Das Gehalt von Vorständen in Dax-Unternehmen liegt im Durchschnitt 71-mal über dem durchschnittlichen Gehalt der Beschäftigten in ihrer Firma. Bringt das die Wirtschaft wirklich weiter? Und wer tut endlich etwas dagegen?
Die oft völlig überhöhten Gehälter von Vorstandsvorsitzenden sind in den letzten Jahren immer wieder ins Kreuzfeuer geraten. Doch trotz der wachsenden Kritik aus zahlreichen Bereichen der Öffentlichkeit ändert sich einfach nichts. Im Gegenteil: Die Schere bei den Gehältern wächst ungeniert, Arbeitnehmer:innen verdienen prozentual zunehmend weniger als Vorstandsmitglieder.
Lag der Durchschnitt der „Manager to Worker Pay Ratio“ im Jahr 2005 in der damaligen DAX-30-Zusammensetzung noch beim 42-fachen, stieg er innerhalb von sechs Jahren bis zum Jahr 2011 bereits auf das 62-fache. 2017, weitere sechs Jahre später, zahlen sich die Chef:innen inzwischen durchschnittlich das fürstliche 71-fache.
Das ist das Ergebnis einer Studie des Instituts für Mitbestimmung und Unternehmensführung (IMU) aus dem Jahr 2018. Und diese krassen Zahlen sollten uns wirklich zu denken geben. Denn: Ja, große Verantwortung zu tragen und hohe Kompetenz einzubringen, das muss Unternehmen ein höheres Gehalt wert sein, das gebietet schon der Wettbewerb um kompetente Manager:innen. Aber das 71-fache?
Überhöhte Management-Gehälter: auch international ein Problem
Das Problem existiert weltweit. In den USA zum Beispiel sind die Vergütungen von CEOs zwischen 1978 und 2020 um durchschnittlich 1300 Prozent gestiegen. Zum Vergleich: Der durchschnittliche Lohnanstieg der dortigen Arbeitnehmer:innen blieb auf magere 18 Prozent begrenzt. Und: Im Schnitt verdienen US-Firmenchef:innen heute das 320-fache ihrer Angestellten (im Jahr 1978 war es „nur“ das 27-fache).
Die Zahlen stellte das Economic Policy Institute fest und musste sie 2021 noch einmal nach oben korrigieren: CEOs wurden in diesem Jahr gleich 399-mal so gut bezahlt wie durchschnittliche Arbeitnehmer:innen! In einem solchen Ausmaß ist das schon lange keine „Neidbatte“ mehr, bei dieser Fehlentwicklung kann einfach nicht mehr geleugnet werden, dass die Reichen reicher werden, weil das Geld von unten nach oben umverteilt wird.
Dieses Ungleichgewicht ist auch aus rein ethischer Sicht problematisch. Denn das bedeutet im Klartext, dass Manager:innen in einem Monat (!) so viel verdienen können wie Arbeitnehmer:innen in ihrem ganzen Leben.
Nur schlechte Unternehmen zahlen zu hohe Gehälter
Dass große Ungleichheiten auch großes Konfliktpotential mit sich bringen, gilt für die Gesellschaft im Ganzen, aber auch für die Unternehmen selbst. Denn dort zählt am Ende doch die Gruppenleistung. Und es kann überaus demotivierend auf Mitarbeiter:innen wirken, wenn die Chef:innen so viel mehr verdienen als sie selbst. Dass „Leistung sich lohnen“ muss, gilt nämlich auch für alle Arbeitnehmer:innen.
Daher sollte man sich schon aus rein wirtschaftlicher Sicht fragen, ob der Beitrag des CEO seine oder ihre extrem hohe Vergütung wirklich rechtfertigt. Ganz im Gegenteil können Boni CEOs zu kurzsichtigem Handeln verleiten, insbesondere bei Aktienoptionen, wo die potenziell fast unbegrenzten Gewinne riskantes CEO-Verhalten provozieren können.
Nicht zuletzt stellt sich die Frage: Könnte dieses Geld nicht besser eingesetzt werden? Eine wirtschaftliche Funktion haben überhöhte Gehälter nämlich nicht. Diese Frage sollten sich demnach zunehmend und laut auch Aktionär:innen und Investor:innen stellen: CEOs, die 500-mal so viel verdienen wie durchschnittliche Mitarbeiter:innen, sind nämlich einfach durch nichts zu rechtfertigen. Ihre überhöhten Manager:innen-Gehälter zahlen auf kein wirtschaftlich sinnvolles Ziel mehr ein. Ihre Bezahlung nützt weder Aktionär:innen noch der Entwicklung des Unternehmens oder seiner Angebote.
Wie man die Ungleichheit beim Gehalt eindämmen kann
Weil überhöhte Manager:innen-Gehälter keine wirtschaftliche Funktion haben, lässt sich diese Fehlentwicklung immerhin eindämmen, ohne dass Wirtschaft, Unternehmen und Produkte davon in irgendeiner Weise geschädigt werden. Nur die Ungleichheit wird reduziert. Und das ist nicht so schwer:
- Wer Geld investiert, entscheidet auch darüber, in welche Unternehmen dieses Geld fließt. Institutionelle Anleger:innen sollten daher nur auf Unternehmen setzen, die auf übertriebene Management-Gehälter verzichten. Private Anleger:innen können sich wiederum für solche Investments entscheiden, die auf solchen Kriterien beruhen.
- Professionelle Investor:innen wie zum Beispiel Investment-Unternehmen können eine Obergrenze für das Gehalt einführen. Wird dieses überschritten, ist eine Investition ausgeschlossen. Das sagt sich leichter, als es getan ist: Man muss dabei auch zwischen kleinen, mittleren und großen Unternehmen unterscheiden, den Marktwert und die Zahl der Mitarbeiter:innen berücksichtigen und vieles mehr. Aber: es geht.
- Privatinvestor:innen und sog. institutionelle Investoren, wie Fondsgesellschaften, können aber auch auf die Gehaltsverhältnisse in den Unternehmen achten, also die Frage stellen: Wie viel mehr verdient der oder die CEO des Unternehmens als dessen Mitarbeiter:innen im Durchschnitt? Hier lässt sich dann ein Grenzwert einführen, und sei es nur 100 zu 1, der Unternehmen mit den oben genannten 399 zu 1 ausschließen würde.
Ein Beispiel für die Schwierigkeiten, auf die man dabei stößt: Bei der Deutschen Post gönnt man sich besonders hohe Gehälter, während die Angestellten besonders schlecht bezahlt werden. Damit ist natürlich anders umzugehen als etwa beim Softwareriesen SAP. Dort sparen die Chef:innen zwar ebenfalls nicht bei sich selbst – aber wenigstens verdienen auch die Angestellten überdurchschnittlich. So fällt unterm Strich die Schieflage beim Verhältnis der Vergütungen bei SAP geringer aus, als bei der Post (Quelle).
So weit, so gut. Nur nützten solche Ideen leider nichts, wenn institutionelle Anleger:innen solche Kriterien nicht mal kennen, geschweige denn berücksichtigen. Die gute Nachricht: Das ist nicht überall so. Wirklich nachhaltige Investmenthäuser können das sehr wohl.
Triodos Investment Management achtet auch auf Management-Gehälter
Ökobanken haben nicht nur bei Umweltthemen, sondern auch bei ethisch-sozialen Fragen früh Pionierarbeit geleistet. Ein Beispiel ist Triodos Investment Management (Triodos IM), das über nachhaltige Investitionen entscheidet, insbesondere bei ihren weltweit tätigen Fondsgesellschaften. Triodos IM bewertet Unternehmen nach zahlreichen strengen Kriterien, um auf deren Basis über eine Investition in das Unternehmen zu entscheiden.
Zu diesen Kriterien gehören nicht nur ESG-Parameter und positiver Impact, sondern inzwischen auch die Bezahlung von CEOs. Triodos Investment Management spricht mit Unternehmen, die im nachhaltigen Anlageportfolio von Triodos IM vertreten sind, und diskutiert dabei die gesamte Vergütungsstruktur, nicht nur die Höhe der Vergütung.
„Die Vergütung des Vorstandsvorsitzenden ist eines der Kriterien, die wir bei unserer Aktienauswahl berücksichtigen“, sagt die Investmentanalystin Iris Lether von Triodos IM. Nur, wenn bei der Vergütungsstruktur bestimmte Grenzwerte nicht überschritten werden, kann das Unternehmen in Triodos-Portfolios aufgenommen werden. „Rund 13 Prozent der im MSCI World Index vertretenen Unternehmen überschreiten unsere Vergütungsgrenze.“
Bei Triodos (Bank & Investmentgesellschaft) wird ganz bewusst das Verhältnis zwischen Spitzengehalt zum mittleren Einkommen gesteuert. Es lag 2021 bei 5,2 und ist in den letzten Jahren sogar leicht gesunken. Dabei richtet sich das Verhältnis von Spitzengehalt zum mittleren Einkommen nach den Richtlinien der Global Reporting Initiative (GRI) und wird als Best Practice angesehen.
Lies dazu mehr Details im Beitrag: „Wenn genug genug ist – warum CEO-Vergütungen begrenzt sein müssen“ auf triodos.de, wo auch das kostenlose PDF-Whitepaper „“Executive remuneration – Enough is enough“ noch detaillierter auf die Hintergründe eingeht.
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