„Avatar: The Way of Water“ soll zu mehr Umweltschutz animieren. Doch Filme dieser Größenordnung gehen immer auch mit einem enormen Ressourcenverbrauch einher. James Cameron weiß das und hat Maßnahmen getroffen, um den Schaden zu minimieren. Doch reicht das aus, um der Öko-Botschaft seiner Sci-Fi-Saga gerecht zu werden?
Mit „Avatar 2: The Way of Water“ hat James Cameron endgültig bewiesen, dass er der König des Blockbuster-Kinos ist. Mit der Fortsetzung seiner Sci-Fi-Saga brachte der kanadische Regisseur seinen bereits dritten Zwei-Milliarden-Dollar-Hit auf die Leinwand. Kein anderer Filmemacher kann das von sich behaupten.
Umso besser, dass Cameron seine gigantische Reichweite dafür nutzt, um auf Umweltprobleme aufmerksam zu machen. Die Ausbeutung der Natur durch den Menschen ist ein zentrales Motiv der „Avatar“-Reihe. Andererseits haben solche großen Filmproduktionen meist einen enormen ökologischen Fußabdruck. Wie passt das zusammen? Ist die Botschaft von „The Way of Water“ reine Heuchelei oder geht der Kino-Epos tatsächlich mit gutem Beispiel voran?
Der CO2-Ausstoß eines Kino-Blockbusters
Untersuchungen des Britischen Filminstituts (BFI) und des Green Production Guides (eine Organisation die große Hollywood-Studios dabei berät, Filme nachhaltiger zu gestalten) kamen zu dem Ergebnis, dass eine Blockbuster-Produktion im Durchschnitt etwa 3.000 Tonnen CO2 verursacht.
Doch „Avatar 2“ ist nicht einfach nur irgendein Blockbuster. Der Hollywood Reporter schätzt das Produktionsbudget auf 350 bis 400 Millionen Dollar. Der Sci-Fi-Hit ist also einer der teuersten Filme aller Zeiten. Es ist zu erwarten, dass die durchschnittlichen CO2-Emissionen für eine Produktion dieser Preisklasse nochmal deutlich höher liegen als 3.000 Tonnen. Genaue Zahlen gibt es hierzu aber nicht.
Doch selbst, wenn wir optimistisch sind und von 3.000 Tonnen für „Avatar 2“ ausgehen würden, wäre das bereits ein sehr klimaschädlicher Wert. Entspricht das doch etwa den Emissionen, die 1.000 Menschen verursachen, wenn sie von München nach Los Angeles und wieder zurück fliegen.
James Cameron ist sich dessen bewusst und hat zumindest einige Maßnahmen ergriffen, um „Avatar 2“ nachhaltiger zu drehen als vergleichbare Hollywood-Produktionen.
Veganes Essen und nachhaltige Toiletten am Set von „Avatar 2“
Auf dem Blog der Academy of Motion Pictures Arts and Sciences (der Organisation, die die Oscars verleiht), schwärmt Amis Cameron, die Ehefrau des „Avatar 2″-Regisseurs, von den nachhaltigen Maßnahmen am „Avatar 2“-Set:
„Sie haben 55.000 vegane Mahlzeiten serviert. Die gesamte Produktion […] war komplett solarbetrieben. Jeder hatte eine eigene Wasserflasche und es gab überall Nachfüllstationen. Wir haben außerdem alle Badezimmer überarbeitet, sodass die Waschbecken und Toiletten einen geringen Wasserdurchlauf hatten. Es wurden [etwa 110 Millionen Liter] Wasser gespart und jede Menge CO2.“
Das ausschließlich vegane Catering am Set und die Wassersparmaßnahmen sind lobenswert, doch dürften diese Maßnahmen die gesamten CO2-Emissionen nur marginal reduziert haben. Denn laut der beiden bereits erwähnten Studien entstehen etwa 96 Prozent der klimaschädlichen Gase bei der Filmproduktion etwa zu gleichen Teilen durch Transport und Energieerzeugung.
Kein Blockbuster ohne Flugreisen
Mit Transport sind all die Autofahrten und Flugreisen gemeint, die durch eine Filmproduktion anfallen: Schauspieler:innen, Filmcrew, Technik und Requisiten müssen von A nach B gebracht werden. „Avatar 2“ wurde hauptsächlich in Neuseeland gedreht. Die Motion-Capture-Aufnahmen, also die Aufnahmen der Schauspieler:innen, die später mit visuellen Effekten in blaue Aliens verwandelt wurden, allerdings in Kalifornien. So mussten die dafür benötigten Stars immerhin nicht extra nach Neuseeland fliegen.
In dieser Hinsicht ist „Avatar 2“ vermutlich nachhaltiger als ein James-Bond-Film, der den Doppelnullagenten mitsamt Filmcrew rund um die Welt zu den verschiedensten Drehorten schickt. Ganz ohne Flugreisen zwischen den Kontinenten lief es bei Camerons zu großen Teilen am Computer entstandenen Sci-Fi-Epos aber auch nicht ab.
James Cameron setzt auf Solarstrom
Bei der Energieerzeugung sieht es für „The Way of Water“ schon besser aus. James Cameron legte großen Wert darauf, die komplette Produktion mit Sonnenenergie zu betreiben und ließ seine Studiogebäude mit Solarpanelen regelrecht zupflastern.
2012 zeigt er das Ergebnis auf dem Dach eines kalifornischen Studios und erklärte: „Ich will nicht, dass Leute zu mir kommen und sagen: ,Du bist ein Umweltaktivist und machst einen Film darüber, wie wir uns verhalten sollen, nutzt aber all diese Energie für diese Computer.‘ Ich habe diese Kritik gehört, als wir den ersten Film gedreht haben, also habe ich was dagegen getan.“
Ob es tatsächlich gelungen ist, die komplette Produktion vor Ort mit erneuerbaren Energien zu bestreiten, ist nicht bekanntgegeben worden. Sicher werden die vielen Solarpanele die CO2-Emissionen der Produktion aber deutlich reduziert haben.
Nicht zu vergessen: Das Marketing
Die Studien zum CO2-Ausstoß von Filmproduktionen zeigen leider nicht das ganze Bild. Denn ein Film wird während und nach der Fertigstellung auch noch vermarktet. Die Stars und Crew fliegt rund um den Planeten, um an Interviews, Pressekonferenzen und Filmpremieren teilzunehmen. Außerdem müssen Trailer erstellt, Social-Media-Kanäle betreut, Making-of-Dokumentationen gefilmt werden und es gibt viele weitere kleinere Events und Aktionen zu organisieren. All das mag nicht nach viel klingen, summiert sich aber ganz schön.
Eine Faustregel in der Branche besagt, dass das Marketingbudget eines Hollywood-Films ungefähr so hoch ist wie dessen jeweilige Produktionskosten. Im Falle von „Avatar 2“ wird es demnach mehrere Hundert Millionen Dollar betragen haben. Der CO2-Ausstoß der Marketing-Maßnahmen dürfte deshalb auch nicht zu vernachlässigen sein. Leider gibt es hier noch keine aussagekräftigen Untersuchungen.
„Avatar 2: The Way of Water“: Heuchelei oder Vorbild?
Eines ist sicher: „Avatar: The Way of Water“ ist kein klimaneutrales Unterhaltungsprodukt. Jeder Film dieser Größenordnung nimmt der Erde eine Menge Ressourcen. Laut der aktuellen Studienlage ist davon auszugehen, dass „Avatar 2“ trotz veganem Essen und Solardächern Hunderte bis Tausende Tonnen CO2 verursacht hat.
Doch James Cameron deshalb Heuchelei zu unterstellen, ginge zu weit. Immerhin sucht er wie kaum ein anderer bekannter Regisseur nach Wegen, seine Produktionen nachhaltiger zu gestalten. Bei „Avatar 2“ hat er konkrete Maßnahmen ergriffen, um die Klimaschäden möglichst gering zu halten. Damit weist er den Weg in eine umweltfreundlichere Blockbuster-Produktion und könnten andere Filmemacher:innen inspirieren, ihre Drehs in Zukunft ebenfalls nachhaltiger zu gestalten.
Darüber hinaus ist Film ein sehr mächtiges Medium. Blockbuster wie „Avatar 2“ vermitteln bewusst oder unterbewusst bestimmte Werte, können Menschen prägen und beeinflussen. Möglicherweise motiviert „The Way of Water“ seine Zuschauer:innen ja tatsächlich zu einem nachhaltigeren Lebensstil. Solche Effekte sind allerdings viel zu schwer nachzuweisen, um sie ernsthaft dem CO2-Ausstoß der Produktion gegenüberzustellen.
Letzten Endes hat „Avatar 2“ durch seinen ökologischen Fußabdruck ein großes Problem, das die Botschaft des Films in gewisser Weise untergräbt. Dennoch ist der Blockbuster innerhalb seiner Branche vorbildhaft. Diese Ambivalenz ist im Grunde nur ein Spiegelbild des Umbruchs, in dem wir uns gerade befinden. Das Klimabewusstsein ist an vielen Stellen da, doch die Strukturen und Technologien, die einen echten Wandel ermöglichen, müssen noch folgen.
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