Der Protest der Divestment-Kampagne gegen den Bau der Dakota Access Pipeline zeigt Wirkung. Doch Banken aus Deutschland und der Schweiz finanzieren das umstrittene Projekt über Beteiligungen weiter mit.
Monatelang forderten Umweltschützer und Vertreter betroffener Indianerstämme die Banken dazu auf, ihre Investments in die umstrittene Pipeline von North Dakota nach Illinois aufzugeben. Die Divestment-Kampagne sorgte für viel Aufmerksamkeit – doch nicht alle Kreditinstitute zeigen sich beeindruckt.
Seit knapp zwei Wochen fließt Öl durch die Dakota Access Pipeline (DAPL). Doch Vanessa Green sieht sich und ihre Mitstreiter noch lange nicht geschlagen: „Es gibt eine Schlacht – und es gibt einen Krieg“, erklärte die Kampagnendirektorin der Initiative „Divest Invest“. Green ist fest entschlossen, den Kampf um den Schutz der natürlichen Ressourcen in der nordamerikanischen Prärie am Ende zu gewinnen.
Gemeinsam mit anderen Organisationen und Umweltschutzverbänden, darunter auch Greenpeace, hatte Divest Invest in den vergangenen Monaten Investoren und Finanzinstitute dazu aufgerufen, den Bau der umstrittenen Pipeline nicht länger mit Krediten oder Beteiligungen zu unterstützen. Während einige europäische Banken diesem Aufruf gefolgt sind, halten die Deutsche Bank und die schweizerischen Banken Credit Suisse und UBS an ihren finanziellen Engagements fest.
Wie die indigenen Stämme der Sioux, deren Reservat die Ölleitung durchquert, fürchten die Umweltschützer die Belastung von Trinkwasserreserven durch Lecks in der Pipeline. Umstritten ist das Vorhaben darüber hinaus, weil das transportierte Öl im umweltbelastenden Fracking-Verfahren gewonnen wird und die Nutzung des fossilen Brennstoffs zur Klimaerwärmung beiträgt.
US-Präsident Donald Trump hatte kurz nach seinem Amtsantritt im Januar per Direktive verfügt, den unter seinem Vorgänger Barack Obama angeordneten Baustopp aufzuheben. Mit der 3,8 Milliarden Dollar teuren und 1880 Kilometer langen Leitung vom Bakken-Ölfeld in North Dakota bis nach Illinois soll das Öl schneller zu den Verbrauchern im Osten der USA gelangen. Ein Protestcamp am Rande das Indianerreservats, in dem sich über Monate Vertreter der Stämme und Umweltaktivisten versammelt hatten, wurde im Dezember auf Anordnung des Gouverneurs geräumt.
Banken aus Frankreich und den Niederlanden ziehen Geld ab
„Wir ignorieren keineswegs die Tatsache, dass wir den Bau der Pipeline nicht stoppen konnten“, sagte Green. Eine Sprecherin von Energy Transfer Partners (ETP) hatte zuvor erklärt, das Unternehmen hinter dem Pipeline-Projekt mache sich um seine aktuellen und künftigen Finanzierungsmöglichkeiten keine Sorgen und plane den Bau weiterer Öl- und Gasleitungen. Dennoch verbuchen die Pipeline-Gegner die Divestment-Kampagne als Erfolg: Über Monate haben ihre Proteste für Aufmerksamkeit und Schlagzeilen gesorgt.
Große internationale Banken wie die niederländische ING gaben daraufhin ihre Anteile an dem 2,5-Milliarden-Dollar-Kredit ab, mit dem der Bau finanziert wird. Die französische BNP Paribas erklärte ebenso ihren Ausstieg aus dem Projekt wie der norwegische Pensionsfonds KLP. Die Stadtverwaltung von Seattle machte Druck auf die US-Bank Wells Fargo, die zu den großen DAPL-Investoren gehört, und zog von deren Konten Einlagen in Milliardenhöhe ab. Santa Monica und andere Metropolen folgten diesem Beispiel. Divestment-Aktivisten forderten die Kommunalparlamente von New York, Los Angeles, Chicago und weiteren Städten in den USA auf, sich ebenfalls anzuschließen.
Doch das Gros der insgesamt 17 Finanzinstitute, die den Kredit für den Bau der DAPL finanzieren, ignoriert die Forderung der Aktivisten bislang ebenso wie die meisten Anteilseigner der Unternehmen, die das umstrittene Projekt vorantreiben. Wenig beeindruckt zeigen sich auch ein deutsches und zwei schweizerische Geldinstitute: die Deutsche Bank sowie die Credit Suisse und UBS.
BayernLB macht keine Angaben zum angekündigten Ausstieg
Immerhin hat die Bayerische Landesbank (BayernLB) ihren Rückzug angekündigt – allerdings erst, nachdem Bankchef Johannes Jörg Riegler Ende Februar vor den Finanzausschuss des Landtags in München zitiert worden war, um Fragen zur Beteiligung der BayernLB an dem fragwürdigen Projekt zu beantworten. Nach der Sitzung verteilte die landeseigene Bank eine dürre Erklärung, in der sie ankündigte, „zum frühestmöglichen Zeitpunkt vertragskonform aus der Finanzierung auszusteigen und für eine zeitnah erwartete Anschlussfinanzierung nicht zur Verfügung zu stehen“. Eine Entscheidung, die nach Einschätzung der grünen Abgeordneten Claudia Stamm allein „aufgrund des Drucks der Öffentlichkeit und der Opposition hier im Landtag“ gefällt wurde. Diesen Druck gelte es aufrecht zu halten, damit sich so etwas nicht wiederhole, mahnte die Parlamentarierin.
Bislang ist aber nicht einmal klar, ob und wie die BayernLB den angekündigten Ausstieg vollzieht. Auf Anfrage des Greenpeace Magazins konnte das Institut gut drei Monate nach der Erklärung vom Februar keine genaueren Angaben machen, wann der Kredit über rund 120 Millionen Dollar zurückgezogen wird, mit denen sich die Landesbank an der Finanzierung der DAPL beteiligt hat.
Die Deutsche Bank zählt in ihrem „Rahmenwerk für den Umgang mit Umwelt- und Sozialrisiken“ zwar das Geschäft mit Öl und Gas zu den Sektoren, „die großes Potenzial für erhebliche ökologische und soziale Auswirkungen haben“. Das hielt sie aber nicht davon ab, einen Aktienanteil am DAPL-Betreiber Energy Transfer Partners zu erwerben und anderen am Projekt beteiligten Unternehmen Kredite zu gewähren. In einem an den Deutsche-Bank-Vorstandschef John Cryan adressierten Offenen Brief werfen internationale Umweltorganisation dem Institut vor, es sei „heuchlerisch von der Deutschen Bank, einerseits von der DAPL zu profitieren und sich andererseits öffentlich davon zu distanzieren“.
Die Bank macht für sich geltend, nicht zum Konsortium der 17 Geldinstitute zu gehören, die das Pipeline-Projekt mit ihren Krediten direkt finanzieren. Es gehe lediglich um die Beteiligung an einer Aktiengesellschaft – und da werden die ehernen Regeln des Deutsche-Bank-Rahmenwerks nicht allzu streng ausgelegt. „Wir prüfen die Unternehmen, in die wir investieren, und schauen uns genau an, wie die mit diesen Themen umgehen und das offenlegen“, sagt ein Sprecher der Bank. „Doch je weiter man in der Wertschöpfungskette zurückgeht, desto schwieriger wird es.“ Denn es gebe viele Punkte, bei denen man ein Augenmerk auf die Nachhaltigkeit legen müsse.
Deutsche Bank weiter an Betreiber der Pipeline beteiligt
Dabei sind die Aktivitäten von ETP nicht besonders schwer zu durchschauen. Das texanische Unternehmen baut und betreibt nicht nur die umstrittene Dakota Access Pipeline, sondern eine ganze Reihe von Öl- und Gasleitungen, und ist weiter auf Expansionskurs. Der Neubau von Pipelines ist aber nicht zuletzt in den USA zunehmend umstritten, weil damit der Verbrauch klimaschädlicher fossiler Brennstoffe erleichtert wird, statt auf regenerative Energien zu setzen. Der schwedische Finanzkonzern Nordea hatte den Rückzug aus den beteiligten Unternehmen verkündet, solange der Bau der Pipeleine durch das Indianerreservat die Rechte des betroffenen Stammes der Standing Rock Sioux verletze.
Für Thomas Küchenmeister von der Kampagnenorganisation „Facing Finance“ ist die Erklärung der Deutschen Bank denn auch nicht mehr als „eine vorgeschobene Argumentation, die den wahren Zweck der Finanzierung ummäntelt“. Der Markt sei umkämpft und die Bank wolle es sich mit potenziellen Kunden nicht verderben. Ihre Bekenntnisse zu Umweltschutz und nachhaltigem Investment enthielten daher viel „heiße Luft“. Tatsächlich falle die Deutsche Bank immer wieder als Geldgeber bei umstrittenen Projekten auf. „Ein echter Kulturwandel hat hier noch nicht stattgefunden“, erklärt Küchenmeister.
GASTBEITRAG vom Greenpeace Magazin.
INTERVIEW: Matthias Lambrecht
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