Der Verein Ärzte gegen Tierversuche vergibt jährlich den Negativ-Preis „Herz aus Stein“. Nun steht der traurige Gewinner für 2018 fest: Das Rennen machte die Uni Ulm, welche Nagetiere in Experimenten unter anderem zum Passivrauchen zwang.
Labormäuse müssen wochenlang passiv rauchen. Dann wird ihre Brust mit einer starken Druckwelle beschossen, was eine Quetschung der Lunge bewirkt. Anschließend wird ihnen so viel Blut abgenommen, dass sie einen Schock erleiden. Überlebende Mäuse lässt man ausbluten.
An der Universität Ulm haben Forscher mit mindestens 42 Mäusen solche Experimente durchgeführt. Die Wissenschaftler des Instituts für Anästhesiologische Pathophysiologie wollten mit ihrer Studie erforschen, wie sich Rauchen bei Lungenquetschungen auswirkt. Neben wissenschaftlichen Erkenntnissen gewann das Forscherteam nun eine besonderen Ehrung – das „Herz aus Stein“ 2018.
Herz aus Stein: Negativpreis für grausame Tier-Experimente
Der Verein Ärzte gegen Tierversuche verleiht den Negativpreis „Herz aus Stein“ an Forscherteams, die besonders grausame Experimente an Tieren durchführen. Besucher der Website des Vereins konnten bis Anfang März darüber abstimmen, wer das steinerne Herz gewinnt. Auf der Seite finden sich auch detaillierte Beschreibung der nominierten Experimente. Die Informationen zu den Versuchen stammen ursprünglich aus Publikationen in Fachzeitschriften, die der Verein in seiner Datenbank sammelt.
Der Negativpreis soll vor allem Aufmerksamkeit erregen. „Mit der Abstimmung wollen wir exemplarisch einige besonders absurde oder grausame Tierversuche ans Licht der Öffentlichkeit bringen“, so Dr. Corina Gericke, Vorstandsmitglied von Ärzte gegen Tierversuche.
Letztes Jahr gewann das Max-Planck-Institut für Molekulare Medizin in Berlin das „Herz aus Stein“. Das dortige Forschungsteam hatte in Versuchen Mäuse und Nacktmulle erstickt. Doch die 2.700 Mitglieder des Vereins „Ärzte gegen Tierversuche“ zeichnen nicht nur besonders grausame Forschung aus: Seit 2011 verleihen sie auch den „Herbert-Stiller-Preis“, der Forschung fördert, die ohne Tierleid auskommt.
Der Verein hat bekannt gegeben, der Uni Ulm am 2. April 2019 das Herz aus Stein offiziell zu überreichen.
Kontroverse Rauch-Experimente an Mäusen
Der Verein Ärzte gegen Tierversuche hatte nach eigenen Angaben bereits im Januar gegen das Rauch-Experiment an der Uni Ulm protestiert. Die Universität verteidigte sich gegen die Vorwürfe: Laut Universitäts-Sprecherin Annika Bingmann hätten die Labormäuse keine Qualen erlitten. Einer Pressemitteilung zufolge fanden die traumatischen Belastungen „in tiefer Narkose und unter ausreichender Schmerzmittelgabe“ statt.
Dr. Gericke erklärte hingegen: „Die Experimentatoren behaupten, die Versuche hätten vollständig unter Narkose stattgefunden; dies ist falsch, denn die Mäuse mussten natürlich bei vollem Bewusstsein drei Wochen lang täglich den Rauch von acht Zigaretten einatmen. Mit diesem absurden und grausamen Versuch hat die Uni Ulm das ‚Herz aus Stein’ verdient.“
In einer Pressemitteilung stellte der Verein außerdem infrage, ob die Ergebnisse der Studie überhaupt auf Menschen übertragbar seien: „Es ist völlig absurd anzunehmen, man könne eine chronische Lungenerkrankung wie COPD, die beim Menschen nach jahrelangem Nikotinkonsum auftritt und mit zahlreichen Begleiterkrankungen einhergeht, durch drei Wochen zwangsweises Passivrauchen bei der Maus darstellen.“
Magersucht, Knochenkrebs und Stress-Stimulation: Das waren die Nominierten
Neben dem Experiment der Uni Ulm waren vier weitere Tierversuche für den Negativpreis nominiert: An der Uniklinik RWTH Aachen wollten Forscher neue Erkenntnisse zu Magersucht bei Teenagern gewinnen. Dafür testeten sie an 71 Rattenweibchen, was passiert, wenn man Tiere kontinuierlich aushungert. Einige der vier Wochen alten Ratten wogen bereits nach sieben Tagen nur noch ein Viertel ihres vorherigen Gewichtes. Dem Tierschutz-Verein zufolge haben die Forscher bereits weitere Versuche mit längeren Hungerzeiten angekündigt.
Ebenfalls nominiert: Ein Institut der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg untersuchte die Hirnaktivität von Ratten, indem sie ihre Köpfe fixierten und die Schnurrhaare bewegten. In einer Hamburger Klinik für Geburtshilfe wurden schwangere Mäuse 24 Stunden lang einem lauten Ton ausgesetzt, um schweren Stress auszulösen. Und im Deutschen Krebsforschungszentrum Heidelberg implantierte man Nacktmäusen menschliche Knochenkrebstumore.
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