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Warum ich mein Interrail-Ticket bereue: 5 Dinge hätte ich gerne vor dem Kauf gewusst

Interrail Ticket
Foto: Screenshot (Interrail-App) // CC0 / Unsplash - Ammaer ElAmir

Im Herbst 2024 startete Utopia-Redakteur Benjamin eine Zugreise durch Südosteuropa und kaufte sich dafür ein Interrail-Ticket. Doch vieles kam anders als erwartet und am Ende bereute er den Kauf. Das sind seine Gründe.

Im Sommer 2024 plante ich die bisher längste Soloreise meines Lebens: Vier Wochen lang wollte ich Italien, Griechenland und Osteuropa erkunden und dafür öffentliche Verkehrsmittel nutzen. Ich hatte schon einige Male mit dem Gedanken gespielt, mir ein Interrail-Ticket zuzulegen, als Interrail selbst plötzlich mit einem zeitlich befristeten Sonderangebot lockte. Ganze 20 Prozent Rabatt gab es auf die sogenannten Global-Pässe. Als Erwachsener über 27 Jahre musste ich statt 696 Euro „nur“ 557 Euro bezahlen, um für einen Monat eine europäische Zug-Flatrate zu erhalten.

Ich dachte mir – allein schon aufgrund des massiven Rabatts von 139 Euro -, dass ich mit diesem Deal ein echtes Schnäppchen schlagen würde. Doch ich hatte nicht nachgerechnet und auch mehrere andere Faktoren nicht auf dem Schirm. Am Ende war die Entscheidung für Interrail unnötig teuer. Und auch der zweite Vorteil – bequem, flexibel und stressfrei reisen zu können – enttäuschte meine Erwartungen. In diesem Artikel möchte ich erklären, was ich bei meiner Planung falsch gemacht habe. Denn ein Interrail-Ticket kann zwar Geld sparen und flexibles Reisen ermöglichen, doch für bestimmte Reiserouten und -vorlieben ist es nicht die beste Wahl.

Was ist überhaupt ein Interrail-Ticket?

Beim Interrail-Ticket handelt sich um eine Art Bahn-Flatrate für Europa, die es Reisenden erlaubt, für einen festgelegten Zeitraum beliebig viele Zugfahrten in den teilnehmenden Ländern zu unternehmen. Hier einige Eckdaten:

  • Gültigkeit in 33 europäischen Ländern
  • Nutzung von 35 Bahngesellschaften und Fährunternehmen
  • Verfügbar als Global Pass (für alle teilnehmenden Länder) oder One Country Pass (für ein einzelnes Reiseland)
  • Flexible Gültigkeitsdauer von 15 Tagen bis zu 3 Monaten
  • Günstigere Flexi-Pässe erlauben Reisen innerhalb des festgelegten Zeitraums nur an einer bestimmten Anzahl an Tagen (z. B. gültig an 4 Tagen innerhalb eines Monats)
  • Digitale Version in der Interrail-App oder als Papierticket erhältlich

Die Kosten variieren je nach Alter und gewählter Gültigkeitsdauer:

  • Jugendliche (12-27 Jahre): ermäßigter Preis
  • Erwachsene (28-59 Jahre): Standardpreis
  • Senioren (ab 60 Jahre): leicht ermäßigter Preis

Ein einmonatiger Global Pass kostet beispielsweise 522 Euro für Jugendliche, 626 Euro für Senior:innen und 696 Euro für Erwachsene (Stand März 2025). Letztere ist die Variante, die ich gekauft habe, allerdings zum ermäßigten Preis von 557 Euro.

Meine Reiseroute mit Interrail

Ursprünglich hatte ich folgende Route geplant: Nürnberg – Zürich – Mailand – Venedig – Rom – Neapel – Bari – Patras – Athen – Kreta – Santorini – Athen – Sofia – Bukarest – Brașov – Budapest – Wien – Nürnberg. Alle auf der Route durchquerten Länder (Deutschland, Schweiz, Italien, Griechenland, Bulgarien, Rumänien, Ungarn, Österreich) sind laut Interrail im Global Pass enthalten. Geplant war eine vierwöchige Reise von Mitte September bis Mitte Oktober, deshalb schien der 1-Monats-Pass die optimale Wahl zu sein. Denn man kann seinen Reisemonat auch mitten in einem laufenden Kalendermonat starten.

Interrail-Ticket
Meine Reise führte mich unter anderem nach Rom. Innerhalb Italiens funktionierte Interrail hervorragend. (Foto: Utopia/bh)

Aus diesen 5 Gründen bereue ich mein Interrail-Ticket

Doch als die Planung konkreter wurde, wurden mir einige Einschränkungen des Interrail-Passes bewusst und es wuchsen die ersten Zweifel an meiner Kauf-Entscheidung. Und das war erst der Anfang einer Reihe von Problemen.

1) Ob Interrail sinnvoll ist, hängt von den Zielländern ab

Es fing schon damit an, dass meine Reiseroute nicht optimal zum Interrail-Ticket passte. Der Anfang eignete sich noch hervorragend. Schweiz, Deutschland, Italien: Das sind alles Länder mit einem gut ausgebauten Schienennetz, das sich mit dem Interrail-Ticket bequem befahren lässt. Auch die Buchungen in diesen Ländern funktionierten reibungslos.

Doch für eine Griechenland-Reise ist ein Interrail-Global-Pass eine denkbar schlechte Entscheidung. Erstens gibt es in dem beliebten Urlaubsland kaum Züge, zweitens beinhaltete meine Reise nach und innerhalb Griechenlands mehrere Fahrten übers Meer. Zwar bietet Interrail auch einen „Griechische Inseln Pass“ für Fähren, aber im Global Pass sind diese nicht enthalten. Ich hatte ungefähr zehn Tage Aufenthalt in Griechenland geplant, in denen das Interrail-Ticket quasi nutzlos war. Auch für die anschließende Reise nach Sofia gab es über Interrail keine verfügbare Zugverbindung, sodass ich dafür in einen Fernbus umsteigen musste.

Jetzt hätte ich auch sagen können: Dann ändere ich eben meine Route. Doch Griechenland war das Hauptziel meiner Reise. Ich wollte dorthin ohne zu fliegen, deshalb hatte ich eine Route geplant, mit der ich auf dem Weg möglichst viele andere spannende Orte sehen kann. Und diesen Plan wollte ich nicht aufgeben.

2) Man muss das Ticket wirklich viel nutzen, damit es sich lohnt

Kommen wir zum Kostenfaktor. Aufgrund der Tatsache, dass ich fast die Hälfte meiner Reisezeit in Gegenden verbrachte, in denen Interrail nutzlos war, stellte sich das Ticket – trotz 20 Prozent Rabatt – als zu teuer heraus. Als ich zum ersten Mal überprüfte, was mich die Fahrten mit Einzelbuchungen gekostet hätten, wären es maximal 400 Euro gewesen.

Diese Rechnung habe ich etwa einen Monat vor der Reise durchgeführt. Bei früherer Buchung wären die Tickets womöglich noch günstiger gewesen. Als mir bewusst wurde, dass ich mindestens 150 Euro zu viel bezahlt hatte, wollte ich stornieren. Allerdings waren bereits sieben Tage seit dem Kauf des Passes vergangen und somit hatte ich den Anspruch auf volle Rückerstattung verloren. Stattdessen hätte ich nur 85 Prozent des Kaufpreises zurück bekommen. 15 Prozent, also etwa 80 Euro, wären verschwendet gewesen.

Hinweis: Im Oktober 2024 haben sich die Richtlinien für die Rückerstattung eines Interrail-Tickets geändert. Seitdem werden nur noch zehn Prozent des Kaufpreises und maximal 25 Euro fällig.

Ich wägte also ab: Ist es mir den Stress wert, 70 oder maximal 100 Euro einzusparen, und mir dafür alle Tickets nochmal einzeln zu kaufen? Ich entschied mich dafür, beim Interrail-Ticket zu bleiben. Immerhin hatte ich so noch den Vorteil, bei der Reise flexibel zu sein – wobei es auch hier Enttäuschungen gab.

3) Interrail ist nicht ganz so flexibel wie gedacht

Mit einem Ticket unbegrenzt quer durch Europa reisen, egal mit welchem Zug? Das kann man mit Interrail nicht. Denn Hochgeschwindigkeits- sowie Nachtzüge benötigen meist eine Reservierung. Diese kostet in der Regel je nach Bahnunternehmen zwischen drei und 15 Euro pro Fahrt. Zusätzliche Kosten also, wenn man möglichst schnell und zeitsparend unterwegs sein möchte.

Der Aufpreis ist eine Sache, doch mit den verpflichtenden Reservierungen steht man auch vor einem Dilemma: Entweder man opfert Flexibilität und legt sich von vornherein auf einen Zug fest oder man bleibt flexibel, opfert aber die Gewissheit, überhaupt mit dem entsprechenden Zug fahren zu dürfen. Vielleicht wäre ich das Risiko eingegangen, nicht im Vorfeld zu reservieren, hätte ich nicht vor ein paar Jahren schon mal eine negative Erfahrung damit gemacht.

2022 hatten sich meine Freundin und ich zwei Interrail-Flexi-Pässe besorgt, um von Berlin nach Südspanien zu fahren. Wir dachten nicht, dass eine vorzeitige Reservierung wirklich notwendig sein würde. Aber als wir dann wenige Tage vor Abfahrt unsere Fahrten auswählen wollten, waren alle Schnellzüge innerhalb Frankreichs bereits restlos ausgebucht – sowohl für die Hin- als auch für die zwei Wochen später geplante Rückfahrt. Es war schlicht nicht mehr möglich, Züge zu wählen, mit denen beide Fahrten innerhalb der uns mit dem Flexi-Pass zur Verfügung stehenden vier Reisetage zu schaffen waren. Also mussten wir die Reise absagen.

Das alles ist kein Problem, wenn man auf seiner Reise keinen Zeitdruck hat und sich einfach treiben lässt, wohin einen Interrail trägt. Aber dafür bin ich einfach nicht der Typ. Ich plane eine Route und will Gewissheit, dass sie auch klappt.

Immerhin: An den Tagen, an denen ich keinen Hochgeschwindigkeitszug reserviert hatte, habe ich die Flexibiliät von Interrail sehr genossen. Denn obwohl ich meine Unterkünfte im Voraus gebucht und somit meine Reisetage vorher festgelegt hatte, konnte ich mich dank des Global-Passes spontan entscheiden, um welche Uhrzeit ich zum nächsten Ziel aufbreche.

4) Das Reservierungssystem kann einen zur Weißglut treiben

Eigentlich war es diese Freiheit und Unkompliziertheit, die ich mir von Interrail erhofft hatte. Aber wenn es ums Thema Reservierungen geht, ist der Global Pass nicht wirklich unkompliziert bzw. hängt es auch hier vom Reiseland ab. Zwar hat Interrail, ähnlich wie der DB Navigator der Deutschen Bahn, eine App, in der man seine Routen einplanen und buchen kann. Allerdings sind Reservierungen nicht über die App möglich, sondern nur über die Interrail-Website. Ein bisschen umständlich und nicht ganz zeitgemäß, aber nicht weiter tragisch. Immerhin hat dieser Prozess bei meinen Italien-Reservierungen nach anfänglicher Verwirrung dann doch recht gut geklappt.

Problematisch wurde es aber, als ich einen rumänischen Zug reservieren wollte. Interrail zeigte mir in seinem Routenplaner mehrere Optionen an, doch egal, welche davon ich ausprobierte, immer kam eine nicht genauer definierte Fehlermeldung. Tage später immer noch dasselbe Spiel: Ich konnte mich fast bis zum Ende der Buchung durchklicken, konnte sie aber nie abschließen.

Interrail-Ticket
Die Buchungsplattform von Interrail funktioniert nicht bei jedem Zug. (Screenshot: interrail.eu)

Also recherchierte ich im Internet und fand heraus: In Rumänien kann man Züge frühestens einen Monat im Voraus reservieren. Daran würde es wohl liegen, dachte ich. Also wartete ich eine Weile und probierte es nochmal, als der Zeitpunkt erreicht war. Doch die Fehlermeldung blieb dieselbe. Es war schlicht nicht möglich, Reservierungen rumänischer Züge über Interrail vorzunehmen.

Aufgrund eines vorherigen Kontakts mit dem Interrail-Support wusste ich, dass man sich in solchen Fällen direkt an die entsprechende Bahngesellschaft wenden muss. In Rumänien war das die Căile Ferate Române (CFR). Das Problem: Man kann dort keine Reservierung einzeln buchen, ohne sich gleichzeitig ein Ticket zu kaufen. Also wandte ich mich per Mail an die CFR. Die Antwort: Reservierungen gibt es nur am Schalter vor Ort. Super, jetzt musste ich mich darauf verlassen, dass ich dort kurzfristig eine Reservierung bekommen würde.

Mich nervte dieser ganze Prozess. Für den hohen Preis eines Interrail-Tickets hatte ich mir mehr Komfort bei den Buchungen erhofft. Vor allem, dass mich die Interrail-Website immer wieder den gesamten Buchungsprozess durchlaufen ließ und mir jeweils erst am Ende eine Fehlermeldung ohne weitere Details präsentierte, stieß mir sauer auf. Letztendlich entschied ich mich trotzdem dafür, darauf zu vertrauen, dass es schon klappen würde, wenn ich vor Ort buche. Doch so weit kam es gar nicht.

5) Bei Reiseabbruch bleibt man auf hohen Kosten sitzen

Dummerweise bekam ich schon an Tag 3 meiner Reise Knieprobleme. Nachdem ich in Rom einen Orthopäden aufgesucht hatte, der Entwarnung gab und mich mit Ibuprofen versorgte, setzte ich meine Reise unter Schmerzen noch bis Athen fort. Doch da keine wirkliche Besserung eintrat und ich die Probleme nicht noch verschlimmern wollte, brach ich die Reise ab, setzte mich ins Flugzeug nach Wien und nutzte mein Interrail-Ticket noch für die letzte Fahrt von Österreich nach Deutschland.

Interrail-Ticket
Fliegen wollte ich vermeiden, aber die Gesundheit ging vor. Aufgrund günstiger Preise flog ich nach Wien und nutzte mein Interrail-Ticket noch ein letztes Mal für die Weiterreise nach Deutschland. (Foto: Utopia/bh)

Vielleicht hätte ich die Reise auch schon früher abgebrochen, wenn es möglich gewesen wäre, das Geld für den Interrail-Pass zurückzubekommen. Doch ab Reiseantritt war keine Stornierung mehr möglich und vorausschauend genug, eine Reisekostenversicherung abzuschließen, war ich auch nicht. Hätte ich einzelne Züge mit Stornierungsoption gebucht, hätte ich zumindest einen großen Teil des Geldes erstattet bekommen. Die griechischen Fähren und den Fernbus nach Sofia konnte ich auf diese Weise mit geringen Verlusten stornieren.

Aber getrieben von den bereits investierten 557 Euro für die Zug-Flatrate, wollte ich zumindest noch das Kapitel Italien – wo ich von Interrail am meisten profitierte – abschließen. Voll genießen konnte ich es nicht und für meine Knie-Gesundheit war das viele Laufen und Kofferschleppen sicher auch nicht optimal.

Fazit: Ein Interrail-Ticket eignet sich nicht für jede Europa-Reise

Aus meinen vielen Fehlern habe ich gelernt, dass man sich vor dem Kauf eines Interrail-Tickets ganz genau überlegen sollte, wie und wohin man reisen will. In Deutschland, Österreich, Schweiz und Italien habe ich sehr gute Erfahrungen mit dem Global Pass gemacht, doch für eine Reise durch Südosteuropa halte ich die Zug-Flatrate für eher ungeeignet.

Auch sollte man vorher durchrechnen, wie viel es kosten würde, wenn man die Züge einzeln bucht und sich auch nicht von großen Rabatten zu einem undurchdachten Kauf locken lassen. Eine Reisekostenversicherung ist aus meiner Sicht bei einem solch teurem Ticket ebenfalls empfehlenswert.

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