Warum Wärmepumpe und Photovoltaik nicht reichen: Das steckt hinter klimagerechtem Bauen

Gerüst vor der Holzwand eines Neubaus
Foto: © Silas Stein/dpa/dpa-tmn

Wer heute ein Haus baut oder saniert, muss die Klimakrise im Blick haben. Mit PV-Anlage oder Wärmepumpe ist es dabei nicht getan: Fachleute raten, bei der Planung größer zu denken. Dann profitiert man am Schluss auch finanziell.

Hitze und Waldbrände, Starkregen, Sturmfluten und Hochwasser – extreme Wetterereignisse nehmen zu. Wohnhäuser halten solchen Naturgewalten nur schwer stand, wenn sie nicht an die aktuellen Gegebenheiten angepasst sind. Klimagerecht Bauen ist deshalb das Gebot der Stunde. Die wichtigsten Fragen und Antworten dazu.

Was ist mit klimagerechtem Bauen gemeint?

„Unsere aktuellen baulichen Entscheidungen sollen dazu beitragen, dass wir einerseits den Klimawandel durch unsere CO2-Emissionen nicht weiter befeuern„, sagt Alexander Steinfeldt, Energieexperte der gemeinnützigen Beratungsgesellschaft co2online.

Andererseits geht es darum, die eigenen vier Wände an die Veränderungen durch den Klimawandel anzupassen.

Klimagerechtes Bauen bedeutet also, Gebäude so zu planen, dass sie den heutigen und künftigen Klimaveränderungen gewachsen sind und der Bau selbst die Umwelt möglichst wenig belasten. 

Mehr als Photovoltaik-Anlage und Wärmepumpe: „Eine neue Herausforderung“

Nicht ganz: „Klima-angepasstes Bauen ist im Grunde so alt wie die Menschheit. Wetter und Klima haben schon immer wesentlich entschieden, wo und wie gebaut wird„, sagt Markus Hennecke von der Bayerischen Ingenieurkammer-Bau. Deshalb sehen Häuser in den Bergen anders aus als die an der Küste, am Mittelmeer anders als im hohen Norden. Auch die ständige Anpassung an Klimaveränderungen wie stärkere Winde, höhere Schneelasten oder steigende Temperaturen ist nicht neu. 

„Dazu kommt jetzt aber eine dritte Dimension. Es gilt, ressourceneffizient zu bauen„, so Hennecke. „Das heißt, Bau und Betrieb der Immobilie sollen möglichst wenig Treibhausgase verursachen. Das ist eine neue Herausforderung.“

Klimagerechtes Bauen ist also mehr als eine Photovoltaikanlage auf dem Dach und eine Wärmepumpe im Keller zu planen. „Es ist eine umfassende Planungsaufgabe. Architekten, Energieberater, Bauphysiker und Landschaftsplaner müssen frühzeitig eng zusammenarbeiten“, so Alexander Steinfeldt. Dabei müssen sie sowohl „den Lebenszyklus des Gebäudes und seiner Bauteile als auch die lokalen Gegebenheiten berücksichtigen.“

Die Planung: Fachleute suchen, lokale Besonderheiten berücksichtigen

„Bauherren, die viel Wert auf klimagerechtes Bauen legen, müssen selbst aktiv werden. Sie können nicht einfach bei der Planung eines Hauses ein Klimapaket dazu buchen“, sagt Architekt und Berater Andreas Köhler vom Bauherren-Schutzbund. 

Am besten also Architekt:innen oder Planer:innen suchen, der sich auf das Thema spezialisiert hat. Dabei hilft das Bundesregister Nachhaltigkeit, eine Datenbank mit ausgewiesenen Fachleuten.

Gerüst vor der Holzwand eines Neubaus
Klimagerechtes Bauen umfasst Baustoffe, Dämmung, Energieversorgung und Standortanpassung. (Foto: © Silas Stein/dpa/dpa-tmn)

„Mit diesem Fachmann sollte der Bauherr direkt zu seinem Grundstück fahren, dort die Gegebenheiten prüfen und Schlüsse daraus ziehen“, rät Andreas Köhler. Dazu ein paar Beispiele:

  • Wer nah an einem Fluss bauen will oder an einem Hang, müsse mindestens dafür sorgen, dass der Keller „Druckwasser-dicht“ ist.
  • Häuser an Berghängen sind heute zudem oft starkem Windsog ausgesetzt und müssen dafür ausgelegt sein.
  • Auch die Ausrichtung des Gebäudes ist wichtig. Ist es viele Stunden am Tag der Sonne ausgesetzt, spart das im Winter zwar Energie. Im Sommer braucht es aber zusätzliche Maßnahmen, etwa Vordächer oder einen Hitzeschutz, um die Sonneneinstrahlung zu begrenzen.

„Solche Dinge sollten Bauherren mit dem Fachplaner besprechen, ehe überhaupt mit der detaillierten Bauplanung begonnen wird“, rät Architekt Köhler.

Was ist klimafreundliches Baumaterial?

„In konventionellen Baumaterialien wie Zement oder Gips steckt schon viel Energie, die bei der Produktion und beim Transport aufgewendet wurde“, sagt Christian Handwerk, Energieexperte bei der Verbraucherzentrale NRW. „Nachhaltiger ist es, nachwachsende und natürliche Baustoffe zu verwenden, also etwa Gipskartonplatten durch Lehmplatten zu ersetzen.“

„Für die Dämmung gibt es ökologische Alternativen zu Kunststoff, etwa aus Hanf oder Zellulose„, sagt Alexander Steinfeldt. „Diese natürlichen Materialien sorgen oft auch für ein angenehmeres Raumklima, speichern CO2 während ihrer Lebenszeit und können später leichter recycelt werden.“

Was ist der Passivhaus-Standard?

Ein besonders energieeffizienter Gebäudetyp ist das sogenannte Passivhaus. Es nutzt die vorhandene Wärme im Haus, erklärt Alexander Steinfeld, etwa von Menschen, Geräten oder der Sonne, so gut aus, dass fast keine Heizung mehr nötig ist. Dafür braucht es eine einwandfreie Dämmung, luftdichte Fenster und eine Lüftungsanlage, die frische Luft ins Haus bringt, ohne Wärme zu verlieren. 

Falls doch geheizt werden muss, sollte dies möglichst mit erneuerbaren Energien geschehen, etwa einer Wärmepumpe oder Solarthermie. Eine Photovoltaikanlage kann Strom erzeugen, der in einem Speicher für den Eigenverbrauch gesammelt wird.

Gibt es Förderungen für klimagerechtes Bauen?

Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) bietet vier Programme zur Finanzierung von Wohneigentum an. Das ist zum einen das Wohneigentums-Programm (124), über das alle Kredite in Höhe von bis zu 100.000 Euro aufnehmen können, die Wohnraum kaufen oder bauen und selbst darin wohnen wollen.

Dieser Kredit ist mit weiteren zinsgünstigen Förderkrediten kombinierbar: mit dem KfW-Kredit (297, 298) Klimafreundlicher Neubau, dem KfW-Kredit (296) Klimafreundlicher Neubau im Niedrigpreissegment und dem KfW-Kredit (300) Wohneigentum für Familien – Neubau. Überdies werden Neubauten, die das Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude (QNG) erfüllen, zusätzlich gefördert.

Klimafreundliche Häuser haben auch finanzielle Vorteile

„Sie profitieren ganz persönlich vom Einsatz natürlicher Materialien, einem geringen Energieverbrauch und einem gesunden Klima im Haus“, so Andreas Köhler. Es lebt sich einfach angenehm, wenn man weiß, dass das Haus gut für die Gegenwart und Zukunft gerüstet ist. 

„Und es hat auch einen finanziellen Vorteil“, sagt Christian Handwerk. Denn: „Klimafreundliche Häuser mit geringem Energieverbrauch haben längerfristig einen höheren Wert als konventionell errichtete Gebäude.“

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