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Erste Woche ohne Homeoffice: Früher selbstverständlich, heute eine Challenge?

Homeoffice Büro Selbsttest
Foto: CC0 Public Domain / Unsplash – Annie Spratt (Symbolbild)

Seit Jahren hat unsere Redakteurin keine komplette Arbeitswoche mehr im Büro verbracht. Sie ist dankbar für die Option auf Homeoffice – will aber auch wissen: Wie wäre es, wieder täglich ins Büro zu gehen? Ein Selbstversuch.

Die Kaffeemaschine summt, ein Nachrichten-Podcast läuft im Hintergrund und ich schalte schon mal den Rechner an. So oder so ähnlich beginnen viele meiner Arbeitstage. Möglich ist das nur, weil ich seit der Corona-Pandemie einen Großteil der Woche im Homeoffice arbeite – wie auch viele meiner Kolleg:innen. Eine Arbeitswoche ausschließlich im Büro zu verbringen, das habe ich seit Corona nicht mehr gemacht. Das ist ein Privileg von Büro-Angestellten, dessen bin ich mir bewusst. Doch ab und zu denke ich trotzdem nostalgisch an 2019 zurück: Jeden Tag mit den Kolleg:innen verbringen, ein volles Büro, live mitbekommen, was jeden Tag in der Firma geschieht. Kann ich das auch 2023 haben? Ich wagte ein kleines Experiment.

Von 13. bis 17. März bin ich jeden Tag ins Büro gefahren. Was für mich früher Alltag war, stellte sich zwar nicht als Herausforderung dar – war aber doch ungewohnt und mit der Zeit vor Corona nicht zu vergleichen.

Auch 2023: Homeoffice ist keine Selbstverständlichkeit

Nicht jede:r kann von Zuhause aus arbeiten. Bauarbeiter:innen, Verkäufer:innen oder Ärzt:innen mussten vor und während der Pandemie regelmäßig zur Arbeit gehen und tun das auch heute noch. Selbes gilt für Mitarbeiter:innen in Betrieben, die nicht vollständig digital arbeiten, weshalb bestimmte Aufgaben nur im Büro erledigt werden können. Oder für Menschen, die in Laboren, Lagern oder Fabriken ihrer Tätigkeit nachgehen – die Liste lässt sich beliebig erweitern. Insgesamt arbeiteten 2021 etwa 24 Prozent der Beschäftigten in Deutschland im Homeoffice. Also noch lange nicht die Mehrheit, aber viel mehr als vor der Corona-Krise – damals waren es nur vier Prozent.

Jeden Tag den Arbeitsweg zurückzulegen, ist für viele also noch Alltag. Auch ich mache es regelmäßig. In der Regel fahre ich ein- bis zweimal die Woche ins Büro – wie oft genau, ist mir weitgehend freigestellt.

Dass ich das letzte Mal eine gesamte Woche zur Arbeit gegangen bin, ist aber schon eine ganze Weile her – wahrscheinlich war das im Frühjahr 2020. Warum eigentlich? Neben einer gewissen Bequemlichkeit spielen auch ganz praktische Gründe eine Rolle: Ich spare mir den Anfahrtsweg, kann vor und nach der Arbeit schon den Haushalt erledigen und habe die Abende dann zur freien Verfügung. Doch natürlich wäre es auch schön, die Kolleg:innen täglich zu sehen: live und länger als in 15-Minuten-Meetings. Also hängte ich das Homeoffice für eine Woche an den Nagel.

Der Arbeitsweg war Fluch und Segen zugleich

Statt dem gemütlichen Morgenkaffee vor dem Schreibtisch startet meine Woche für den Selbstversuch in der U-Bahn. Gleich am Montag bleibt diese einige Minuten im Tunnel stecken. Ich war extra früher aufgestanden, um frühzeitig am Schreibtisch zu sein. Letztlich komme ich nur ein paar Minuten verspätet im Büro an, aber meine Stimmung ist trotzdem gedämpft. Die U-Bahn wird mir in der kommenden Woche noch öfter kleine Probleme bereiten. Ein Teil der Büroarbeit, den ich weniger vermisst habe.

Doch der längere Anfahrtsweg hat auch sehr positive Seiten. Ich nutze schon länger eine Schrittzähler-App, die festhält, wie viel ich mich täglich bewege. An Homeoffice-Tagen fällt der Score sehr unterschiedlich aus: Bin ich nach der Arbeit müde und habe keine Verabredung, führt der Weg manchmal direkt aufs Sofa. An diesen Tagen bewege ich mich wenig.

Während meiner Woche im Büro zeigte die App dagegen täglich mindestens 4.000 Schritte an, diese entstanden nur durch den Arbeitsweg. An manchen Tagen kam ich sogar auf über 8.000 Schritte, obwohl ich für das Experiment bewusst keinen Sport oder Bewegung abseits des alltäglichen getrieben habe. Mit 8.000 Schritten bin ich recht zufrieden. Dass man sich jeden Tag 10.000 Schritte bewegen soll, ist ohnehin ein Mythos, wie Sport-Experte Ingo Froböse im Interview gegenüber Utopia erklärt.

Schritte zählen Woche ohne Homeoffice
So viel habe ich mich während meiner Woche ohne Homeoffice bewegt. (Screenshot: Schrittzähler – Pedometer App (zugschnitten))
Monat schritte schrittzähler
Der Monat im Vergleich: Die rote Linie zeigt den Zeitraum meines Selbstversuchs. (Screenshot: Schrittzähler – Pedometer App (zugeschnitten, bearbeitet))

Die Essensfrage: Restaurant oder selbst kochen?

In Sachen Bewegung konnte ich mich also verbessern, indem ich täglich ins Büro ging. Was das Finanzielle betraf, war das Gegenteil der Fall. Für die U-Bahn-Fahrten entstanden mir keine zusätzlichen Kosten, weil ich ein Monatsticket habe. Trotzdem ging ich öfter mit Kolleg:innen essen oder holte mir mittags einen schnellen Imbiss, als ich das im Homeoffice getan hätte. Zuhause kochen mein Freund und ich mittags oft eine Kleinigkeit, die dann für uns beide reicht – teilweise auch noch für das Abendessen.  

Natürlich kann man auch einfach zuhause vorkochen und sich das Mittagessen in die Arbeit mitnehmen. Einmal habe ich das auch so gemacht. Nur: Ich bin nicht der Typ, um jeden Abend vorzukochen; da fehlt mir die Disziplin. In der Woche meines Experiments gab ich also mehr Geld für Essen aus. Dafür hatte ich mehr soziale Kontakte und traf Kolleg:innen, die ich sonst selten sehe.

Homeoffice hat sich etabliert

Dazu muss man sagen: Nur weil ich eine Woche lang täglich in der Redaktion anzutreffen war, galt dasselbe natürlich nicht für mein Team. Die meisten meiner Kolleg:innen arbeiten ebenfalls regelmäßig im Homeoffice. Das Büro war deshalb nie ganz gefüllt – mal war mehr los, mal deutlich weniger. Das ist einer der Gründe, wieso es mir schwerfällt, die Bürozeit heute mit der vor 2020 zu vergleichen.

Weniger Betrieb im Büro ist natürlich an sich nichts Schlechtes: An diesen Tagen fiel es mir zum Beispiel leichter, Aufgaben konzentriert abzuarbeiten. Generell sah ich viele Kolleg:innen aus anderen Abteilungen wieder. Sie vor Ort zu treffen, machte mir erst klar, wie lange wir uns nur digital gesehen hatten – oder gar nicht.

CO2-Fußabdruck: Ist Homeoffice oder Büro besser?

Hat die Umwelt durch mein Experiment profitiert? Durch Homeoffice steigen Strom- und Energieverbrauch, das geht aus einer Studie des Freiburger Öko-Instituts hervor. Unter anderem Videokonferenzen verursachen demnach viele Emissionen. Dazu sei gesagt: Der Studie zufolge schneidet Homeoffice mit Blick auf die Klimabilanz im Schnitt trotzdem besser ab. Denn der größte Hebel sind die Berufspendler:innen, die mit dem Auto zur Arbeit fahren: Bleiben diese zuhause, wird massenhaft CO2 eingespart. Selbst wenn nur 20 Prozent im Homeoffice arbeiten würden, könnten pro Jahr in Deutschland rund eine Million Tonnen Treibhausgase eingespart werden. Das entspricht dem CO2-Ausstoß von 370.000 Autos.

Stau
Der Pendelverkehr stößt jährlich über eine Million Treibhausgase aus. (Foto: CC0 Public Domain / unsplash - Revan Pratama)

Homeoffice eignet sich besser für Deepwork

Natürlich war ich nicht nur im Büro, um soziale Kontakte zu knüpfen oder meinen CO2-Fußabdruck zu verringern. Was meine Arbeitsleistung in der Woche ohne Homeoffice angeht, muss ich sagen: Mir fiel es schwer, genauso produktiv zu arbeiten wie von zuhause aus. Ich arbeite in einem Großraumbüro, in dem auch am Tisch häufig Gespräche geführt werden.

Diese können sehr produktiv sein, wenn es darum geht, offene Fragen zu klären oder Artikelideen auszuarbeiten. Doch fiel es mir teils schwerer als früher, mich davon nicht ablenken zu lassen. Auch weil ich mich während einer normalen Woche an den ein bis zwei Bürotagen besonders gerne mit Kolleg:innen austausche – es ist ja die einzige Möglichkeit dazu.

Solche Gespräche tragen auch stark dazu bei, den Arbeitsalltag aufzulockern. An Bürotagen habe ich mich abends teils weniger erschöpft gefühlt als nach einem Tag im Homeoffice. Meine Erfahrung deckt sich mit einer Befragung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). Demnach könne Arbeiten im Homeoffice oft zu mehr Stress führen. Unter anderem kürzen Heimarbeitende Pausen oder gaben an, auch in der Freizeit häufig nicht richtig abschalten zu können. 28 Prozent der Befragten machten zudem oft unbezahlte Überstunden.

Ob im Homeoffice oder im Büro: Beschäftigte müssen das richtige Verhältnis zwischen Produktivität und Entspannung finden. Vor 2020 war mir das im Büro etwas leichter gelungen als heute – auch wenn ich glaube, dass das eine Frage der Übung ist. Für Deepwork würde ich trotzdem das Homeoffice empfehlen. Dort hat man eine ruhigere Atmosphäre – und kein schlechtes Gewissen, wenn man aus Zeitgründen nicht am Austausch teilnehmen kann.  

Mein Fazit: Bürozeit lohnt sich, aber Homeoffice bleibt ein wertvolles Privileg

Werde ich von nun an wieder jeden Tag ins Büro gehen? Wahrscheinlich nicht. Manche Arbeiten erledige ich besser von zuhause aus. Außerdem bin ich dankbar für die Flexibilität, die mir die Option auf Homeoffice bietet. Im Haushalt konnte ich während der Bürowoche zum Beispiel weniger erledigen als sonst, hier fehlte mir die Zeit, die für den Arbeitsweg anfiel. Außerdem musste ich einen Behördentermin verschieben, weil es mir nicht möglich war, rechtzeitig vom Büro aus dorthin zu gelangen.

Homeoffice ist und bleibt für mich ein sehr nützliches Privileg. Insgesamt überwogen aber die positiven Erfahrungen in meiner Bürowoche: Besonders angenehm fand ich den klaren Cut zwischen Berufs- und Privatleben. Arbeit auf das Büro zu beschränken und den Arbeitstag auf dem Heimweg ausklingen zu lassen, half mir dabei, mich in der Freizeit weniger mit Beruflichem zu beschäftigen.

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