Photovoltaik: So steigerst du deinen Autarkiegrad

PV-Anlage: So kannst du den Autarkiegrad steigern
Foto: CC0 Public Domain / Unsplash.com – Benjamin Jopen

Die Unabhängigkeit von steigenden Strompreisen ist einer der großen Vorteile von Solaranlagen. Wie unabhängig man wirklich ist, gibt der Autarkiegrad an. Wir erklären, was dieser Wert wirklich bedeutet und mit welchen Maßnahmen du ihn steigerst.

Die Stromrechnung flattert ins Haus und schon wieder ist der Abschlag höher als im Vorjahr. Wer ganz normal Strom von einem Stromanbieter bezieht, kann wenig gegen die Entwicklungen am Energiemarkt ausrichten.

Photovoltaik verspricht, die Kontrolle über die eigenen Energiekosten zurückzugewinnen und sich zumindest ein Stück weit vom öffentlichen Netz abzukoppeln. Doch eine Solaranlage allein macht nicht autark. Um das volle Potenzial auszuschöpfen, musst du deinen Autarkiegrad aktiv optimieren.

Was ist der Autarkiegrad?

In der Diskussion um Solaranlagen schwirren oft zwei Begriffe umher, die leicht zu verwechseln sind: Eigenverbrauch und Autarkie. Obwohl sie eng zusammenhängen, beschreiben sie zwei unterschiedliche Aspekte der Energieunabhängigkeit.

  • Der Eigenverbrauchsanteil beschreibt, wie viel deines selbst erzeugten Solarstroms du direkt im eigenen Haus nutzt. Produziert deine PV-Anlage beispielsweise 5.000 Kilowattstunden (kWh) im Jahr und du verbrauchst davon 2.000 kWh selbst, beträgt deine Eigenverbrauchsquote 40 Prozent. Die restlichen 60 Prozent fließen als Überschuss ins öffentliche Netz.
  • Beim Autarkiegrad geht es hingegen nicht darum, wie viel du produzierst, sondern wie viel du noch aus dem Netz beziehen musst. Je weniger Strom du bei einem Anbieter einkaufst, desto autarker bist du. Wenn dein Haushalt beispielsweise im Jahr 4.000 kWh Strom benötigt und du davon 2.000 kWh durch deine eigene Solaranlage abdeckst, erreichst du einen Autarkiegrad von 50 Prozent.

Wie hoch ist der Autarkiegrad bei einer Solaranlage?

Nicht jede Solaranlage erreicht den gleichen Autarkiegrad. Denn dafür spielen viele Faktoren eine Rolle: Je nachdem etwa, wie groß das Dach ist und wie viel Strom der Haushalt benötigt, fällt der Autarkiegrad unterschiedlich hoch aus. Zudem sorgt das Wetter dafür, dass er jährlich ein wenig schwanken kann.

Mit einer Photovoltaikanlage ohne Stromspeicher erreicht man typischerweise einen Autarkiegrad von etwa 25 bis 35 Prozent. Das liegt daran, dass der meiste Strom mittags produziert wird, wenn in vielen Haushalten der Verbrauch am geringsten ist. Den Großteil deines Bedarfs am Morgen und Abend musst du weiterhin aus dem Netz decken.

Kombinierst du deine PV-Anlage mit einem Stromspeicher, springt der mögliche Autarkiegrad auf etwa 60 bis 80 Prozent. Der Speicher sichert den Solarüberschuss vom Tag und stellt ihn für die Abend- und Nachtstunden zur Verfügung. Damit kannst du mehr von deinem eigenen PV-Strom verwenden und machst dich unabhängiger vom öffentlichen Stromanbieter.

Um deine eigene Autarkie- und Eigenverbrauchsquote zu ermitteln, empfehlen wir dir den Unabhängigkeitsrechner der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW). Dort kannst du gut erkennen, wie der Stromverbrauch, die Leistung der PV-Anlage und die Größe des Speichers sich gegenseitig beeinflussen.

PV-Unabhängigkeitsrechner der HTW Berlin: Autarkiegrad berechnen
In dem Beispiel erreicht ein Haushalt mit einer 10-kWp-Anlage mit Speicher einen Autarkiegrad von 80 Prozent. (Screenshot: solar.htw-berlin.de)

👉 Tipp: Wenn du eine PV-Anlage planst, solltest du dir mindestens drei verschiedene Angebote geben lassen und sie vergleichen. Portale wie Aroundhome oder das Solaranlagenportal können hierfür sinnvoll sein. Dort bekommst du unverbindliche Angebote von verschiedenen Installationsbetrieben in deiner Nähe.

Kann man mit einer Solaranlage 100% Autarkie erreichen?

Generell ist es sinnvoll, einen hohen Autarkiegrad anzustreben. Dadurch wirst du unabhängiger von Preisschwankungen. Da liegt es nah, gleich die 100 Prozent anzustreben. Doch auch wenn es technisch nicht völlig unmöglich ist, ist es für ein privates Wohnhaus weder praktisch noch wirtschaftlich sinnvoll.

Das Kernproblem ist die saisonale Lücke. Im Sommer erzeugt deine Anlage in der Regel einen massiven Stromüberschuss. Im Winter hingegen, wenn der Heiz- und Lichtbedarf am höchsten ist, liefert sie an vielen Tagen nur einen Bruchteil der benötigten Energie. Um diese Monate zu überbrücken, müsste deine Solaranlage größer als das eigene Grundstück werden oder du bräuchtest einen riesigen Energiespeicher.

Ein Akku, wie ihn eine Solaranlage üblicherweise nutzt, käme dabei nicht in Frage. Solche kleinen Batteriespeicher dienen nur für kurze Überbrückungen und versorgen dich eine Nacht lang mit gespeichertem Solarstrom, vielleicht auch mal wenige Tage.

Lediglich Wasserstoffspeicher könnten theoretisch die lange Zeit überbrücken. Allerdings gibt es diese kaum für den Heimgebrauch und existierende Modelle kosten so viel, dass sie sich nicht mehr rechnen. Sie wären teurer als der aus dem Netz bezogene Strom.

Eine hundertprozentige Autarkie macht daher wenig Sinn und es ist wirtschaftlicher, den restlichen Strom vom Netzbetreiber zu beziehen.

Wie erhöhe ich meinen Autarkiegrad?

Der Autarkiegrad ist kein fester Wert, der für immer gleich bleibt. Durch dein eigenes Verhalten und die richtige Technologie kannst du ihn erhöhen. Die größten Hebel hast du mit folgenden fünf Maßnahmen.

  1. Einen Stromspeicher installieren: Ein Batteriespeicher ist die effektivste Methode deinen Autarkiegrad zu erhöhen. Wie bereits erwähnt sind Steigerungen von 25 auf 80 Prozent möglich. Der Speicher kappt die Abhängigkeit von der Tageszeit, indem er den mittags erzeugten Strom für den Abend speichert. Dadurch nutzt du deinen Solarstrom genau dann, wenn du ihn am meisten brauchst, und musst deutlich weniger aus dem Netz zukaufen.
  2. Verbrauchsverhalten anpassen: Diese Methode kostet nichts außer ein wenig Umgewöhnung. Programmiere energieintensive Geräte wie die Waschmaschine, den Trockner oder die Spülmaschine so, dass sie in der Mittagszeit laufen. Viele moderne Haushaltsgeräte bieten dafür eine Zeitvorwahl. Du kannst auch Smarte Stecker verwenden, die zu einer bestimmten Uhrzeit den Strom durchlassen. Dann kannst du etwa einen Laptop laden, wenn du nicht da bist. So nutzt du den Solarstrom direkt vom Dach, ohne den Umweg über den Speicher.
  3. Ein E-Auto mit Sonnenstrom laden: Wenn du ein E-Auto besitzt, kannst du deine Eigenverbrauchsquote steigern, indem du es zuhause lädst. Das erhöht aber noch nicht deinen Autarkiegrad, da du im Winter noch Strom einkaufen musst. Es gibt jedoch bereits ein paar wenige E-Auto-Modelle, die in Kombination mit der richtigen Wallbox bidirektionales Laden beherrschen. Sie können dann Strom aus ihrem Akku ins Hausnetz einspeisen. Da die Akkus sehr groß sind, kannst du so ein paar Schlechtwetter-Tage überbrücken, ohne Strom vom Anbieter einkaufen zu müssen. Das erhöht deinen Autarkiegrad.
  4. Warmwasserspeicher: Wenn du fossil heizt, hast du vielleicht einen Warmwasserspeicher im Keller. Sie lassen sich in der Regel mit einem elektrischen Heizstab nachrüsten. Erzeugst du einen PV-Überschuss, springt der Stab an und heizt das Wasser hoch. Dadurch musst du weniger Öl oder Gas einkaufen. Das macht dich zwar nicht unabhängiger vom Stromanbieter, aber von anderen fossilen Brennstoffen.
  5. Die Anlagengröße optimieren: Plane deine PV-Anlage nicht zu klein. Eine etwas größer dimensionierte Anlage füllt deinen Speicher auch an bewölkten Tagen schneller und erzeugt im Frühling und Herbst noch relevante Erträge. Da die Solarmodule die günstigsten Komponenten an einer Anlage sind, versuche dein Dach mit ihnen voll zu bekommen.

Welchen Autarkiegrad erreiche ich mit einem Balkonkraftwerk?

Auch als Mieter:in oder Wohnungseigentümer:in kannst du mit einem Balkonkraftwerk einen Beitrag zur eigenen Energieversorgung leisten. Allerdings musst du deine Erwartungen deutlich nach unten schrauben. Schließlich hast du nur maximal vier Module zur Verfügung, während eine Dach-PV-Anlage auch mal über 30 Stück umfassen kann. Entsprechend weniger Strom produzierst du.

Ein Rechenbeispiel: Ein Balkonkraftwerk mit gut ausgerichteten Modulen erzeugt etwa 900 kWh im Jahr. Mit einem passenden Speicher kannst du etwa 80 Prozent davon selbst verwenden (Eigenverbrauch) – also 720 kWh. Ein 2-Personen-Haushalt benötigt etwa 2.400 kWh im Jahr. Somit kämst du mit einem Speicher auf einen Autarkiegrad von 30 Prozent. Ohne wärst du bei etwa 10 Prozent.

Allerdings sind Balkonkraftwerke gar nicht darauf ausgelegt, den Haushalt autark zu machen. Sie sollen in erster Linie die Grundlast decken. Das sind die Geräte, die rund um die Uhr laufen, wie der Kühlschrank, der WLAN-Router oder Stand-by-Verbraucher. Mit einem Balkonkraftwerk bist du also weit entfernt von Unabhängigkeit, senkst aber spürbar deine Stromrechnung.

Fazit

Mit einer PV-Anlage machst du dich deutlich unabhängiger von deinem Stromversorger. Ein Autarkiegrad von 60 bis 80 Prozent sind absolut erreichbar und du hast einige Hebel, die dir das ermöglichen. Lediglich von der Vorstellung einer hundertprozentigen Autarkie solltest du dich besser verabschieden. Sie ist zwar technisch nicht völlig unmöglich, aber fast immer wirtschaftlich sinnlos.

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