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Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung: Warum sie auch in jungen Jahren wichtig sind

Viel zu viele Menschen haben keine Patientenverfügung
Foto: Utopia.de

Wer kümmert sich um dich, wenn du es aufgrund eines Unfalls oder einer plötzlichen Erkrankung nicht mehr kannst? Das lässt sich in einer Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht regeln – und zwar am besten in kerngesunden Zeiten. Wir erklären dir, was du beachten musst. Plus: Infos über das seit 2023 geltende Notvertretungsrecht.

Wir alle wollen alt werden – und dann am liebsten einfach einschlafen und nicht mehr aufwachen. Höchstwahrscheinlich wird es anders kommen. Und das kann ganz überraschend passieren: Ein Unfall, ein Schlaganfall oder eine schwere Erkrankung können ganz plötzlich dafür sorgen, dass man keine eigenen Entscheidungen mehr treffen kann.

In einem solchen Ernstfall ist es wichtig, dass ein Mensch schriftlich festgehalten hat, wer für ihn sorgen und in seinem Sinne entscheiden darf und wie sich der oder die Betroffene die medizinische Behandlung und vielleicht auch das Lebensende vorstellt.

Patientenverfügung: Schon in jungen Jahren abschließen

Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und Betreuungsvollmacht gehören zu den Dingen, die Menschen erfahrungsgemäß gerne vor sich herschieben. Das Zögern ist verständlich – die Verfügungen sind aber äußerst wichtig. „Jede volljährige Person sollte eine Patientenverfügung, eine Vollmacht und eine Betreuungsverfügung haben“, rät die Deutsche Stiftung Patientenschutz. Denn auch junge Menschen sind Gefahren wie schweren Unfällen oder plötzlichen Erkrankungen ausgesetzt, die nicht vorhersehbar sind.

Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und Betreuungsvollmacht

Es macht Sinn, sich über medizinische Notsituationen und auch den Tod Gedanken zu machen und darüber nachzudenken, was einem selbst wichtig ist. Manche Menschen haben Angst, dass sie bei schwerer Krankheit viel zu lange an technischen Geräten hängen – andere wiederum fürchten das Gegenteil und sorgen sich, dass nicht alles Menschenmögliche getan wird, um ihr Leben zu retten.

Überlegungen dieser Art sind nicht einfach – wer sich aber einmal damit auseinandergesetzt hat, wird froh sein, das Thema in der Theorie vom Tisch zu haben. Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und Betreuungsvollmacht – alle drei Dokumente sind ganz leicht zu erstellen. Wir erklären dir, was du beachten musst. Unser Tipp lautet: Schieb diese Dinge nicht allzu lange vor dir her: Was erledigt ist, ist erledigt.

Was regeln die unterschiedlichen Verfügungen?

  • Eine Patientenverfügung hält fest, welche lebenserhaltenden Maßnahmen du wünschst – und welche du ablehnst.
  • Eine Vorsorgevollmacht dagegen regelt, wer für dich entscheiden soll, wenn du nicht mehr geschäftsfähig bist. Geregelt werden können hier nicht nur die Art der Unterbringung, sondern auch die Verwaltung des Vermögens und die Vertretung vor Behörden.
  • Wenn jemand seine Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann und keine Vorsorgevollmacht vorliegt, bestimmt das Betreuungsgericht eine:n rechtlichen Betreuer:in. In einer Betreuungsverfügung kannst du festlegen, wen das Gericht als Betreuerin auswählen soll – oder wer keinesfalls Betreuer:in sein soll.
  • Für Menschen, die sich in einer Lebenspartnerschaft oder einer Ehe befinden, gilt seit 2023 das sogenannte Notvertretungsrecht, das auf sechs Monate begrenzt ist.
Am besten in gesunden Tagen erledigen: Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht
Am besten in gesunden Tagen erledigen: Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht (Foto: Rike. / photocase.de)

Patientenverfügung

Was ist eine Patientenverfügung?

In der für Ärzte verbindlichen Verfügung wird festgehalten, welche medizinischen Maßnahmen du im Ernstfall wünschst und welche du wiederum ablehnst. Hier werden die eigenen Vorstellungen vom Lebensende festgehalten.

Die Patientenverfügung wird erst aktiv, wenn der/die Patient:in nicht mehr selbst artikulieren kann, welche Art der Behandlung er oder sie möchte. Die Patientenverfügung muss schriftlich vorliegen.

Was muss darin stehen?

  • Vor- und Familienname, Geburtsdatum, Anschrift
  • Beschreibung der Situation, in der die Patientenverfügung gelten soll
  • Genaue Angaben zu lebenserhaltenden Maßnahmen, Schmerzbehandlung, künstlicher Ernährung
  • Wünsche den Sterbeort und die Sterbebegleitung betreffend
  • Hinweis auf weitere Vorsorgeverfügungen
  • Datum und Unterschrift

Wie soll eine Patientenverfügung aussehen?

Eine Patientenverfügung muss klar formuliert sein und den Willen des Patienten oder der Patientin eindeutig erkennen lassen. Sätze wie „Ich will nicht an Schläuchen hängen“ oder „Ich möchte in Würde sterben“ sind zu unpräzise, erklären die Experten von Stiftung Warentest in ihrem Ratgeber „Richtig vorsorgen“.

Wichtig ist, dass ein:e Bevollmächtigte:r genannt wird, mit dem sich die behandelnden Ärzte bei offenen Fragen absprechen können und der den Willen des Patienten, bzw. der Patientin gut kennen sollte.

Bei inhaltlichen Fragen ist es hilfreich, diese mit dem Hausarzt, bzw. der Hausärztin zu besprechen. Hier darf auch der oder die Bevollmächtigte (siehe Vorsorgevollmacht) dabei sein, um so frühzeitig ein Bild über die Vorstellung des Vollmachtgebers zu bekommen.

Laien sind oft damit überfordert, welche Angaben wie festgehalten werden soll. Hilfreich sind Musterformulare, die den Anforderungen des Bundesgerichtshofs (BGH) entsprechen. Mehr Infos dazu bei unseren Linktipps.

⇒ Wichtig zu wissen: Wenn ein Mensch nicht mehr bei Bewusstsein ist und keine Patientenverfügung vorliegt, wird vom Gericht ein Betreuer oder eine Betreuerin eingesetzt, der oder die dann entscheidet.

Eine Patientenverfügung ist noch keine Rundum-Versorgung für den Ernstfall. Dazu braucht es zusätzlich eine Vorsorgevollmacht.

Vorsorgevollmacht

Was ist eine Vorsorgevollmacht?

In einer Vorsorgevollmacht wird eine Vertrauensperson (Ehepartner:in, Lebenspartner:in, Kinder, Geschwister, Freund:in) benannt. Diese Person wird durch die Vollmacht zum Bevollmächtigen in Sachen Gesundheit und Alltag und entscheidet – wenn du es selbst nicht mehr kannst – in deinem Namen. Bevollmächtigt werden können auch mehrere Personen, zum Beispiel die Kinder. Und: Es können auch unterschiedliche Personen für unterschiedliche Aufgaben eingesetzt werden.

Eine Vorsorgevollmacht ist auch zwischen Lebens- und Ehepartnern wichtig.

Was muss darin stehen?

  • Vor- und Familienname, Geburtsdatum, Anschrift
  • Ab wann soll die Vollmacht gelten (zum Beispiel ab sofort oder ab dem Zeitpunkt, wenn ein Arzt die Geschäftsunfähigkeit festgestellt hat)?
  • Genaue Beschreibung der Aufgaben
  • Datum und Unterschrift, optimalerweise auch vom Bevollmächtigen

Wie soll eine Vorsorgevollmacht aussehen?

In der Vollmacht sollte möglichst genau festgehalten werden, für welche Aufgaben der oder die Bevollmächtigte entscheiden soll. Diese Bereiche kannst du deinem Bevollmächtigen anvertrauen:

  • Geldgeschäfte, Vermögensverwaltung, Rechtsgeschäfte (Kontoführung, Rechnungen begleichen, Hausverkauf etc.)
  • Gesundheit (Wahl von Arzt, Krankenhaus, Pflegedienst, Untersuchungen erlauben und ablehnen etc.)
  • Wohnsituation (Pflege zu Hause oder im Pflegeheim etc.)
  • Post
  • Todesfall (Beerdigung)

Ein einfaches schriftliches Dokument ist bei einer Vorsorgevollmacht völlig ausreichend. Eine notarielle Beglaubigung ist nur notwendig, wenn es um das Verwalten größerer Vermögen oder wenn es um den Kauf oder Verkauf von Immobilien geht.

Wenn der Bevollmächtigte auch auf das Konto zugreifen soll, ist zusätzlich eine Bankvollmacht notwendig.

Wichtig zu wissen:

  • Wer keine Vorsorgevollmacht hat, bekommt einen gerichtlichen Betreuer.
  • Eine Vorsorgevollmacht kann jederzeit ganz oder in Teilen widerrufen werden.
  • Beide Vertragsteilnehmer müssen geschäftsfähig sein.
  • Es können auch unterschiedliche Personen für unterschiedliche Aufgaben eingesetzt werden.

Betreuungsverfügung

Was ist eine Betreuungsverfügung?

Alternativ oder ergänzend zur Vorsorgevollmacht ist eine Betreuungsverfügung sinnvoll. Hier wird festgehalten, wer dich im Fall des Falles betreuen und wie die Betreuung aussehen soll. Sie gilt in dem Fall, dass die Vorsorgevollmacht nicht ausreicht und das Betreuungsgericht eingeschaltet wird. Ein:e Richter:in muss den oder die Vorgeschlagene:n erst prüfen und dann zustimmen oder ablehnen. Ein Bevollmächtigter, der in einer Vorsorgevollmacht genannt wurde, darf ohne richterliche Prüfung sofort in deinem Sinne handeln.

Hier wird auch festgelegt, für welche Krankheitssituation er oder sie bestimmten Behandlungen zustimmt und welche medizinischen Behandlungen ablehnt werden.

Eine Betreuungsverfügung kann auch noch erstellt werden, wenn man nicht mehr voll geschäftsfähig ist. Besser ist es aber, sie zu schreiben, wenn man voll geschäftsfähig ist.

Eine Betreuungsverfügung sollte schriftlich verfasst sein, sie muss aber keine bestimmte Form haben.

Auch ohne Vollmacht: Wie sich Partner seit 2023 vertreten dürfen

Ob Unfall, Schlaganfall oder Herzinfarkt: Wenn Kranke einer medizinischen Behandlung nicht mehr selbst zustimmen können, konnte das bis vor kurzem auch nicht der oder die Ehe- oder Lebenspartner:in für sie tun – es sei denn, es lag hierfür eine schriftliche Vollmacht vor. Seit dem 1. Januar 2023 ist das anders. Nunmehr gilt bei gesundheitlichen Fragen automatisch ein sogenanntes Not- oder auch Ehegattenvertretungsrecht (§1358 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)). Damit kann ein:e Ehe- oder Lebenspartner:in in Notsituationen unter bestimmten Voraussetzungen für seine:n Partner:in ‚rechtliche Handlungen im Gesundheitsbereich‘ vornehmen.

Was ändert sich mit dem Notvertretungsrecht?

Das Notvertretungsrecht ist allerdings auf sechs Monate befristet. Für diese Zeit ist der behandelnde Arzt oder die behandelnde Ärztin gegenüber dem/der Ehe- oder Lebenspartner:in von der Schweigepflicht entbunden. Damit das Notvertretungsrecht gilt, darf keine anderslautende Vorsorgevollmacht vorliegen. Ist bereits ein:e Betreuer:in vom Gericht bestellt, geht diese:r ebenfalls vor.

Die Wünsche des Patienten oder der Patientin sind auch im Notvertretungsrecht maßgeblich. Diese Wünsche können in einer Patientenverfügung niedergelegt sein – oder sie sind in einem Gespräch zwischen ärztlicher Seite und den Angehörigen oder Vertrauenspersonen des Patienten oder der Patientin zu ermitteln.

Das Notvertretungsrecht greift zwar im Gesundheitsbereich, nicht jedoch bei vermögensrechtlichen Angelegenheiten. Der/die gesunde Partner:in kann keine finanziellen Angelegenheiten der erkrankten Person erledigen – zum Beispiel mit deren Geld bestimmten Forderungen nachkommen beziehungsweise Ansprüche gegenüber Behörden, also zum Beispiel dem Sozialamt, geltend machen. „Der gesunde Ehegatte oder Lebenspartner ist mit dem Notvertretungsrecht auch nicht berechtigt, Verträge des Erkrankten zu kündigen oder etwa dessen Auto zu verkaufen“, sagt Verena Querling von der Verbraucherzentrale NRW in Düsseldorf.

Apropos Verträge: Der/die gesunde Partner:in kann für die/den Erkrankte:n aber Verträge abschließen, die innerhalb der sechs Monate etwa für medizinische Behandlungen oder für Reha-Maßnahmen nötig sind.

In einer Vorsorgevollmacht kann aber auch eine andere Person, etwa die Tochter oder Sohn, als Bevollmächtigte bestimmt werden, die dann den erkrankten Menschen vertritt – und nicht der oder die Ehegatt:in oder Lebenspartner:in. Das Notvertretungsrecht greift ebenfalls nicht, wenn Ehegatten oder Lebenspartner getrennt leben. Möglich ist auch, dass die erkrankte Person einen Widerspruch gegen das Notvertretungsrecht eingelegt hat, der im Zentralen Vorsorgeregister (ZVR) hinterlegt ist. Mit Widerspruch gegen das Notvertretungsrecht ist gemeint: Die erkrankte Person will nicht, dass der oder die andere sie vertritt.

Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung und Patientenverfügung: weiterhin wichtig!

Aber: Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung und Patientenverfügung sind weiterhin wichtig! „Weil das Notvertretungsrecht nur auf Gesundheitsangelegenheiten beschränkt ist“, erklärt Verena Querling. Andere Dinge wie etwa Bankgeschäfte oder Versicherungsangelegenheiten sind durch das Notvertretungsrecht nicht abgedeckt.

Zudem: Das Notvertretungsrecht ist auf sechs Monate beschränkt. Wenn der/die erkrankte Ehe- oder Lebenspartner:in nach diesem halben Jahr noch nicht in der Lage ist, selbst Entscheidungen zu treffen, muss ein:e Betreuer:in bestellt werden – es sei denn, es liegt eine Vollmacht vor.

Vollmacht auch bei Ehe- und Lebenspartnern wichtig

Gilt das Notvertretungsrecht nicht mehr, es liegt keine Vollmacht vor und du selbst kannst wichtige Entscheidungen nicht mehr eigenhändig treffen, ist das Amtsgericht verpflichtet, eine:n rechtlichen Betreuer:in einzusetzen. Das kann zwar durchaus jemand aus der Familie sein, es kann aber auch ein Außenstehender eingesetzt werden. In der Hälfte der Fälle benennt das Gericht eine völlig fremde Person.

Eine Vorsorgevollmacht beugt diesem Fall vor, mit ihr kannst du selbst bestimmen, wer dein Vertreter:in sein soll. Für Kinder entscheiden übrigens grundsätzlich die gesetzlichen Vertreter, meist also die Eltern.

Wo sollten Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht deponiert werden?

Die nächsten Angehörigen und der Hausarzt oder die -ärztin sollten eine Kopie der Patientenverfügung bekommen. Zudem macht es Sinn, einen Hinweis bei sich zu tragen, wo man die Dokumente aufbewahrt. Wird eine Vertrauensperson bevollmächtigt, sollte diese in jedem Fall Bescheid wissen und das Dokument erhalten.

Sinnvoll ist es zudem, Vorsorgevollmacht und Verfügungen im Zentralen Vorsorgeregister (ZVR) zu hinterlegen. Das kann jede:r selbst tun. Das ZVR wird von der Bundesnotarkammer geführt. Eine Registrierung kostet einmalig 20,50 Euro.

Weitere Informationen

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