Minderjährigen, Misshandlung durch Vorgesetzte, mangelnde Sicherheit am Arbeitsplatz und unhygienische Unterbringung in Werks-Wohnheimen. Ein Unterschied bleibt. China Labour Watch urteilt in seinem Bericht insgesamt: „Unsere Untersuchung hat gezeigt, dass Arbeitsbedingungen in Pegatron-Fabriken noch schlimmer sind als in Foxconn-Fertigungsstätten“.

Man fragt sich, warum Apple überhaupt andere Zulieferer beauftragt. Das Unternehmen selbst nennt „strategische Gründe“. Man wolle sich nicht mehr dem Risiko aussetzen, von einem Hersteller abhängig zu sein. Ein anderer Grund war für die Entscheidung aber vermutlich nicht unwichtig. Wirtschafts-Analysten zufolge produziert Pegatron noch billiger als Foxconn.

Finger Weg vom iPhone

Die Entscheidung für andere Zulieferer hätte Apple die Möglichkeit gegeben, auf fairere Arbeitsbedingungen zu achten. Die Galionsfigur der Elektronikunternehmen scheint auch im Jahr 2013 das Thema nicht ernst zu nehmen. Stattdessen geht es noch immer darum, günstiger zu produzieren. Vielen Konsumenten ist es nicht mehr egal, dass für ihre Smartphones andere Menschen den Preis zahlen. Apple sollte endlich Geräte produzieren, die es verdient haben, in unschuldigem Weiß zu glänzen – auch wenn sie jetzt bunt und golden daher kommen. Bis dahin meint Utopia: Finger weg vom iPhone.

Samsung, Nokia, LG, Motorola – alle haben die gleichen Probleme

Apple und seine Zulieferer sind bekanntlich kein Einzelfall. Die Missstände sind in der gesamten Elektronikbranche mehr oder weniger die gleichen. Nokia und Sony zum Beispiel lassen einen Teil ihrer Geräte ebenfalls von Foxconn produzieren. Samsung wurde  2012 verklagt, weil Arbeiter in einem eigenen brasilianischen Werk bis zu 15 Stunden pro Tag und 27 Tage am Stück arbeiten mussten. 2012 wurde bekannt, dass bei Samsungs Zulieferer Heg Electronics Minderjährige arbeiten. Das chinesische Unternehmen produziert auch für LG und Motorola.

Alternativen zum iPhone

Für wen sollte man eine Kaufempfehlung anhand der Arbeitsbedingungen aussprechen? Wir können es Ihnen nicht sagen. Aber wir haben drei andere Empfehlungen für Sie. Die sind vielleicht weniger attraktiv, aber für verantwortungsbewusste Konsumenten die erste Wahl.

Das beste Smartphone ist das, was Sie haben

Ständig kommen neue Smartphones, Tablets und Computer auf den Markt. Geräte werden ersetzt, obwohl sie noch funktionieren. Die Immer-neuer-immer-schneller-Mentalität verschärft die sozialen und ökologischen Probleme um Elektronikgeräte. Laufen Sie nicht jedem Hype nach, setzten Sie selbst den Trend und behalten einfach Ihr Smartphone!

Sichern Sie sich jetzt das alte iPhone!

In nächster Zeit werden auf Gebraucht-Portalen haufenweise ältere iPhone-Modelle angeboten, die bis gerade eben noch das Top-Model waren. Wer gebraucht kauft, schont Ressourcen – seien Sie smart!

Fairphone

Voraussichtlich noch dieses Jahr soll das Fairphone zu kaufen sein. Die niederländische Initiative hat sich zum Ziel gesetzt, ein möglichst faires Smartphone zu bauen. Hergestellt wird es in China – selbstverständlich mit voller Absicht. Die Macher wollen den großen Elektronik-Konzernen zeigen, dass es genau dort anders geht, wo es schief läuft. Dazu haben sie die Fabriken der Firma A’Hong selbst inspiziert und gewährleisten faire Arbeitsbedingungen und faire Löhne. Das Fairphone soll zudem frei von einigen Konfliktmineralien sein. Die umkämpften Metalle haben wir in diesem Artikel nicht behandelt, aber deshalb sind sie nicht weniger wichtig als die Arbeitsbedingungen in chinesischen Fabriken. Hier können Sie weiterlesen: Handys: Krieg und Verwüstung in der Hosentasche.

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