Sie bringen Hobbygärtner:innen zur Weißglut: Spanische Wegschnecken können ganze Gemüsebeete vertilgen, selbst hängende Gefäße sind nicht sicher. Derzeit ist die Lage besonders schlimm, so Expert:innen.
In Hobbygärtner-Foren ist es in diesem Jahr ein viel diskutiertes Thema: Mühsam angezogene Pflänzchen werden über Nacht bis auf den Stumpf von Nacktschnecken weggefressen. Oft ist dabei die Spanische Wegschnecke am Werk, die wegen ihrer Hartnäckigkeit und ihrer Gefräßigkeit auch als Superschnecke bezeichnet wird. Unfassbar viele seien es aktuell, heißt es in den Foren – ein Eindruck, den Expert:innen bestätigen. „Ja, es ist schlimm dieses Jahr“, bestätigte Michael Schrödl von der Zoologischen Staatssammlung München (ZSM).
„Nach den Dürrejahren 2018 bis 2022, in denen die Populationen entsprechend eingebrochen sind, haben wir nun das zweite sehr feuchte Jahr in Folge“, erklärte Markus Pfenninger vom Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum in Frankfurt. Schon im letzten Jahr hätten sich die Populationen erholt und in diesem Jahr entsprechend von einem bereits hohen Niveau loslegen können. Auch der milde Winter habe sicher nicht geschadet – „aber nach unseren Beobachtungen habe nur extrem kalte Winter einen wirklich nachhaltigen negativen Einfluss“.
Was die Spanische Wegschnecke von anderen Schnecken unterscheidet
Der Fachname der Spanischen Wegschnecke lautet Arion vulgaris, sie wird aber auch Große Wegschnecke genannt. Sie kommt vielerorts vor – ausgerechnet in Spanien aber nur ganz vereinzelt, wie Forschende in den vergangenen Jahren herausfanden. Anders als lange angenommen wurde sie demnach wohl nicht durch Obst- und Gemüseimporte nach dem Zweiten Weltkrieg von der Iberischen Halbinsel eingeschleppt – der Name führt also in die Irre.
Vielmehr lebt die Art wahrscheinlich schon sehr lange zumindest in Südwest-Deutschland. Seit den 1960er-Jahren taucht sie vermehrt und immer weiter nördlich und östlich auf, oft in hohen Dichten. Zum Leidwesen von Gärtnern handelt es sich um wahre Superschnecken: Die bräunlich-rötlichen Tiere können hervorragend klettern, Hochbeete sind kein Problem für sie, wie Michael Schrödl einmal erklärte. Selbst ein hoch hängendes Gefäß hält sie demnach nicht ab: Sie seilen sich am Schleimfaden hinunter. Salat und Gemüse können sie aus Dutzenden Metern Entfernung riechen.
Trockener Rasen und gekieste Wege mögen für andere heimische Nacktschnecken ein Problem sein, nicht aber für Arion vulgaris. Sie vermehrt sich Expert:innen zufolge schneller, frisst mehr und setzt sich notfalls zum Fressen in die pralle Sonne, ohne Schaden zu nehmen. Zudem zeigen Erbgutanalysen, dass sie sich stark mit anderen Arten vermischt – und sich auf diese Weise womöglich immer neue günstige Eigenarten für die jeweilige Umgebung aneignet. Und als wäre das alles nicht genug: An einer ausgewachsenen Arion vulgaris haben – von Indischen Laufenten abgesehen – kaum Fressfeinde Interesse. Auch manche Laufkäfer können junge Wegschnecken oder deren Eier fressen.
Es fehlt an Igeln und Kröten
Manche Hobbygärtner:innen geben in Foren an, täglich Dutzende bis Hunderte Nacktschnecken abzusammeln. Ein Teil des Problems ist Pfenninger zufolge mit gewisser Wahrscheinlichkeit, dass es immer weniger Jungschnecken vertilgende Tiere wie Igel und Kröten gibt. „Arion vulgaris ist ein Profiteur der Einöde in den Gärten“, wie Schrödl sagte.
Fachleute raten von Bierfalle ab: Was stattdessen hilft
Eine Maßnahme gegen Nacktschnecken basiert auf deren Vorliebe für Bier – die Tiere mögen generell den Geruch von Gärstoffen, der potenzielle Nahrung anzeigt: die Bierfalle. Die verführerisch duftende „Trinkhalle“ lockt Fachleuten zufolge allerdings Schnecken aus der gesamten Umgebung herbei – nur ein kleiner Teil von ihnen ertrinke, der Rest mache sich zahlenmäßig verstärkt ans Fressen.
Zu empfehlen ist demnach vielmehr, nur morgens zu gießen, Beete mit Grenzstreifen aus Sand oder Schneckenzäunen zu umranden und potenzielle Eiablagestellen wie auf dem Boden liegende Bretter regelmäßig zum Austrocknen in die Sonne zu drehen.
Auch das Absammeln gilt durchaus als Möglichkeit, die Population einzudämmen – allerdings dürfen die Schnecken dann auf keinen Fall im Wald oder anderswo in der Natur landen, wo sie heimische Arten zu verdrängen drohen. Städtische Hundewiesen hingegen sind Schrödl zufolge ein guter Ort: „Der Kot wird von den Nacktschnecken gefressen.“
Die Spanische Wegschnecke ist auch ein Nützling
Das ist generell ein Faktor, der schnell vergessen wird: Arion vulgaris mag zwar nerven, ist im Garten aber auch sehr nützlich, weil Kot und Kadaver beseitigt und Kompostierungsprozesse auf Trab gebracht werden.
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