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Mean World Syndrome: Unglücklich durch Nachrichten und Co.

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Foto: CC0 / Pixabay / WOKANDAPIX

Nachrichten und Berichterstattung auf Social Media sind oft auf negative Ereignisse fokussiert – das kann auf Dauer ein "Mean World Syndrome" auslösen. Was das mit deiner Psyche macht und wie du dich schützen kannst, liest du hier.

In Zeiten von Social Media und 24-Stunden-Nachrichten ist es schwer, sich den negativen Schlagzeilen zu entziehen. Oft berichten Menschen sogar mit Stolz darüber, wie oft sie Nachrichten schauen. Denn über aktuelle Geschehnissen informiert zu sein, gilt als gutes soziales und politisches Engagement.

Aber die ständigen negativen Nachrichten beeinflussen unser Denken und können dazu führen, dass wir die Welt als viel gefährlicher wahrnehmen, als sie tatsächlich ist. Dieses Phänomen wird als Mean World Syndrome bezeichnet. Es beschreibt den Effekt, den regelmäßiger Konsum negativer Medieninhalte auf unsere Wahrnehmung der Realität hat – mit eventuell gravierenden Auswirkungen auf das Lebensgefühl und die Psyche.

Mean World Syndrome: Was ist das?

Mean World Syndrome bezeichnet einen Zustand, in dem Personen die Welt gefährlicher erscheint, als sie eigentlich ist.
Mean World Syndrome bezeichnet einen Zustand, in dem Personen die Welt gefährlicher erscheint, als sie eigentlich ist.
(Foto: CC0 / Pixabay / PDPics)

Das „Mean World Syndrome“ oder auch „Gemeine-Welt-Syndrom“ beschreibt ein Phänomen, bei dem Menschen die Welt gefährlicher und bedrohlicher erscheint, als sie tatsächlich ist. 

Der Kommunikationswissenschaftler George Gerbner entwickelte den Begriff schon in den 1970er Jahren im Rahmen seiner sogenannten „Cultivation Theory“. Er fand heraus, dass Personen, die viel fernsehen und dabei vor allem Inhalte über negative oder gewalttätige Ereignisse konsumieren, die Welt als unsicherer wahrnehmen als Personen, die weniger fernsehen.

Mittlerweile gibt es natürlich neben dem Fernsehen noch viele andere Möglichkeiten, Nachrichten zu konsumieren. Auch im Internet und auf Social Media werden Nutzer:innen oft täglich mit negativen Meldungen bombardiert. So hat sich das Mean World Syndrome auch auf andere Medienformate wie Social-Media-Plattformen und Online-Nachrichten ausgeweitet.

Nachrichten und der Fokus auf Negativität

Wenn es dir oft so erscheint, als würden die Nachrichten nur über negative Dinge berichten, hast du damit nicht Unrecht: In der Berichterstattung der Medien liegt ein starker Fokus auf negativen Ereignissen. Dabei spielt es keine Rolle, auf welcher Plattform die Inhalte dargestellt werden. Social Media, Fernsehnachrichten oder Zeitung: Negativität stellt den Großteil der Nachrichteninhalte dar.

Das kommt daher, dass negative Geschehnisse wie Verbrechen, Katastrophen und Konflikte mehr Aufmerksamkeit erregen. Ebenso verhält es sich mit Inhalten von Filmen und Serien. Gewalt und Extreme verkaufen sich gut und fesseln die Zuschauer:innen. Daher kommen solche Szenen auch in den Unterhaltungsmedien überproportional häufig vor.

Diese Darstellungen verstärken den Eindruck, dass die Welt gefährlicher sei, als es wirklich der Fall ist. Während die tatsächliche Gewaltkriminalität in vielen Ländern seit Jahren sinkt, berichten Nachrichtenformate weiterhin über viele extreme Einzelfälle. Das kann zu einer verzerrten Wahrnehmung der Realität, basierend auf Angst und Unsicherheit, führen. So entsteht die Illusion, dass Gewalt und Verbrechen zunehmen – auch wenn das eigentlich gar nicht zutrifft.

Auswirkungen des Mean World Syndrome auf die Psyche

Das Mean World Syndrome kann tiefgreifende Folgen für deine Psyche haben.
Das Mean World Syndrome kann tiefgreifende Folgen für deine Psyche haben.
(Foto: CC0 / Pixabay / StockSnap)

Das Mean World Syndrome hat tiefgreifende Auswirkungen auf die Psyche der Betroffenen. Wenn du ständig negative Nachrichten konsumierst, kann das zu Angststörungen, Stress und Depressionen führen. Wer permanent mit bedrohlichen Inhalten konfrontiert wird – auch wenn diese Bedrohungen lediglich auf einem Bildschirm erscheinen und im täglichen Leben oft nicht direkt relevant sind – wird sich mit der Zeit zunehmend unwohl fühlen und das Vertrauen in die eigene Umgebung verlieren. Dazu gehört zum Beispiel auch, dass Betroffene sich pauschal von bestimmten Personengruppen bedroht fühlen, obwohl ihnen von diesen Gruppen im Regelfall keine Gefahr droht.

All das kann auf Dauer zu chronischem Stress und anderen negativen Effekten führen. Diese psychischen Belastungen können langfristig das Wohlbefinden und die Lebensqualität massiv beeinträchtigen.

Hinzu kommt noch, dass durch Darstellungen von Gewalt und Kriminalität in Filmen und Serien die Auseinandersetzung mit solchen extremen Ereignissen immer mehr normalisiert wird. Das kann zusätzlich dazu führen, dass die eigene Hemmschwelle bezüglich des Konsums solcher Inhalte immer weiter sinkt. Irgendwann hinterfragst du einfach nicht mehr, warum du dir diese Gewaltinhalte anschaust und ob das überhaupt gut für dich ist. Weil diese Inhalte so alltäglich geworden sind, merken Konsument:innen oft gar nicht, dass sie davon beeinflusst werden. Studien zur Cultivation Theory belegen seit Jahren jedoch immer wieder, wie signifikant diese Einflüsse sind.

Welche Rolle spielen Social Media?

Social Media verstärken den Effekt des Mean World Syndrome.
Social Media verstärken den Effekt des Mean World Syndrome.
(Foto: CC0 / Pixabay / Shutter_Speed)

Soziale Medien verstärken das Mean World Syndrome. Kurzform-Content wie YouTube-Shorts und Videos auf TikTok erlauben es, noch mehr Nachrichten in noch kürzerer Zeit zu konsumieren als etwa das Fernsehen.

Die Inhalte werden durch Algorithmen so personalisiert, dass besonders polarisierende und emotionale Nachrichten häufig angezeigt werden. Plattformen wie Facebook und X (ehemals Twitter) filtern die Posts nach den Interessen der Nutzer:innen und sorgen so dafür, dass sie überwiegend negative oder angsteinflößende Inhalte sehen. Denn solche Inhalte werden besonders häufig angeschaut. Dies führt dazu, dass sich viele Social-Media-Nutzer:innen stundenlang am Tag in einer „Blase“ aus negativen Informationen befinden und dann die reale Welt verzerrt wahrnehmen.

Mean World Syndrome: So kannst du dich schützen

Bewusster Umgang mit Nachrichten hilft dir, dich vor dem Mean World Syndrome zu schützen.
Bewusster Umgang mit Nachrichten hilft dir, dich vor dem Mean World Syndrome zu schützen.
(Foto: CC0 / Pixabay / geralt)

Damit du nicht anfällig für das Mean World Syndrome wirst, kannst du folgende Vorkehrungen treffen:

1. Wähle deine Quellen sorgfältig  

Um dich vor den negativen Auswirkungen des Mean World Syndromes zu schützen, ist es wichtig, dass du dir bewusst machst, welche Art von Inhalten du regelmäßig im Internet, im Fernsehen oder in anderen Medien konsumierst. Expert:innen raten dazu, Nachrichtenquellen sorgfältig auszuwählen und deinen Medienkonsum gegebenenfalls zu reduzieren, wenn du feststellst, dass er dir nicht guttut. Zudem kannst du gezielt nach positiven oder konstruktiven Nachrichten suchen. Dir auch die positiven Entwicklungen in der Welt vor Augen zu halten, kann dir helfen, eine optimistischere Sicht auf die Welt zu entwickeln.

2. Hinterfrage deine negativen Ansichten  

Wenn du bestimmte negative Sichtweisen bereits verinnerlicht hast, kannst du diese bewusst hinterfragen: Überlege dir, ob du für bestimmte Annahmen wirklich Beweise hast oder ob es einfach ein Gefühl ist, das dir von externen Inhalten vermittelt wurde. Wenn bestimmte negative Gedanken dich besonders belasten, solltest du dir professionelle Hilfe suchen und etwa über eine Psychotherapie nachdenken. Denn manchmal ist es schwer, selbst zu identifizieren, woher solche Gedanken kommen und was du gegen sie tun kannst.

3. Gewinne Abstand von Nachrichten und negativer Berichterstattung

Ebenso wichtig ist es, regelmäßig Pausen von Social Media einzulegen – auch bekannt als Digital Detox. Auch bei Nachrichten zum Weltgeschehen solltest du dich regelmäßig fragen: Muss ich das jetzt wirklich schauen? Bringt es mir und den Betroffenen etwas, wenn ich das anschaue oder belastet und stresst es mich zu sehr, ohne dass mir das Wissen um diese Geschehnisse etwas bringt?

Natürlich ist es wichtig, über bestimmte Ereignisse auf dem Laufenden zu bleiben, auch wenn sie dich nicht direkt betreffen. Jedoch solltest du achtsam bleiben und entsprechend reagieren, wenn du merkst, dass dir negative Meldungen zu sehr auf das Gemüt schlagen.

Fazit: Nicht alles ist so schlecht, wie es scheint

Durch bewusste Mediennutzung kannst du dein Weltbild ein Stück weit mit beeinflussen.
Durch bewusste Mediennutzung kannst du dein Weltbild ein Stück weit mit beeinflussen.
(Foto: CC0 / Pixabay / Pexels)

Das Mean World Syndrome macht deutlich, wie stark dein Medienkonsum deine Wahrnehmung beeinflusst. Obwohl die Welt in vielen Bereichen sicherer geworden ist und täglich viele gute Dinge passieren, vermittelt die Berichterstattung der Medien oft genau das Gegenteil.

Indem du bewusst mit deinem Nachrichten- und Medienkonsum umgehst, Inhalte hinterfragst und regelmäßig Pausen von Social Media einlegst, kannst du dir ein realistischeres und ausgeglicheneres Bild der Welt bewahren. Eine bewusste und kritische Mediennutzung kann dir helfen, dein persönliches Wohlbefinden zu schützen und nicht in einer unrealistisch negativen Wahrnehmung der Welt gefangen zu sein.

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