Mieterstrom wird von der Bundesregierung mit bis zu 3,79 Cent pro Kilowattstunde bezuschusst. Das macht eine eigene Solaranlage auf dem Dach attraktiv für Vermieter:innen und Mieter:innen.
Wenn Immobilienbesitzer:innen eine Solaranlage auf dem Dach haben, profitieren sie schon seit Jahren vom Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Denn die Einspeisevergütung sichert auf 20 Jahre einen festen Abnahmepreis und noch höher ist die Rendite, wenn der Strom selbst verbraucht wird. Mit dem Modell des Mieterstroms sollen auch Mieter:innen von der Förderung der Solaranlage profitieren.
Mieterstrom – was steckt dahinter?
Bei Solaranlagen auf Ein- und Zweifamilienhäusern profitieren die Besitzer:innen doppelt: Bei solchen kleineren Anlagen müssen sie keine EEG-Umlage zahlen – ab Mitte 2022 fällt diese grundsätzlich weg – und die gesetzlich garantierte Einspeisevergütung sichert langfristig einen Abnahmepreis für den nicht selbst verbrauchten Strom.
Auf großen Mehrfamilienhäusern gibt es allerdings nur selten Solaranlagen. Denn bei größeren Anlagen ab einer Leistung von 30 kWp fällt pro Kilowattstunde die EEG-Umlage von derzeit rund 3,7 Cent / KWh an – und je nach Anlage und Nutzung zudem Netzentgelte, Konzessionsabgaben und weitere Steuern und Umlagen.
Allerdings fällt die EEG-Umlage ab Juli 2022 weg, was solche Anlagen attraktiver machen dürfte. Zudem bezuschusst der Staat den sogenannten Mieterstrom mit etwa 2,37 bis 3,79 Cent pro KWh, je nach installierter Leistung der Solaranlage. Die Förderung wird 20 Jahre lang gezahlt.
Mit Mieterstrom sollen Hauseigentümer:innen Anreize für eine Solaranlage bekommen: Von Netzentgelten, Konzessionsabgaben und einigen Steuern wird Mieterstrom in der Regel befreit. Bedingung ist, dass der produzierte Strom direkt an die Mieter:innen im Haus oder in unmittelbarer räumlicher Nähe zur Anlage – etwa an benachbarte Häuser – verkauft wird. Er wird nicht ins öffentliche Stromnetz eingespeist. Dadurch kann er den Mieter:innen in der Regel besonders kostengünstig angeboten werden.
Damit werden die Vermieter:innen zwar zu Stromversorgern, sie schließen mit den Mieter:innen einen Vertrag über die Belieferung mit Strom ab. Jeder Haushalt hat einen eigenen Stromzähler und rechnet direkt mit den Stromerzeuger:innen ab.
Die Grundversorgung müssen sie jedoch in der Regel nicht sicherstellen: „Um die Versorgungssicherheit rund um die Uhr zu gewährleisten, wird der Solarstrom bei zu wenig Sonneneinstrahlung durch Netzstrom ergänzt“, heißt es bei der Energieberatung der Verbraucherzentrale. Es springen also örtliche Stromversorger ein. Alternativ kombinieren manche Hausbesitzer:innen Solaranlagen mit Speichern oder anderen Methoden der Energieerzeugung wie Blockheizkraftwerken, um eine durchgängige Stromversorgung leisten zu können.
Wichtig für Mieter:innen: Auch wer Mieterstrom bezieht, hat – genau wie bei jedem anderen Stromversorger – die Freiheit, auf Wunsch den Anbieter zu wechseln.
Tipp: Viele wichtige Fragen zum Thema Mieterstrom beantwortet das Bundeswirtschaftsministerium. Hilfestellung gibt es auch von der Energieberatung der Verbraucherzentrale.
Mieterstrom vom Stromversorger
Nicht immer scheint die Sonne und nicht immer wird im Sommer aller Strom gebraucht. Dann muss überschüssiger Strom ins Netz eingespeist bzw. fehlender Strom an der Strombörse gekauft werden. Für viele Eigentümer:innen ist das zu aufwendig, sodass auch einige Stromversorger das Geschäft des Mieterstroms für sich entdeckt haben („Contracting“). Als Dienstleister übernimmt das Unternehmen dabei anstelle der Hausbesitzer:innen die Funktion als Stromversorger mit allen entsprechenden Pflichten. Dabei gibt es verschiedene Abstufungen.
Vereinfacht gesagt: Die Unternehmen pachten ein Dach mit Solaranlage und verkaufen den Strom an die Mieter:innen im Haus. Das schmälert für die Besitzer:innen zwar die Gewinnmarge, bedeutet aber gleichzeitig deutlich weniger eigenen Aufwand. Das Modell ist auch laut Öko-Test dennoch empfehlenswert. Gut vier Prozent Rendite seien noch möglich, hieß es in der Februar-Ausgabe 2018; neuere Zahlen sind uns nicht bekannt.
Der Ökostromanbieter Polarstern, der Mieterstrom-Projekte betreibt, gibt an, die zusätzlichen Renditen gegenüber der Netzeinspeisung für Ökostrom aus der Photovoltaikanlage lägen hier bei rund 15 Prozent (inklusive der staatlichen Mieterstrom-Förderung).
Ökostromabieter mit Mieterstrom-Modellen bei Utopia im Überblick:
- Polarstern
- Naturstrom
- Green Plant Energy (vormals Greenpeace Energy)
Was bedeutet Mieterstrom für die Mieter:innen?
- Als Mieter:in ist niemand gezwungen, den angebotenen Mieterstrom zu kaufen. Vermieter:innen können dies auch nicht zur Bedingung im Mietvertrag machen.
- Allerdings liegen die Preise für diese Energieform meistens etwas unter dem marktüblichen Niveau, so dass Mieter:innen von günstigen Strompreisen profitieren können. Zum einen muss der oder die Besitzer:in konkurrenzfähig sein, zum anderen darf der Preis nicht mehr als 90 Prozent des Grundversorgungstarifs vor Ort ausmachen.
- Der Vertrag darf eine Laufzeit von maximal einem Jahr haben. Gibt es dann einen günstigeren Anbieter, kann man als Mieter:in also schnell wechseln.
Besonders interessant: Mieterstrom bei Gewerbeflächen
Mit dem Modell sollen auch Mieter:innen an der Energiewende beteiligt werden. Grundsätzlich stehen Wohnungen im Vordergrund und keine Unternehmen, die Teile des Hauses mieten. Doch in Wohnhäusern mit bis zu 40 Prozent gewerblicher Fläche ist das Mietermodell ebenfalls erlaubt. Konkret bedeutet das:
- Belegt ein Unternehmen mit hohem Energieverbrauch maximal 40 Prozent der Fläche, zum Beispiel das Erdgeschoss, hat der oder die Vermieter:in einen zuverlässigen Abnehmer für den Mieterstrom.
- Auch Garagen, Werkstätten und Ladestationen für Elektroautos können damit beliefert werden.
- Voraussetzung ist, dass das hauseigene Stromnetz verwendet wird und der Strom nicht durch das öffentliche Stromnetz läuft.
Kritik am Mieterstrom: „sehr bürokratisch“
Der Bundesverband für Energie- und Wasserwirtschaft warnte im Jahr 2017 davor, dass der Mieterstrom zu weniger Gerechtigkeit führe. Ihm zufolge finanzieren Mieter:innen in anderen Häusern über die Mehrbelastung beim Strompreis den Mieterstrom mit; nur die Solaranlagen-Besitzer:innen und ihre Mieter:innen würden profitieren. Allerdings ist – bei einem berechneten Potenzial von rund 3,8 Millionen Mieter:innen in Deutschland – die Anzahl der tatsächlich realisierten Projekte derzeit noch so gering, dass ein solcher Effekt kaum spürbar sein dürfte.
Ein anderer Kritikpunkt wiegt damit schwerer: Energie-Experte Udo Sieverding von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen kritisiert gegenüber Stiftung Warentest die hohen Kosten für die nötige Messtechnik. Sie führten dazu, dass sich die Installation oft nicht lohne. Zudem sagt der Experte: „Das Modell ist sehr bürokratisch.“ Für Vermieter:innen bietet sich damit die Auslagerung des bürokratischen Aufwands an Dienstleister wie Ökostrom-Anbieter an – so können sie und die Mieter:innen dennoch einen wichtigen Teil zu Energiewende beitragen.
Text: Sven Christian Schulz & Annika Flatley
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