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Trendyol: Schon wieder eine neue Konkurrenz auf dem Fast Fashion-Markt?

Trendyol: Neue Konkurrenz für Shein?
Fotos: Screenshots Trendyol.de

Bis vor kurzem hat man über den türkischstämmigen Online-Mode-Shop Trendyol hierzulande wenig gehört. Diese Zeiten sind vorbei. Inzwischen ist der Shop in chinesischer Hand und dabei, dem rasant wachsenden Ultra Fast Fashion-Shop Shein Konkurrenz zu machen. Was du über Trendyol wissen solltest.

Am Modemarkt tut sich derzeit einiges: Fast Fashion von Shops wie H&M und Zara ist zwar weiterhin voll im Trend – doch die Nachfrage der Konsument:innen nach Ultra Fast Fashion steigt und steigt. Das befördern Shein, Temu, Cider, Boohoo – und seit kurzer Zeit Trendyol, dessen Werbung uns derzeit gefühlt überall begegnet. Immer neue Anbieter, meist aus China, werben aggressiv um Käufer:innen.

Auch wenn einige von euch vielleicht noch nicht über den Mode-Online-Shop Trendyol „gestolpert“ sind: Das ursprünglich türkische Unternehmen ist mittlerweile auch bei uns ein großer Player und wird in den nächsten Jahren voraussichtlich noch größer und bekannter werden. Derzeit expandiert Trendyol nach Europa, vor gut einem Jahr hat das Modeunternehmen ein Büro in Berlin eröffnet. In den sozialen Medien läuft massenhaft Werbung für das Fast Fashion Unternehmen – um Trendyol gibt es einen riesigen Hype.

Drei Punkte lassen kritische User:innen nichts Gutes befürchten:

  • Genau wie Shein arbeitet Trendyol mit aggressivem Marketing und unglaublichen Rabatten.
  • Die Präsenz in den Sozialen Medien und die zahlreichen „Haul Videos“ (Haul steht für „Ausbeute“ oder „Fang“) spricht vor allem Jugendliche an. Influencerinnen zeigen ihren Großeinkauf, präsentieren sich in verschiedenen Outfits und signalisieren: Die Preise sind bei Trendyol so niedrig, dass eine ausgiebige Shoppingtour auch bei einem kleinen Budget möglich ist.
  • Von Nachhaltigkeit ist Trendyol derzeit weit entfernt. Zumindest finden sich keinerlei Hinweise auf ernsthafte Bemühungen.

Was ist Trendyol?

Fast Fashion Shop Trendyol: Angebote und "Schnäppchen" ohne Ende – und ohne Rücksicht auf die Umwelt
Fast Fashion Shop Trendyol: Angebote und „Schnäppchen“ ohne Ende – und ohne Rücksicht auf die Umwelt (Fotos: Screenshots Trendyol.de / App)

Trendyol ist so etwas wie das türkische Zalando: Ähnlich wie Zalando ist Trendyol eine Plattform, auf der Produkte verschiedener Marken von externen Händler:innen vertrieben werden. Zusätzlich verkauft Trendyol aber auch Kleidung unter einer Eigenmarke.

Gegründet wurde das Unternehmen 2010 in der Türkei, seit fünf Jahren ist die chinesische Alibaba-Group Hauptanteilseigner bei Trendyol. In der Türkei ist Trendyol Marktführer im Onlinehandel und erfolgreicher als Amazon.

Momentan rollt die Deutschland-Offensive: Seit dem Deutschland-Start vor gut einem Jahr hatte die E-Commerce-Plattform hierzulande bereits mehr als eine Million Kund:innen. Im Angebot sind über 300.000 Produkte von über 800 (zum Teil renommierten) Marken und der Eigenmarke „Trendyol Collection“. Nach eigenen Angaben liegt der Fokus von Trendyol auf „einer großen Auswahl an attraktiven Artikeln zu erschwinglichen Preisen, verbunden mit einem nahtlosen Einkaufserlebnis“.

Trendyol: Neue Konkurrenz für Shein?

Das Marketing des Online-Marktplatzes erinnert verdächtig an Shein, das heftig in der Kritik steht: Über Social Media läuft unübersehbare Werbung, das Unternehmen investiert viel Geld in Influencer-Marketing und lockt die meist junge und zumeist weibliche Kundschaft kontinuierlich mit starken Rabatten.

In den vergangenen zwölf Monaten hat sich die Trendyol-App damit zu einer der am häufigsten heruntergeladenen Mode-Apps in Deutschland entwickelt. Ein Blick in die App-Downloadzahlen zeigt: Trendyol liegt bei den Shopping-Apps im App-Store auf Platz 8 – und damit vor großen Playern wie H&M, Otto, Zalando und Vinted. Shein liegt derzeit auf Platz 6, Temu auf Platz 1 (Stand September 2023).

Allerdings: Die Preise des Fast Fashion-Shops Trendyol sind nicht so niedrig wie beim Ultra Fast Fashion-Giganten Shein. Günstig sind sie aber allemal.

Wo kommen die Kleidungsstücke des Shops her?

Die umsatzstarken Eigenmarken-Kollektionen „Trendyol“, „Trendyol Man“, „Trendyol Modest“ und „Trendyol Curve“ werden nach Unternehmensaussagen ausschließlich in der Türkei von fast 500 Unternehmen produziert, von denen viele seit der Gründung im Jahr 2010 dabei sind. Die Produktions- und Arbeitsbedingungen bei diesen Zulieferern sind im Detail nicht nachvollziehbar.

Die Arbeitsbedingungen in der Türkei gelten im Allgemeinen zwar oft als etwas besser als in den klassischen Produzentenländern Asiens, aber ebenfalls als äußerst problematisch. Laut der Kampagne „Saubere Kleidung“ sind von den geschätzt 2,5 Millionen Menschen in der türkischen Textilbranche nur eine Million registriert. „Die Folgen informeller Beschäftigung sind fehlende Arbeitsverträge, Minderjährigkeit sowie Nichtzahlung von Sozialabgaben und Nichteinhaltung von Arbeitsschutzvorschriften durch Arbeitgeber*innen. Viele syrische Geflüchtete, darunter Kinder, arbeiten in den Fabriken unter diesen Bedingungen.“

Der Großteil der verkauften Waren (Business Insider spricht von 97 Prozent) kommt allerdings von Drittanbietern, die allesamt selbst entscheiden, wo und unter welchen Bedingungen sie produzieren. Die textilen Lieferketten sind damit nahezu undurchschaubar.

Wie nachhaltig ist Trendyol?

Informationen zu einer Nachhaltigkeitsstrategie des Unternehmens oder wenigstens zur CO2-Kompensation sind Mangelware. Auf der Trendyol-Website ist lediglich zu lesen: „Wir haben uns dazu verpflichtet, wirtschaftlich mit einem positiven Einfluss auf die Umwelt zu agieren und unsere Materialien und Prozesse anzupassen“. Ausführlichere Informationen gibt es nicht, Belege für das angebliche Engagement fehlen komplett. Gegenüber Business Insider gibt Unternehmenschef Caglayan Cetin zu: „Daran müssen wir noch weiter arbeiten und sind noch nicht da, wo wir hinmüssen. Wir fangen aber gerade an, unsere Prozesse zu hinterfragen und nachhaltiger zu gestalten.”

Die Waren werden aus der Türkei verschickt – und bei Retouren dorthin zurückgeschickt – und hinterlassen alleine dadurch einen gewaltigen ökologischen Fußabdruck.

Wie seriös ist Trendyol?

Die Bewertungen bei Trustpilot beurteilen Trendyol mit 4 von 5 Sternen – das Urteil lautet „gut“.

Viele loben die Seite für die schnelle Lieferung, die problemlose Rücksendung und die vielen Bezahlmöglichkeiten. Andere widerum kritisieren die schlechte Qualität, den Kundenservice, Probleme bei der Abwicklung von Retouren – und wie bei AliExpress sogar Produktfälschungen.

Fast Fashion: 5 Gründe, warum du Unternehmen wie Trendyol nicht unterstützen solltest

Auch Trendyol gehört zu den Online-Shops, von denen wir abraten: Möglichst viel Kleidung zu möglichst niedrigen Preisen – der Gedanke von Fast Fashion ist genau das Gegenteil von Nachhaltigkeit.

  1. Die Kleidung wird häufig in Asien unter ausbeuterischen Bedingungen produziert.
  2. Die Textilindustrie stellt eine große Belastung für die Umwelt dar: Verschiedene Schätzungen gehen davon aus, dass zwischen fünf und zehn Prozent der weltweiten Treibhausgase durch die Modeindustrie verursacht werden. Zudem braucht und verunreinigt die Fast Fashion-Industrie große Mengen an Wasser.
  3. Viele, vor allem billige Kleidungsstücke bestehen aus Stoffen, die kaum recycelt werden können: Lycra, Nylon, Polyacryl, Polyester. Die Kunstfasern basieren auf Erdöl und geben jede Menge Mikroplastik in die Umwelt ab.
  4. Die Qualität der billigen Kleidungsstücke ist oft so minderwertig, dass sie nur wenige Mal getragen werden können und sich damit auch nicht für den Weiterverkauf eignen. Das führt zu gigantischen Müllbergen.
  5. Weite Transportwege und Retouren – die beim Kauf oft von vornherein eingeplant werden – belasten aufgrund der hohen Transportemissionen die Umwelt. Was mit den zurückgeschickten Waren passiert ist bei vielen Shops zudem mindestens undurchsichtig (s. zum Beispiel Recherchen zu Shein und Zalando). Teils wird Neuware einfach entsorgt oder vernichtet.

Unser Tipp lautet: Auch beim Modekauf müssen wir uns unserer Verantwortung für Klima, Umwelt und Menschen noch stärker bewusst werden. Verführungen durch die Werbung für Billig-Shops sollten wir daher widerstehen – und auch unsere Kinder dazu anhalten.

Im Idealfall kaufst du nur Kleidungsstücke, die du wirklich brauchst, trägst diese möglichst lange und achtest beim Kauf auf Öko-Textillabel.

Viola Wohlgemuth, Expertin für Konsum und Kreislaufwirtschaft bei Greenpeace, empfiehlt hier ganz klar: „Das einzige, worauf man sich verlassen kann, sind klare Zertifizierungen wie das GOTS-Siegel (Global Organic Textile Standard), der Internationale Verband der Naturtextilwirtschaft (IVN Best) sowie „Made in Green“ von Oeko-Tex.“ Eine – deutlich günstigere und zudem ressourcensparende – Alternative ist der Second-Hand-Kauf.

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